Bestandsdatenblatt

Nordostatlantischer Dornhai

Gültig 10/2011 - 10/2012

Nordostatlantischer Dornhai

gültig 10/2011 - 10/2012

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Andere Bestände

Dornhai auf dem Neufundland-Labradorschelf


Dornhai auf dem Neuseelandschelf


Dornhai auf dem US-Kontinentalschelf


Dornhai im Golf von Alaska (äußerer Bestand)


Dornhai im Kalifornienstrom


Dornhai in der Strait of Georgia

Zugehörige Fischart

Dornhai (2 Arten)

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Barentsmeer (Nordost-Arktis), Norwegische See, Islandschelf, Färöer-Plateau, Keltischer und Biskaya-Schelf, Nordsee
Fanggebiet:Norwegische See (II), Nordsee (IV, IIIa), Keltische Meere (VI, VII), Island (Va), Färöer (Vb), Biskaya (VIII) FAO 27
Art:Squalus acanthias

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Seit 2006 wird die ICES-Empfehlung für den Nordostatlantischen Dornhai alle ein bis zwei Jahre herausgegeben. Sie basiert auf Anlandedaten und Daten aus wissenschaftlichen Forschungsreisen. Ein Referenzpunkt nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages ist seit 2011 definiert (MSY-Nutzungsrate, NRmsy). Die Bestandsberechnung ist aufgrund unvollständiger Daten über die Anlandungen sowie fehlender Informationen über Rückwürfe sehr unsicher. [310] [311]

Wesentliche Punkte

2011: Für EU-Fahrzeuge sind die gesetzlichen Höchstfangmengen (TACs) auf null reduziert worden (EU- und internationale Gewässer), es gibt also keine legalen Anlandungen mehr von diesen Fahrzeugen. Der ICES empfiehlt weiterhin, keine gezielte Fischerei zuzulassen und Beifänge in der gemischten Fischerei weitestgehend zu minimieren. [310] [167]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

 

Als Maß für den Fischereidruck dient hier die Nutzungsrate.

Bestands­entwicklung

* Die Nutzungsrate nach MSY ist nicht identisch mit der fischereilichen Sterblichkeit, erstere gibt das Verhältnis von entnommener zu fischbarer Biomasse in Prozent an. Vor Beginn des 20sten Jahrhunderts war Dornhai von geringer fischereilicher Bedeutung. In der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts wurde er als Lieferant von Lebertran und für die menschliche Ernährung immer wertvoller und immer stärker auch gezielt befischt. In den 1960ern wurden bis über 60.000 t im Jahr angelandet. Abgesehen von einem kleineren Anstieg in den 1980ern nahmen die Anlandungen seitdem stetig ab. Die Nachwuchsproduktion sank stufenweise seit den 1960ern und auch die Biomasse nahm kontinuierlich ab, hat sich aber in den letzten Jahren auf niedrigem Niveau etwas stabilisiert. Die Nutzungsrate scheint in den letzten Jahren unter den Referenzwert nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (NRmsy) gesunken zu sein. [310] [311]

Ausblick

Trotz Schließung der gerichteten Fischerei wird die Erholung des Bestandes aufgrund der Langlebigkeit der Tiere und ihrer besonderen Fortpflanzungsbiologie sowie des Mangels an reifen Weibchen sehr langsam erfolgen und wahrscheinlich viele Jahre dauern. [310] [133]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Das Wanderverhalten von Dornhaien ist wahrscheinlich stark mit der Wassertemperatur korreliert. Die bevorzugte Temperatur liegt zwischen 7-8 und 12-15°C und es werden horizontale und vertikale Wanderungen unternommen, um in diesem Temperaturbereich zu bleiben. [175]

Wer und Wie

Es gibt keinen Managementplan für Dornhai im Nordostatlantik. Die Bewirtschaftung erfolgt durch die Küstenstaaten (Europäische Union, Norwegen, Island und die Färöer Inseln) über eigene Bewirtschaftungsregeln. Für EU-Schiffe gilt die entsprechende Verordnung in EU- und internationalen Gewässern; die Anlandung von Dornhai ist seit 2011 untersagt. Für Norwegische Schiffe ist die gerichtete Fischerei auf Dornhai verboten und auch in Island stammen die aktuellen Anlandungen nur aus Beifängen. Seit 2003 ist in europäischen Gewässern das „Finning“ verboten, bei dem die Haifischflossen abgetrennt und der Hai wieder ins Meer zurückgeworfen wird. Im Februar 2009 wurde der Aktionsplan der Europäischen Gemeinschaft für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände verabschiedet. Die Nordostatlantische Fischereikommission (NEAFC) empfiehlt ein Verbot der gerichteten Dornhaifischerei in internationalen Gewässern. [31] [310] [135] [136] [180] [312] [313] [314] [Fischereidirektorat Norwegen, persönliche Mitteilung, April 2011]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Seit 1999 wurden gesetzliche Höchstfangemengen (TACs) für Dornhai festgelegt, allerdings bis einschließlich 2006 nur für Nordsee (IV) und Norwegische See (IIa). Die Gesamtanlandungen aus allen Gebieten lagen daher immer weit darüber. Der ICES empfiehlt seit seinem ersten Advice für 2006 die Schließung der gerichteten Fischerei, Minimierung der Beifänge und Ausweitung des TACs auf alle Gebiete, in denen Dornhai gefangen wird. Diesen Empfehlungen wurde jedoch nur schrittweise gefolgt. Erst 2007 wurden Höchstfangmengen für alle Gebiete festgelegt und in Nordsee und Norwegischer See als Beifangquote deklariert. Für 2008 wurden die weiter reduzierten TACs für alle Gebiete als Beifangquoten ausgewiesen. 2009 gab es wieder reguläre Höchstfangmengen, und es wurde der aktuellen ICES- Empfehlung gefolgt, eine Höchstanlandelänge von 100 cm festzulegen, um reife Weibchen zu schützen. Die TACs 2010 wurden auf null festgesetzt, allerdings waren noch immer Beifänge von bis zu 10% der Vorjahresquote erlaubt. Für 2011 ist die EU der Empfehlung des ICES gefolgt und hat alle Anlandungen dieser Art untersagt (ohne weitere Beifangerlaubnis). [121] [167] [310]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der ICES betrachtet den Dornhai von der Barentssee bis in die Biscaya als einen gemeinsamen Bestand. Fänge vor der spanischen Küste (ICES Gebiet IX) gehören möglicherweise ebenfalls zum Nordostatlantischen Bestand, werden hier aber vermehrt mit anderen Arten vermischt. Beziehungen zu den Populationen im Mittelmeer sind unklar. [310]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

GesamtfangAnlandungen 2010: 1,0 (vorläufig, ohne Färöer Inseln)
TACs 2006: 1,05 (nur IIa, IV) 2007: 3,7 (teilweise Beifangquote) 2008: 2,6 (Beifangquote) 2009: 1,4 2010: 0,142 (10% Beifang von 2009er Quote) 2011: 0 [9] [121] [167] [311] [310]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge von Dornhai im Nordostatlantik. [177]

Struktur und Fangmethode

Die Fischerei auf Dornhai im Nordostatlantik hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die restriktiven Quoten, eine maximale Anlandelänge und Beifangregularien haben dafür gesorgt, dass die gerichtete Fischerei stark abgenommen hat, bzw. eingestellt wurde. Die Anlandungen der letzten Zeit sind Beifänge aus der Schleppnetz- und Kiemennetz-Fischerei. Nur französische und dänische Fahrzeuge haben im Laufe des Jahres 2010 ihre Beifangquoten für Dornhai ausgeschöpft. Die stärkste Reduzierung von Anlandungen ist in den Keltischen Meeren (ICES Gebiete VI und VII), die traditionell eines der Hauptfanggebiete waren, zu verzeichnen. Die Anlandungen 2010 wurden vorwiegend von Norwegen (Gebiete IIa, IIIa und IVa) und Frankreich (VIId-k) getätigt. [310] [311]

Beifänge und Rückwürfe

Da es keine gerichtete Fischerei auf Dornhai mehr gibt, ist Dornhai selbst nur Beifang. 2010 waren in der EU unter bestimmten Vorgaben Beifänge von insgesamt bis zu 142 t zulässig. Seit 2011 müssen alle Fänge soweit möglich unverzüglich und unversehrt ausgesetzt werden. In Norwegen hingegen müssen alle Beifänge angelandet werden, die nicht unverzüglich lebend wieder ausgesetzt werden können. Dornhaie sind relativ robuste Tiere und es gibt eine vergleichsweise hohe Überlebenschance für Rückwürfe. Die Überlebensrate hängt vom Fanggeschirr, der Größe des Fanges und der Holdauer ab. Bei Fangmengen ≥ 200 kg steigt die Sterblichkeit der Rückwürfe. Es gibt Hinweise, dass mit den restriktiven (2010) bzw entfallenen (2011) Höchstfangmengen die Rückwurfmengen gestiegen sind. Die Rückwurf- und Überlebensraten sind jedoch sehr unsicher. [120] [167] [301] [310] [311] [Fischerei Direktorat Norwegen, persönliche Mitteilung, April 2011]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Da Dornhai nicht direkt befischt wird, und es auch keine Beifangquote mehr gibt, können im Moment keine Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt festgestellt werden. [310]

Biologische Besonder­heiten

Dornhaie sind langlebige, langsam wachsende Tiere, die spät geschlechtsreif werden, lange Tragezeiten von etwa 2 Jahren und nur wenige Nachkommen haben. Das macht sie besonders anfällig für Überfischung. Die Neigung zur Schwarmbildung (getrennt nach Größe und bei reifen Tieren nach Geschlecht) führt zu einer zusätzlichen Gefährdung. Ansammlungen großer Fische, wie z.B. reifer Weibchen sind besonders leicht zu fangen. [1] [133] [179] [310]

Zusätzliche Informationen

Der Dornhai im Nordostatlantik wird von der IUCN als vom Aussterben bedroht (CR) eingestuft (Zugriff am 17 Oktober 2011). Hauptfangnationen waren traditionell Frankreich, Irland, Norwegen und das Vereinigte Königreich. Hauptfanggebiete waren immer die Nordsee, die Keltischen Meere und teilweise die Norwegische See. Nachdem der Bestand im Nordostatlantik zusammengebrochen ist, wurden zunächst im Nordwestatlantik und später in Neuseeland steigende Fangzahlen verzeichnet. [14] [1] [311] [11]

Zertifizierte Fischereien

Es ist keine Dornhaifischerei im Nordostatlantik nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Dornhai wurde mit mittleren und großen Fahrzeugen verschiedener Anrainerstaaten gefangen. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13]

AutorJahrTitelQuelle
[1]Froese R, Pauly D2010FishBase. World Wide Web electronic publication, version (01/2010)fishbase.org
[9]Europäische Union (EU)2009Verordnung (EG) Nr. 43/2009 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und begleitenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Gemeinschaftsgewässern sowie für Gemeinschaftsschiffe in Gewässern mit Fangbeschränkungen (2009)europa.eu
[11]IUCN2010IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.1, International Union for Conservation of Nature. Downloaded on 16 July 2010iucnredlist.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[31]Ministry of Food, Agriculture and Fisheries, IslandInformationsseite des isländischen "Ministry of Food, Agriculture and Fisheries"government.is
[120]Mandelman JW, Farrington MA2007The estimated short-term discard mortality of a trawled elasmobranch, the spiny dogfish (Squalus acanthias) Fisheries Research 83 238–245
[121]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 23/2010 DES RATES vom 14. Januar 2010 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den EU-Gewässern sowie für EU-Schiffe in Gewässern mit Fangbeschränkungen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1359/2008, (EG) Nr. 754/2009, (EG) Nr. 1226/2009 und (EG) Nr. 1287/2009europa.eu
[133]OSPAR Commission2010Background document for spurdog or spiny dogfish Squalus acanthiasospar.org
[135]Europäische Union2003Verordnung (EG) Nr. 1185/2003 des Rates vom 26. Juni 2003 über das Abtrennen von Haifischflossen an Bord von Schiffeneuropa.eu
[136]Kommission der europäischen Gemeinschaften2009Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat über einen Aktionsplan der Europäischen Gemeinschaft für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Haibestände. Brüssel, den 5.2.2009 KOM(2009)40 endgültigeuropa.eu
[167]Europäische Union (EU)2011Verordnung (EU) Nr. 57/2011 des Rates vom 18. Januar 2011 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den EU-Gewässern sowie für EU-Schiffe in bestimmten Nicht-EU-Gewässern (2011)europa.eu
[175]Compagno LJV1984FAO Species Catalogue. Vol. 4. Sharks of the world. An annotated and illustrated catalogue of shark species known to date. Part 1 Hexanchiformes to Lamniformes. FAO Fish. Synop. 125 (4/1):1-249
[177]Lack M, Sant G2008Illegal, unreported and unregulated shark catch: A review of current knowledge and action Department of the Environment, Water, Heritage and the Arts and TRAFFIC, Canberra
[179]Anonymus2009CITES Proposal: Inclusion of Squalus acanthias Linnaeus, 1758 in Appendix II in accordance with Article II 2(a) and (b). Fifteenth meeting of the Conference of the Parties, Doha (Qatar), 13-25 March 2010 Cites, CoP15 Prop. 18 – p. 28
[180]NEAFC2011North-East Atlantic fisheries commission, 2011, Rec 7: Spurdogneafc.org
[301]Directorate of fisheries, NorwegenRegulations relating to seawater fisheries (derzeit nur auf Norwegisch)fiskeridir.no
[310]ICES2011Report of the Advisory Committee, 2011. Book 9. Widely Distributed and Migratory Stocks 9.4.6 Northeast Atlantic spurdogices.dk
[311]ICES2011Report of the Working Group on Elasmobranch Fishes (WGEF), 20–24 June 2011, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2011/ACOM:19. 492 pp. 2: Spurdog in the Northeast Atlanticices.dk
[312]Europäische Union2011Verordnung (EU) Nr. 1194/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über ein Fangverbot für Dornhai in den EU-Gewässern und internationalen Gewässern der Gebiete I, V, VI, VII, VIII, XII und XIV für Schiffe unter der Flagge Frankreichseuropa.eu
[313]Europäische Union2011Verordnung (EU) Nr. 1132/2010 der Kommission vom 30. November 2010 über ein Fangverbot für Dornhai in den EU-Gewässern der Gebiete IIa und IV für Schiffe unter der Flagge Dänemarkseuropa.eu
[314]Europäische Union2011Verordnung (EU) Nr. 1056/2010der Kommission
vom 18. November 2010 über ein Fangverbot für Dornhai in den EU-Gewässern der Gebiete IIa und IV für Schiffe unter der Flagge Frankreichs
europa.eu