Bestandsdatenblatt

Hering zentrale Ostsee (Frühjahrslaicher)

Gültig 05/2010-05/2011

Hering zentrale Ostsee (Frühjahrslaicher)

gültig 05/2010-05/2011

Zum aktuellen Bestandsdatenblatt

Zugehörige Fischart

Hering

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Ostsee
Fanggebiet:zentrale Ostsee (25-29 (ohne 28.1) und 32) FAO 27
Art:Clupea harengus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

 

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und einer unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreise. Referenzpunkte für die fischereiliche Sterblichkeit sind nach Vorsorgeansatz und nach Ansatz des höchsten Dauerertrages (Fpa, Fmsy) definiert. Für die Biomasse gibt es keine Referenzpunkte, der MSY-Referenzpunkt für die Biomasse wird derzeit entwickelt [126] [127]

 

Wesentliche Punkte

2010: Die fischereiliche Sterblichkeit liegt noch immer über dem Vorsorge- und dem MSY-Referenzwert (Fpa, Fmsy). Der Bestand bleibt auf niedrigem Niveau stabil. Die Qualität der Berechnung hat sich durch die grundlegende Revision der fischereiunabhängigen Daten im Vorjahr deutlich verbessert.

 

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

 

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

erhöhtes Risiko (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  übernutzt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Geringe Biomasse, noch immer zu hohe fischereiliche Sterblichkeit und die Erhöhung der natürlichen Sterblichkeit durch den Wegfraß durch die schnell zunehmende Anzahl von Dorschen in der östlichen Ostsee erfordern eine weitere Senkung der Entnahme. Die EU senkt die Fangquoten für 2011 um 15%. [141]

 

Ausblick

Der Fischereidruck erscheint nun seit einigen Jahren zu hoch (über Fmsy). Die Fänge müssen reduziert werden, um die Laicherbiomasse zu stabilisieren und den Bestand wieder nach dem MSY-Konzept zu bewirtschaften. Die Fischerei in 2018 und 2019 wird hauptsächlich von dem starken 2014er Jahrgang getragen. Die weitere Entwicklung hängt von der Stärke der in die Fischerei einwachsenden Jahrgänge ab, es folgt jedoch derzeit kein weiterer starker Jahrgang. Eine weitere Rolle spielen die Entwicklung der Räuber-Beute-Situation zwischen Hering und Dorsch und die Nahrungskonkurrenz mit Sprotte. [1060] [1061]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Seit Ende der 1980er Jahre ist bei diesem Heringsbestand eine starke Reduzierung des altersspezifischen Gewichtes zu beobachten. Dies führte bei konstanter Anzahl zu einer Abnahme der Biomasse. Der geringe Fettgehalt der Tiere hat Auswirkungen auf die Vermarktung. Mögliche Ursache ist die Veränderung der Nahrungszusammensetzung, welche wiederum auf den sinkenden Salzgehalt zurückzuführen ist. Eine weitere mögliche Ursache ist die erhöhte Nahrungskonkurrenz mit Sprotten. Der Bestand wird außerdem von Wegfraß durch den Dorsch beeinflusst (Räuber-Beute-Beziehung). [126] [128] [129]

 

Wer und Wie

Der Bestand wird seit 2003 getrennt vom Hering im Rigaer Meerbusen und seit 2004 getrennt vom Hering der westlichen Ostsee bewirtschaftet. Es gibt keinen Managementplan. Seit 2005 legen die EU und Russland autonome Quoten fest. Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 in Entwicklung, aber auch für 2010 nicht implementiert worden. [126] [127]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Für 2004 wurde die Höchstfangmenge weit über der wissenschaftlichen Empfehlung des ICES festgelegt, aber nicht ausgefischt. Die ab 2005 festgelegte autonome EU-Quote lag nur 2006 und 2010 über den Empfehlungen des ICES. [126]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in der zentralen Ostsee verbreitet. In den Gebieten 28.1, 30 und 31 leben getrennte Bestände. Die Bewirtschaftung erfolgt seit 2005 getrennt durch die EU (für den weitaus größten Teil des Verbreitungsgebietes) und Russland.

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2009: 134 (davon Russland 11,8); überwiegend pelagische Schleppnetze, geringerer Anteil Ringwaden, Stellnetze und Reusen
TACs (EU Quote)2007: 133  2008: 153  2009: 143,6  2010: 126,4  2011: 107,4  
[126] [127] [91] [141]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Durch das gemeinsame Auftreten von Hering und Sprotte in der pelagischen Fischerei kann es zu falschberichteten Fangzusammensetzungen kommen, in denen Hering als Sprott deklariert wird, da die Heringsquote meist ausgefischt wird, die Sprottquote jedoch nicht. Die Anlandung gemischter Fänge ist in der EU jedoch nicht mehr erlaubt. Es gibt keine Informationen über die Menge der falschberichteten Fänge. [127]

 

Struktur und Fangmethode

Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf den Hering der zentralen Ostsee, vor allem mit pelagischen Schleppnetzen und einem geringerem Anteil Ringwaden, Stellnetzen und Reusen. Die deutsche Fischerei verwendet nur pelagische Schleppnetze. Die größte Quote hält Schweden, gefolgt von Finnland. Hering wird sowohl für den menschlichen Verzehr als auch für die Produktion von Fischmehl und –öl verwendet. [127]

 

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe sind in allen pelagischen Fischereien der Ostsee minimal. Die Beifangmengen von Sprott und jungen Dorschen in der Heringsfischerei sind nicht bekannt. In Stellnetzen kann es in Abhängigkeit von Jahreszeit und Fangplatz zu Beifängen von Seevögeln und Meeressäugern kommen. [127]

 

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Hering ist gemeinsam mit Sprotte eine Hauptnahrungsquelle für Dorsch. Die Heringsfischerei kann daher indirekt den Dorschbestand beeinflussen. Pelagische Schleppnetz- und Stellnetzfischereien beeinflussen der Meeresboden kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berühren). Potentiell problematisch können Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern in Stellnetzen sein. [97]

 

Biologische Besonder­heiten

Der Bestand setzt sich aus schneller wachsenden (südliche Ostsee) und langsamer wachsenden (nördliche Ostsee) Individuen zusammen. Frühjahrslaicher dominieren im Gebiet, es gibt jedoch auch eine kleine herbstlaichende Population. Das Laichgeschäft im Frühjahr findet an der Küste statt, danach wandern die Heringe in die tiefen Becken zum Fressen. [127]

 

Zusätzliche Informationen

Die Reduzierung der altersspezifischen Gewichte von Heringen der zentralen Ostsee und die Wechselwirkung mit dem zweiten großen pelagischen Bestand der zentralen Ostsee, der Sprotte, ist Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchungen. Sie lieferten Belege für einen „regime shift“, eine grundlegende Änderung der Umweltbedingungen in der zentralen Ostsee in den 1990er Jahren, die unmittelbaren Einfluss auf die Produktivität der Fischbestände hat. [127] [128] [129]

 

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Hering der zentralen Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

 

Soziale Aspekte

Die Heringsfischerei in der Ostsee wird mit Fahrzeugen verschiedener Größe durchgeführt. Deutschland landet den größten Teil seiner Fänge in auswärtigen Häfen an (99,9 %). Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen nach Landesregeln [13]

 

AutorJahrTitelQuelle
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[91]Europäische Union (EU)2009Verordnung (EG) Nr. 1226/2009 des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und begleitenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2010)europa.eu
[97]Zydelis R, Bellebaum J, Österblom H, Vetemaa M, Schirmeister B, Stipniece A, Dagys M, van Eerden M, Garthe S2009Bycatch in gillnet fisheries – An overlooked threat to waterbird populations Biological Conservation 142:1269–1281
[126]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 8.The Baltic Sea. 8.4.4. Herring in Subdivisions 25 29 and 32 (excluding Gulf of Riga herring)ices.dk
[127]ICES2010Report of the Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS), 15-22 April 2010, ICES Headquarters, Copenhagen . 621 pp. 6.2 Herring in Subdivisions 25-27, 28.2, 29 and 32 (update assessment)ices.dk
[128]Cardinale M, Arrhenius F2000Decreasing weight-at-age of Atlantic herring (Clupea harengus) from the Baltic Sea between 1986 and 1996: a statistical analysis. ICES J. Mar. Sci. 57: 882-893
[129]Möllmann C, Kornilovs G, Fetter M, Köster FW, Hinrichsen H-H2003The marine copepod Pseudocalanus elongatus, as a mediator between climate variability and fisheries in the Central B altic Sea. Fish. Oceanogr., 12: 360-368
[141]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 1124/2010 des Rates vom 29. November 2010 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2011)europa.eu