Bestandsdatenblatt

Nördlicher Seeteufel (Lophius piscatorius und L. budegassa)

Gültig 10/2015 - 10/2016

Nördlicher Seeteufel (Lophius piscatorius und L. budegassa)

gültig 10/2015 - 10/2016

Zugehörige Fischart

Seeteufel (4 Arten)

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Norwegische See, Nordsee, Keltischer und Biskaya-Schelf
Fanggebiet:nördliche Gebiete (2, 3.a, 4, 6) FAO 27
Art:Lophius piscatorius

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Dieser „Bestand“ umfasst die Seeteufel-Arten Lophius piscatorius und L. budegassa, die beide in diesem Gebiet vorkommen. Die Fänge bestehen aber hauptsächlich aus L. piscatorius. Es gibt seit 2003 keine analytische Bestandsberechnung für diesen Bestand mehr, weil die Eingangsdaten unzureichend sind. Genauere Altersbestimmung, Wachstumsraten und Anlandedaten sind erforderlich, um eine analytische Begutachtung vorzunehmen. Frühere Referenzpunkte sind aufgrund der unzureichenden Daten und damit einhergehender Probleme nicht mehr gültig. Gemeinsame Seeteufel-Forschungsreisen von Fischerei und Wissenschaft ermöglichen aber die Berechnung eines Biomasse-Indexes, aus dem auch die Fangempfehlung abgeleitet wird. [870]

Wesentliche Punkte

2015: Der Biomasse-Index steigt weiter stark an. Die Anlandungen von Seeteufel aus diesem Gebiet sind relativ konstant geblieben, Rückwurfe konnten im Vergleich zum Vorjahr reduziert werden. [870]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die offiziellen, jedoch bis vor kurzem wenig verlässlichen Anlandeinformationen von Seeteufel aus diesem Bestand stiegen von 1984 bis 1996 an (Maximum 35.000 t). Danach war bis 2003 eine Abnahme zu verzeichnen. Weniger restriktive Quoten und spezielle Maßnahmen zur Registrierung der Anlandungen in Schottland und Irland haben falsch- und nicht-registrierte Anlandungen reduziert bzw. erschwert. Durch eine Reduzierung der Kiemennetzfischerei mit einhergehender Verringerung von Rückwürfen sind auch die Daten zum Gesamtfang verbessert worden. Die neueren Daten der Forschungsreisen weisen nun auf eine Zunahme der Biomasse und Häufigkeit seit 2011 hin. [870]

Ausblick

Aufgrund begrenzter wissenschaftlicher Kenntnisse über die Entwicklung dieses Bestandes sind Vorhersagen schwierig. Seeteufel erreichen die Geschlechtsreife erst spät, und der Fang besteht daher überwiegend aus jungen, unreifen Fischen. Dies macht sie sehr anfällig für Überfischung. Da die Biomasse seit 2011 wächst, können die Fänge weiter steigen. Die Daten der letzten Forschungsreisen weisen außerdem auf einen starken 2013er Jahrgang hin, der ab 2016 in die Fischerei einwächst. [870]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Verbreitung des Seeteufel-Nachwuchses ist stark von Strömungen abhängig. Die spezielle Art des Laichens (siehe „biologische Besonderheiten“) sorgt für eine gruppierte Verbreitung von Eiern und jungen Larven, welche dann gemeinsam günstigen oder ungünstigen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Dies kann einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg der Nachwuchsproduktion haben. [588] [870]

Wer und Wie

Dieser Seeteufel-Bestand ist in verschiedenen Managementgebieten verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt in EU- und teilweise in internationalen Gewässern durch Höchstfangmengen (TACs), jeweils für die beiden Arten Lophius piscatorius und L. budegassa gemeinsam. Ein Abkommen der EU mit Norwegen regelt außerdem die Fänge in der ausschließlichen Wirtschaftzone Norwegens in der Nordsee. Dadurch steht EU-Schiffen eine zusätzliche Quote in Norwegischen Gewässern zur Verfügung (2015: 1.500 t). Fänge im Kattegat/Skagerrak sind nicht durch TACs reguliert. Ein Teil der Gebiete VIb sowie XII und XIV sind internationale Gewässer, für die die North-East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC) zuständig ist. Sie hat z.B. einige Gebiete für die Fischerei geschlossen. Das Management erfolgt außerdem durch technische EU-Verordnungen (z.B. Maschenweiten). In der EU gibt es keine Mindestanlandelänge für Seeteufel, allerdings schreibt sie für die Vermarktung ein Mindestgewicht von 500 g (ausgenommen) bzw. 200 g (ohne Kopf) vor. In norwegischen Gewässern gelten für die Fischerei auf Seeteufel nationale Regelungen über Maschenweiten, Mindestanlandelänge und Gebietsschließungen. [301] [582] [584] [798] [870]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die bestandsbezogenen Fangempfehlungen des ICES können nicht direkt mit den Höchstfangmengen (TACs) und Anlandungen verglichen werden, da die Gebiete nicht vollständig übereinstimmen (siehe „Wer und Wie“ und „Karten“). Der ICES hat bis 2014 eine Beibehaltung bzw. eine Reduzierung von Aufwand, Fängen oder Fischereidruck empfohlen. Von 1999 bis 2003 fand tatsächlich eine erhebliche Reduzierung der Höchstfangmenge (TAC) statt. Trotz gegenteiliger Empfehlung stieg die Summe der TACs von 2005 bis 2009 jedoch langsam wieder an und ist auch danach kaum gesunken, wenn man die EU-Quote in der norwegischen ausschließlichen Wirtschaftszone hinzurechnet. Für 2014 und 2015 lag die Summe der TACs etwas über der nun nummerischen wissenschaftlichen Fangempfehlung. [870]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Dieser Seeteufel-Bestand ist in der Nordsee (ICES-Gebiet IV), dem Kattegat/Skagerrak (IIIa) und westlich Schottlands (VIab) verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt über zwei Höchstfangmengen (TACs): 1. EU-Gewässer der Gebiete IV und IIa, 2. Gebiete VI, Vb (EU und international), XII und XIV (internationale Gewässer). Die EU verfügt außerdem über eine Quote in norwegischen Gewässern der Nordsee (IV). Verbreitungs- und Managementgebiete stimmen nicht überein. Die TACs decken zum Teil Gebiete außerhalb der Verbreitung ab, Fänge im Kattegat/Skagerrak (IIIa) werden hingegen nicht durch TACs reguliert. [798] [870]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2014 (beide Arten): 13,7; Anlandungen 13,3, Rückwürfe 0,4 (ohne Kiemennetzfischerei); Anlandungen Gebiet IIIa & IV: 9,0, davon Grundschleppnetze 60%, Kiemennetze 26%, Kaisergranat-Schleppnetze 9%, andere bzw. nicht spezifiziert 5%, Anlandungen Gebiet VI: 4,3, davon Grundschleppnetze 58%, Kiemennetze 20%, Kaisergranat-Schleppnetze 2%, andere bzw. nicht spezifiziert 20%
TACs (Summe/EU-Quote in norw. Gewässern; beide Arten) 2009: 16,9/1,6 2010: 16,9/1,5 2011: 15,1/1,5 2012: 14,3/1,5 2013: 13,6/1,5 2014: 12,3/1,5 2015: 14,7/1,5 [798] [870]

IUU-Fischerei

Der Umfang nicht und falsch gemeldeter Fänge und Anlandungen war in der Vergangenheit ein signifikantes Problem, wird nun aber nicht mehr als solches angesehen. Grund dafür sind weniger restriktive TACs, spezielle Maßnahmen zur Registrierung der Anlandungen in Schottland und Irland und eine erhebliche Reduzierung der Kiemennetzfischerei auf hoher See. [870]

Struktur und Fangmethode

Seeteufel wird in einer gezielten Fischerei und als Beifang in der Fischerei auf Grundfische (z.B. Rockall-Schellfisch) und Kaisergranat gefangen. In der Nordsee ist er vorwiegend (erwünschter) Beifang in der gemischten Rundfisch- und der Kaisergranat-Fischerei, seltener in der Fischerei auf „Tiefsee“-Garnelen (Pandalus). Die meisten Anlandungen wurden 2014 aus ICES-Gebiet IVa gemeldet (7.609 t). [870]

Beifänge und Rückwürfe

Seeteufel wird selbst zum Teil als meist wertvoller Beifang gefangen. Solange Quote vorhanden ist, ist der Rückwurf von Seeteufel, der den Ansprüchen des Marktes genügt (Mindestgewicht), eher unwahrscheinlich. Angaben zu Rückwurfmengen liegen für die meisten Flotten vor, nur die Rückwürfe in der Kiemennetzfischerei (aus der 20% der Anlandungen stammen) werden nicht ausreichend erfasst. Die bekannten Rückwürfe betrugen 2014 415 t (3% bezogen auf die Anlandungen). Rückwürfe von Seeteufeln, die durch zu lange Verweilzeiten der Kiemennetze für den Konsum nicht geeignet sind, können in einigen küstenfernen Fischereien erheblichen Umfang annehmen. Die Kiemennetzfischerei auf diesen Bestand und die damit einhergehenden Rückwürfe wurden in der letzten Zeit aber erheblich reduziert. In Norwegen ist der Rückwurf von Seeteufel verboten, in Gewässern der EU ab spätestens 2019. [14] [301] [750] [870]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Sie fangen neben den Zielarten auch Arten, die nicht kommerziell genutzt werden und deren Entnahme einen Einfluss auf das Ökosystem haben kann. Besonders empfindlich sind Schwämme und Kaltwasser-Korallen, die z.B. in Teilen der Rockall-Bank vorkommen. Um Kaltwasserkorallen zu schützen, sind verschiedene Gebiete für die Grundschleppnetz-Fischerei geschlossen. Aus diesem Gebiet (VIb) kommt aber nur ein kleinerer Teil der Anlandungen (2014 13%: 1.727 t). Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. Die Kiemennetzfischerei auf diesen Bestand wurde in der letzten Zeit aber erheblich reduziert. [7] [8] [30] [178] [582] [870]

Biologische Besonder­heiten

Die Biologie und Verbreitung von Seeteufeln im Nordostatlantik ist zum Teil noch unerforscht. Erwachsene Fische leben wahrscheinlich in tieferem Wasser, reife Weibchen werden selten angetroffen.
Das Laichen ist bei den Arten der Gattung Lophius sehr ungewöhnlich. Die Eier werden in schwimmfähigen, gallertartigen Bändern entlassen. Diese können über 10 m lang sein, über 1 Mio. Eier enthalten und treiben im freien Wasser. Durch die besondere Art des Laichens werden Eier und junge Larven in Gruppen verbreitet, welche dann gemeinsam günstigen oder ungünstigen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Dies kann einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg der Nachwuchsproduktion haben.
Seeteufel erreichen die Geschlechtsreife erst spät, und der Fang besteht daher überwiegend aus jungen, unreifen Fischen. Dies macht die Art sehr anfällig für Überfischung. [588] [870]

Zusätzliche Informationen

Die beiden im Nordostatlantik vorkommenden Seeteufel-Arten Lophius piscatorius (mit weißem Bauch) und L. budegassa (mit schwarzem Bauch) werden in der Regel gemeinsam gefangen, angelandet und vermarktet. Je nach Seegebiet ist jedoch die eine oder andere Art häufiger vertreten. In den nördlichen Gebieten wird ganz überwiegend L. piscatorius gefangen, L. budegassa zeigt eine etwas südlichere Verbreitung. L. piscatorius erreicht in der Regel die höheren Anlandeerlöse. Der ICES begutachtet neben dem Nördlichen Seeteufel zwei weitere Bestände für jede der zwei Arten, die Trennung in Westlichen und Südlichen Seeteufel basiert aber nicht auf biologischen Kriterien. Die Bewirtschaftung erfolgt über Höchstfangmengen, die immer beide Arten einschließen. [588] [870]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf diesen Seeteufel-Bestand nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Fischereien auf Seeteufel im Nordostatlantik werden mit Fahrzeugen verschiedener Größen durchgeführt. Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung sind sehr unterschiedlich, richten sich aber nach den Regeln der jeweiligen Flaggenstaaten. [13] [870]

AutorJahrTitelQuelle
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[178]FAO Food and Agriculture Organization2016Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016
[301]Directorate of fisheries, NorwegenRegulations relating to seawater fisheries (derzeit nur auf Norwegisch)fiskeridir.no
[582]North-East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC)2013Recommendation 9 : 2013, The North-East Atlantic Fisheries Commission At Its Annual Meeting In November 2012 Adopted, In Accordance With Article 5 Of The Convention On Future Multilateral Cooperation In North-East Atlantic Fisheries, A Recommendation To Adopt Regulatory Measures For The Protection Of Vulnerable Marine Ecosystems From Significant Adverse Impacts From 2013 To 2015neafc.org
[584]Europäische Gemeinschaft (EG)1996Verordnung (EG) Nr. 2406/1996 des Rates vom 26. November 1996 über gemeinsame Vermarktungsnormen für bestimmte Fischereierzeugnisseeuropa.eu
[588]Fariña AC, Azevedo M, Landa J, Duarte R, Sampedro P, Costas G, Torres MA, Cañás L2008Lophius in the world: a synthesis on the common features and life strategies ICES Journal of Marine Science 65 (7): 1272-1280
[750]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rateseuropa.eu
[798]Europäische Union (EU)2015Verordnung (EU) 2015/104 des Rates vom 19. Januar 2015 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Unionsschiffe in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (2015) und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 43/2014 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 779/2014europa.eu
[870]ICES2015Report of the Advisory Committee, 2015. Book 5. Celtic Seas and Greater North Sea Ecoregion. 5.3.1 Anglerfish (Lophius piscatorius and L. budegassa) in Subareas IV and VI and Division IIIa (North Sea, Rockall and West of Scotland, Skagerrak and Kattegat)ices.dk