Bestandsdatenblatt

Pelagischer Rotbarsch, Sebastes mentella, Irmingersee flach

Gültig 09/2021 - 09/2024

Pelagischer Rotbarsch, Sebastes mentella, Irmingersee flach

gültig 09/2021 - 09/2024

Zugehörige Fischart

Rotbarsch

Allgemeine Informationen

Ökoregion:Westgrönlandschelf, Neufundland-Labradorschelf, Ostgrönlandschelf, Färöer-Plateau
Fanggebiet:Kanada, Grönland (NAFO 1, 2) FAO 21 (Nordwestatlantik); Island (5.a), ozeanischer Nordostatlantik (12), südöstl. Grönland (14) FAO 27 (Nordostatlantik)
Art:Sebastes mentella

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Es wird keine analytische Bestandsberechnung durchgeführt und es gibt keine Referenzwerte, da Daten zu den Fängen der kommerziellen Fischerei, zur Nachwuchsproduktion und aus wissenschaftlichen Forschungsreisen dafür unzureichend sind. Insbesondere ist die vertikale Auflösung der Daten nicht hoch genug, um sie hinreichend genau den Beständen („tief“ und „flach“) zuordnen zu können. Es können daher auch keine Fangmöglichkeiten berechnet werden. Die Fangempfehlung basiert auf den Fängen der Vorjahre, modifiziert unter Vorsorgeaspekten. Die Bestandsinformationen beruhen auf kommerziellen Fangdaten und dem internationale Rotbarsch-Survey, der nur alle zwei Jahre durchgeführt wird (der nächste 2023). [1371] [1379]

Wesentliche Punkte

2021: Die Daten aus der Forschungsreise 2021 zeigen für den flachen pelagischen Rotbarschbestand in der Irmingersee (shallow pelagic stock < 500m) einen Anstieg der Biomasse. Sie stieg vom letzten, sehr niedrigen Wert 2013, auf etwa 20% der Anfang der 1990er Jahre beobachteten Höchstwerte. Referenzwerte sind nicht definiert, die Biomasse bleibt aber unter allen möglichen Referenzwerten für diesen Bestand. Die Nutzungsrate ist nicht bekannt. Die wissenschaftliche Fangempfehlung des ICES liegt für 2022, 2023 und 2024 bei Null. [1371] [1379]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

    unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Dieser Bestand wurde 2009 vom tiefen pelagischen Bestand getrennt (weitere Informationen dazu auf der Seite „Rotbarsch Bestandsstruktur“). Die Fischerei auf den Rotbarschbestand „Sebastes mentella pelagisch flach“ begann 1982 durch Flotten des Ostblocks (vor allem der Sowjetunion). Die Anlandungen variierten 1982-1995 meist zwischen 60.000 und 100.000 t, nur 1989-1991 sanken sie auf etwa 30.000 t. Bis 1991 wurde überwiegend im oberen Wasserkörper bis 400 m Tiefe gefischt. Ab 1992 verlagerte sich die Fischerei auch in tiefere Gewässer und nutzte damit nach heutigem Wissensstand einen anderen Bestand. Da sich die verschiedenen Bestände in den Fängen gemischt haben können, ist eine nachträgliche Zuordnung nicht exakt möglich. Biomasseberechnungen werden mit Hilfe von akustischen Methoden im Oberflächenwasser (bis zur Echo-Streuschicht) durchgeführt. Während die durch Forschungsreisen abgedeckte Fläche immer größer wurde, sank der ermittelte Biomasse-Index seit 1991 fast kontinuierlich und lag 2013 bei unter 5% des Wertes, den er zu Beginn der Datenreihe in den frühen 1990er Jahren aufwies. Nach 2013 liegen 2021 zum ersten Mal wieder Biomasse-Daten vor. Der Bestand erreicht den höchsten Wert seit 2005 (20% der Höchstwerte Anfang der 1990er Jahre). Die Nutzungsrate ist unbekannt. [199] [295] [1371] [1379]

Ausblick

Rotbarsch ist eine langlebige und spät reproduzierende Art, die Erholung des überfischten Bestandes wird daher viele Jahrzehnte dauern. Die Fangempfehlung des ICES bleibt daher bei Null Fängen. [1371] [1379]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Der Anstieg der Wassertemperatur in der Irmingersee hat einen Einfluss auf die räumliche und vertikale Verteilung der Tiere aus dem flachen pelagischen Bestand. Steigende Wassertemperaturen in den Bereichen flacher als 500 m beeinflussen und verschieben möglicherweise die saisonale Verteilung im Verbreitungsgebiet. [1371] [1379]

Wer und Wie

Der Bestand ist in verschiedenen Managementgebieten verbreitet. Er kommt vor allem in grönländischen und in internationalen Gewässern vor. Die Nordostatlantische Fischereikommission (NEAFC) ist die Haupt-Managementorganisation für diesen Bestand. Für das NAFO-Gebiet werden separate Quoten festgelegt. Die Vertragsparteien der NEAFC haben regelmäßig einen Entwurf zur Bewirtschaftung der pelagischen Rotbarsch-Bestände in internationalen Gewässern erstellt. Über viele Jahre wurde jedoch keine Einigung erzielt, so dass einige Länder autonome Quoten festlegten. 2011 erfolgte eine Einigung mit allen Vertragsparteien außer Russland. Diese Bewirtschaftungsregeln der Küstenstaaten (Färöer Inseln, Grönland, Island), mit der EU und Norwegen sind seit Mai 2011 in Kraft (in EU-Recht übernommen). Die flache pelagische Fischerei auf Rotbarsch in internationalen Gewässern ist dieser Regelung folgend seit 2011 geschlossen, Russland hat diesen NEAFC-Beschluss nicht unterzeichnet und legt eine autonome Quote fest (für beide pelagischen Bestände gemeinsam, da es deren Trennung nicht anerkennt). Die Bewirtschaftung erfolgt außerdem über technische Regularien, wie z.B. minimale Maschenweiten. [204] [796] [1334] [1371] [1379]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Dieser Bestand wurde erst 2009 vom tiefen pelagischen Bestand getrennt. Da jahrelang keine Einigung mit allen Vertragsparteien über einen Bewirtschaftungsentwurf erfolgte, wurden autonome Quoten festgelegt, deren Summe weit über den wissenschaftlichen Empfehlungen lag. Das 2011 abgeschlossene Übereinkommen der NEAFC-Vertragsparteien folgte der wissenschaftlichen Empfehlung, die Fischerei auf diesen Bestand zu schließen, diese Schließung gilt weiterhin. In den NAFO-Gebieten ist der TAC ebenfalls null. Russland legt eine autonome Quote fest. 2012 bis 2017 haben nur Russland und Island Fänge aus diesem Bestand gemeldet, 2014 auch Litauen. Seit 2018 meldet nur Russland Fänge. Die wissenschaftliche Empfehlung lautet unverändert, keine Fischerei auf diesen Bestand zuzulassen. Der ICES weist auf das Fehlen von tiefen-spezifischen Fangdaten hin, wodurch die Bestandszuordnung erschwert wird. [199] [204] [796] [1334] [1371] [1379]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Managementgebiete für die flache pelagische Fischerei auf Rotbarsch sind Grönland und internationale Gewässer von NEAFC und NAFO (außerhalb des eingezeichneten Vielecks). Für die NAFO-Gewässer gibt es eine separate Quote. Die Verbreitung des Bestandes kann bis in kanadische Gewässer reichen. [204] [796] [1334] [1371] [1379]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2020: 6,2; 100% pelagische Schleppnetze
TACs (Summe Quoten beide pelagische Bestände/ NEAFC-Abkommen, flacher Bestand, internat. Gewässer)2012: 54,9/0   2013:47,9/0   2014: 43,2/0   2015: 34,8/0   2016: 34,0/0   2017: 30,8/0   2018: 30,1/0   2019: 29,7/0   2020: 29,3/0   2021: 24,9/0   [204] [796] [1334] [1371] [1379]

IUU-Fischerei

Von einigen Flotten in dieser Fischerei sind die Fangdaten nicht oder nur schwierig zu bekommen. Außerdem gibt es Probleme mit falschberichteten Fängen. Zum Teil werden Daten aus den NEAFC- und NAFO-Gebieten zu spät geliefert. [1371] [1379]

Struktur und Fangmethode

Die meisten Fänge aus diesem Rotbarschbestand werden von Russland getätigt (2020: 100%), ferner war bis 2017 Island an der Fischerei beteiligt. Hauptfanggebiet war 2020 das NAFO-Gebiet 1F (59% der Fänge), 41% stammten aus ICES-Gebiet 12. Die Fischerei wird mit pelagischen Schleppnetzen durchgeführt. Die pelagische Rotbarschfischerei verwendet die größten Schleppnetze, die weltweit in der kommerziellen Fischerei eingesetzt werden (weil die Zielart so vereinzelt vorkommt): In einem Gloria-Netz finden bis zu 11 Jumbojets Platz, die Netzöffnung entspricht der Fläche von vier bis fünf Fußballfeldern. Die ersten Maschen des Netzes haben sehr große Öffnungen (bis zu 128m); wenn sich ein solches Netz verheddert (z.B. nach versehentlicher Grundberührung), kann es in der Regel nur mit Hilfe von Mobilkränen auf einem Flugplatz klariert werden. [42] [1371] [1379]

Beifänge und Rückwürfe

Rotbarsch bildet Ansammlungen von Fischen ähnlicher Größe. In dieser pelagischen Fischerei gibt es daher nur sehr geringe unerwünschte Beifänge und Rückwürfe. Der Bestand ist selbst Beifang in der Fischerei auf den tiefen pelagischen Rotbarsch-Bestand im gleichen und in angrenzenden Gebieten. Diese Beifänge sollten so gering wie möglich gehalten werden. [1371] [1379]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Die pelagische Fischerei hat kaum Einfluss auf den Lebensraum, andere Fischarten oder Wirbellose, mit Ausnahme der Zielart. Der Meeresboden wird durch die Fanggeräte nicht berührt, auch weil dies das riesige Fanggerät unbrauchbar machen würde. [1371] [1379]

Biologische Besonder­heiten

Seit 2009 trennt der ICES drei Bestände und somit auch drei Managementeinheiten von Sebastes mentella in der Irmingersee und angrenzenden Gewässern. Es werden die überwiegend pelagischen Bestände in der Irmingersee, S. mentella flach (oberhalb 500 m) und S. mentella tief (unterhalb 500 m), sowie ein bodenlebender Bestand auf dem isländischen Kontinentalabhang unterschieden (weitere Informationen dazu auf der Seite „Rotbarsch Bestandsstruktur“). Die Trennung basiert auf genetischen Daten sowie biologischen Informationen wie z.B. Befall mit spezifischen Parasiten. Wahrscheinlich ist der Ostgrönlandschelf Aufwuchsgebiet für die Jungtiere aller drei Bestände. Wie alle Sebastes-Arten ist auch S. mentella ovovivipar, also lebendgebärend mit innerer Befruchtung. Sie ist eine langlebige langsam wachsende Art, die spät geschlechtsreif wird und dadurch sehr anfällig für Überfischung ist. [199] [294] [1371] [1379]

Zusätzliche Informationen

Die Irmingersee war traditionell einer der Hauptfanggründe für den Rotbarsch, insbesondere für die deutsche Fischerei, nachdem Fangmöglichkeiten auf dem Islandschelf mit Ausdehnung der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) wegfielen. Die genaue Unterscheidung zwischen Sebastes norvegicus (zuvor S. marinus, Goldbarsch) und S. mentella ist nicht einfach, da sie von der Gestalt sehr ähnlich erscheinen. Sie erfordert häufig die Berücksichtigung vieler Körpermerkmale oder genetische Analysen. Der Handel unterscheidet selten zwischen den Arten. Deutschland ist ein großer Abnehmer für Rotbarsch aus isländischen Gewässern. [14] [42]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine pelagische Rotbarschfischerei nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Rotbarschfischerei wird überwiegend mit mittleren bis großen Hochseefahrzeugen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter Flaggen der jeweiligen Staaten (derzeit nur Russland und Island), die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung folgt daher deren Regeln. [13] [42]

Marktdaten: Alle Rotbarscharten auf dem deutschen Markt zusammengefasst.

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 8.298 t (2021: 12.965 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 0,7 % (2021: 1,2 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Goldbarsch (S. norvegicus) Island (5 6 12 14) 43,4 - 220,1 Managementplan ab 2014 06/2022 -
06/2023
Goldbarsch (S. norvegicus) NO-Arktis (1 2) 10,2 10,2 29,9 - 06/2022 -
06/2024
Rotbarsch (S. mentella) Islandschelf (5.a, 14) 10,6 - - - 06/2022 -
06/2023
Rotbarsch (S. mentella) NO-Arktis (1 2) 63,5 - 996,1 - 09/2022 -
06/2024
Rotbarsch (S. mentella) pelagisch flach 5, 12, 14, NAFO 6,2 6,2 - Advice für 2022-2024 09/2021 -
09/2024
Rotbarsch (S. mentella) pelagisch tief 5, 12, 14, NAFO 19,3 19,3 - Advice für 2022-2024 09/2021 -
09/2024
Rotbarsch (S. mentella) Südostgrönland (14.b) 1,3 - - - 06/2022 -
06/2023

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[42]Government of IcelandInformationsseite "Fisheries in Iceland"government.is
[199]ICES2009Report of the Workshop on Redfish Stock Structure (WKREDS), 22-23 January 2009, ICES Headquaters, Copenhagen. ICES CM 2009/ACOM: 37. 71ppices.dk
[204]Northwest Atlantic Fisheries Organization (NAFO)Northwest Atlantic Fisheries Organization, Conservation and Enforcement Measures: u.a. Quota Tablenafo.int
[294]ICES2011Report of the Stock Identification Methods Working Group (SIMWG). By Correspondence in 2011. ICES CM 2011/SSGSUE:06. 91 pp.ices.dk
[295]ICES2011Report of the Advisory Committee, 2011. Book 2. Iceland and East Greenland. 2.3.3.1. NEAFC request on redfish stock structure in the Irminger Seaices.dk
[796]North East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC)North East Atlantic Fisheries Commission (Nordostatlantische Fischereikommission), Managing Fisheries in the North East Atlantic. Current Management Measuresneafc.org
[1334]Europäische Union (EU)2022VERORDNUNG (EU) 2022/109 DES RATES vom 27. Januar 2022 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2022 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässerneuropa.eu
[1371]ICES2022Northwestern Working Group (NWWG). ICES Scientific Reports. 4:42. 734pp. http://doi.org/10.17895/ices.pub.19771381.http://doi.org/10.17895/ices.pub.19771381
[1379]ICES2021Beaked redfish (Sebastes mentella) in ICES subareas 5, 12, and 14 (Iceland and Faroes grounds, north of Azores, east of Greenland) and in NAFO subareas 1 and 2 (shallow pelagic stock < 500 m). In Report of the ICES Advisory Committee, 2021. ICES Advice 2021, reb.2127.sp. https://doi.org/10.17895/ices.advice.7839https://doi.org/10.17895/ices.advice.7839