Nordsee-Seezunge
gültig 06/2010 - 06/2011
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Zugehörige Fischart
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Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Nordsee |
Fanggebiet: | Nordsee (4) FAO 27 |
Art: | Solea solea |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk
Methode, Frequenz
Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Anlandedaten und zweier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen. Rückwürfe gehen nicht in die Bestandsberechnungen ein. Die Referenzwerte nach dem Konzept des höchsten Dauerertrages (MSY) sind vorläufig. Nach dem Vorsorgeansatz sind nur drei von vier Referenzpunkten festgelegt. Sie alle basieren auf der Biomasse-Nachwuchs-Relation. Diese Bestandsberechnung ist eher unsicher. [5] [6]
Wesentliche Punkte
2010: Der Bestand hat etwas abgenommen und liegt nun wieder unter dem Vorsorgeansatz-Referenzpunkt (Bpa). Die fischereiliche Sterblichkeit steigt leicht über den Wert des Vorjahres, liegt aber noch unter dem Vorsorgeansatz-Referenzpunkt (Fpa) und unter den Werten der letzten 43 Jahre. Hauptgründe hierfür sind neben Reduzierung der Fangflottenkapazität und des Fischereiaufwands auch die hohen Treibstoffpreise. Letzteres führt zu einer Verlagerung des Fischereiaufwandes in die südliche Nordsee, wodurch verstärkt untermassige Schollen gefangen und zurückgeworfen werden. [5] [6]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
---|
erhöhtes Risiko (nach Vorsorgeansatz) |
|
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
---|
nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz) |
über dem Grenzwert (nach Managementplan) |
übernutzt (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Der Bestand erreichte sein Maximum in den frühen 1960er Jahren. Die fischereiliche Sterblichkeit stieg von da an fast stetig. Nach kontinuierlicher Bestandsabnahme wurde in den frühen 1990ern durch zwei starke Jahrgänge ein Maximalwert in Laicherbiomasse und Anlandungen erreicht. Durch die weiter steigende fischereiliche Sterblichkeit sank die Laicherbiomasse aber Mitte der 1990er wieder stark ab. Die Biomasse schwankt stark mit dem Fischereidruck und dem Auftreten unterschiedlich starker Jahrgänge. Laicherbiomasse und Anlandungen der letzten Jahre wurden von den starken Jahrgängen 2001 und 2005 dominiert. Erst seit 2006 sinkt die fischereiliche Sterblichkeit und liegt in Folge der Umsetzung eines EU-Managementplanes seit 2008 unter dem Vorsorge Referenzpunkt. [5] [6]
Ausblick
Trotz Abnahme der fischereilichen Sterblichkeit ist durch die variable Nachwuchsproduktion in absehbarer Zukunft nicht mit steigenden, wohl aber mit stabilen Fangmengen zu rechnen. [5] [6]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Die seit 1989 ansteigende Wassertemperatur in der südlichen Nordsee führt bei der Seezunge zu höheren Wachstumsraten und Verlängerung der Wachstumsperiode. Als südliche Art ist sie in der Nordsee an ihrem nördlichen Verbreitungslimit. Die Seezunge ist sehr kälteempfindlich und verbringt die Winter in wärmerem Tiefenwasser. Sehr kalte Winter können sich negativ auf den Bestand auswirken. [2] [25] [32] [33] [60]
Wer und Wie
Das Management erfolgt nach einem durch die EU im Jahre 2007 eingeführten Langzeit-Management-Plan, gemeinsam für Scholle und Seezunge, die unvermeidlich zusammen gefangen werden. Für die Seezunge ist der Plan vom ICES vorläufig als nachhaltig bewertet worden. Norwegen hat in seinem Hoheitsgebiet eigene Bewirtschaftungsregeln erlassen. [5] [6] [10]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Über viele Jahre wurde die legale Höchstfangmenge oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlung festgesetzt. Erst seit 2009 decken sich Empfehlung und verabschiedeter TAC zumindest in EU-Gewässern wieder, weil beide dem Managementplan folgen. [5] [6] [9] [18]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Nordsee-Seezunge ist nur in ICES Gebiet IV verbreitet. Verbreitungs- und Managementgebiet stimmen überein.
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | 2009: Anlandungen: 14,0 Rückwürfe: keine Angaben; davon Baumkurre XX%, Scherbrettnetze XX%, Stellnetze XX%, Snurrewaden XX% |
TACs | 2007: 15,0 2008: 12,8 2009: 14,0 2010: 14,1 [5] [6] [18] |
IUU-Fischerei
Für 2009 gibt es keine Angaben über illegale oder nicht gemeldete Fänge. [5] [6]
Struktur und Fangmethode
Das vorwiegend zum Plattfischfang in der Nordsee eingesetzte Gerät ist die Baumkurre, ein Schleppnetz an einem stählernen Rahmen, das mit Kufen direkt auf dem Grund aufsetzt. Um die oft im Boden eingegrabenen Plattfische aufzustören, läuft vor der eigentlichen Netzöffnung ein Satz stählerner Ketten (Scheuchketten). Diese Technik hat sich als sehr effizient erwiesen und seit den 1950er Jahren, von Holland ausgehend, in vielen Anrainerstaaten durchgesetzt. [2] [25]
Beifänge und Rückwürfe
Die Fischerei ist gemischt und fängt gleichzeitig mehrere Plattfischarten, vor allem Seezunge und Scholle. Da die Seezunge die höchsten Anlandepreise erzielt, gilt sie für die Fischerei als Hauptzielart. Die engen Netzmaschen (zur Zeit 80 mm Maschenöffnung), die wegen des schlankeren Körperbaus für die Seezunge nötig sind, fangen unweigerlich auch kleine Schollen und Kabeljau mit, die als nicht vermarktbare und nicht überlebensfähige Rückwürfe auch für den Laicherbestand verloren sind. Die Verlagerung des Fischereiaufwandes in die südliche Nordsee verstärkt diese Problematik, da hier das Hauptverbreitungsgebiet junger Schollen ist. Größere Maschenweiten würden die Beifänge, aber auch den Anteil marktfähiger Seezungen stark verringern. Erst die Erhöhung der minimalen Anlandegröße wäre Anreiz, mit größeren Maschen zu fischen. Wegen der minimalen Anlandegröße von 24 cm, werden viele Seezungen noch vor Erreichen der Geschlechtsreife gefangen und können nicht zum Erhalt des Bestandes beitragen. [5] [6]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Da die Baumkurren auf dem Grund geschleppt werden, und die Scheuchketten einige cm tief eindringen können, werden regelmäßig (abhängig vom Fanggrund) größere Mengen an bodennah lebendem Meeresgetier mitgefangen, sowohl Fische als auch Wirbellose. Diese sind als Rückwürfe vielfach nicht überlebensfähig. Insbesondere die Baumkurrenfischerei kann Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge im befischten Gebiet erheblich verändern. Baumkurrenfischerei ist die Fangmethode mit dem größten unmittelbaren Einfluss auf die Meeresumwelt. [7] [8]
Biologische Besonderheiten
Der Seezungenbestand hängt stark vom gelegentlichen Vorkommen besonders starker Jahrgänge ab (zuletzt 2005). Die jüngsten Stadien bleiben etwa 2 Jahre in den Aufwuchsgebieten bevor sie in tieferes Wasser wandern. [5] [6] [2] [26]
Zusätzliche Informationen
Ein Streifen entlang der holländischen, deutschen und dänischen Küste ist für größere (300 PS) Baumkurrenfahrzeuge gesperrt, um Jungfische zu schonen (Schollenbox). Seit ihrer Einrichtung wurde hier keine Veränderung im Anteil untermassiger Seezungen festgestellt. Der enge Kontakt des Fanggeschirrs mit dem Grund bedingt einen hohen Schleppwiderstand. Die hohen Treibstoffkosten haben zu einer Abnahme des Aufwandes geführt (oder zur Umrüstung von Baumkurren auf Scherbrettnetze oder Snurrewaden), und die Entwicklung treibstoffsparender Fangmethoden gefördert. (z.B. Baumkurren mit weniger Bodenkontakt und dem Ersatz der Ketten durch Scheuchelektroden). [5] [6] [24]
Zertifizierte Fischereien
Eine Seezungenfischerei in der Nordsee ist seit 2009 nach den Standards des Marine Stewardship Councils zertifiziert (2010 ca. 1,2% der Anlandungen). Eine weitere Fischerei ist im Bewertungsprozess. [4]
Soziale Aspekte
Die gemischte Plattfischfischerei in der Nordsee wird überwiegend mit kleineren Fahrzeugen von den Niederlanden durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [12] [13] [14] [25]
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[2] | Muus BJ, Nielsen JG | 1999 | Die Meeresfische Europas | Franckh-Kosmos Verlag |
[4] | Marine Stewardship Council (MSC) | Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei | msc.org | |
[5] | ICES | 2010 | Report of the Advisory Committee, 2010. Book 6. The North Sea. 6.4.10 Sole in Subarea IV (North Sea) | ices.dk |
[6] | ICES | 2010 | Report of the Working Group on the Assessment of Demersal Stocks in the North Sea and Skagerrak (WGNSSK). 10. Sole in Subarea IV | ices.dk |
[7] | Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR | 2000 | Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure | Journal of Animal Ecology 69:494-503 |
[8] | Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ | 2006 | Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats | Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736 |
[9] | Europäische Union (EU) | 2009 | Verordnung (EG) Nr. 43/2009 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und begleitenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Gemeinschaftsgewässern sowie für Gemeinschaftsschiffe in Gewässern mit Fangbeschränkungen (2009) | europa.eu |
[10] | Europäische Union (EU) | 2007 | Verordnung (EG) 676/2007 des Rates zur Einführung eines Mehrjahresplans für die Fischereien auf Scholle und Seezunge in der Nordsee | europa.eu |
[12] | Europäische Gemeinschaften | 2009 | Die Gemeinsame Fischereipolitik. Ein Leitfaden für Benutzer | ec.europa.eu |
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[18] | Europäische Union (EU) | 2010 | Verordnung (EU) Nr. 219/2010 des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 53/2010 hinsichtlich der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und nach Abschluss der bilateralen Fischereivereinbarungen für 2010 mit Norwegen und den Färöern | europa.eu |
[24] | Pastoors MA, Rijnsdorp AD, van Beek FA | 2000 | Effects of a partially closed area in the North Sea (\"plaice box\") on stock development of plaice | ICES J Mar Sci 57:1014-1022 |
[25] | Burt GJ , Millner RS | 2008 | Movements of sole in the southern North Sea and eastern English Channel from tagging studies (1955 2004) | Cefas Lowestoft, Sci Ser Tech Rep 144:44pp |
[26] | Rijnsdorp AD, Van Beek FA, Flatman S, Millner RM, Riley JD, Giret M, De Clerck R | 1992 | Recruitment of sole stocks, Solea solea (L.), in the northeast Atlantic | Netherlands Journal of Sea Research 29:173 192 |
[32] | Woodhead, P.M.J. | 1964 | The death of North Sea fish during the winter of 1962/1963, particularly with reference to the sole, Solea vulgaris, during cold winters, and the relation between the winter catch and sea temperatures | Helgoländer Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen 10:283-300 |
[33] | Rijnsdorp AD, Peck MA, Engelhard GH, Möllmann C, Pinnegar JK | 2009 | Resolving the effect of climate change on fish populations | ICES Journal of Marine Science 66:1570-1583 |
[60] | Teal LR, de Leeuw JJ, van der Veer HW, Rijnsdorp AD | 2008 | Effects of climate change on growth of 0-group sole and plaice | Marine Ecology Progress Series 358:219–230 |