Bestandsdatenblatt

Seelachs Nordsee, Skagerrak/Kattegat, westl. Schottlands

Gültig 06/2010 - 06/2011

Seelachs Nordsee, Skagerrak/Kattegat, westl. Schottlands

gültig 06/2010 - 06/2011

Zugehörige Fischart

Seelachs

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee, Keltischer und Biskaya-Schelf
Fanggebiet:Nordsee (4, 3.a), westl. Schottland (6) FAO 27
Art:Pollachius virens

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Normalerweise jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung fast vollständiger Fangdaten und zweier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen, die Seelachse jedoch erst ab Alter 4 erfassen. Alle vier Referenzwerte nach dem Vorsorgeansatz sind definiert, sie basieren auf der Biomasse-Nachwuchs-Relation. Die Referenzwerte nach dem Konzept des höchsten Dauerertrages sind vorläufig. [70]

Wesentliche Punkte

2010: Im aktuellen Jahr standen eine Reihe wichtiger fischereiunabhängiger Indices nicht zur Verfügung, so dass keine neue Bestandsberechnung vorgenommen werden konnte, sondern nur die Berechnung aus dem letzten Jahr fortgeschrieben wurde. Der Zustand des Bestandes ist damit formell nicht bekannt, auch wenn die Laicherbiomasse sicher oberhalb des Btrigger-Wertes liegen dürfte. [70]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

 

    unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

    unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unter dem Grenzwert (nach Managementplan)

    unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

*Daten für 2010 fortgeschrieben aus der 2009 Bestandsberechnung
Der Bestand erreichte Anfang der 1970er Jahre eine Maximalmenge, in Folge sehr guter Umweltbedingungen (gadoid outburst). Eine sehr hohe Entnahme bei gleichzeitig nachlassender Rekrutierung führte zu einer schnellen Abnahme des Bestandes. In der Folge war Nordsee-Seelachs über 15 Jahre überfischt, bis er sich ab Ende der 1990er Jahre wieder positiv entwickelte und seither eher moderat genutzt ist – maßgeblich durch eine geringere Nachfrage auf dem Markt. Dieser Bestand ist einer der wenigen in EU-Gewässern, der bereits nach dem höchsten Dauerertrag (MSY) bewirtschaftet wird. [47] [70] [73]

Ausblick

Die Empfehlung des ICES für 2011 lautet auf eine Beibehaltung der fischereilichen Sterblichkeit (0,3), was einer Reduzierung der Summe der Höchstfangmenge um 13% entspricht (auf 93.600 t in Nordsee und IIIa und 9.700 t in VIa). In diesem Fall sollte auch die Laicherbiomasse stabil bleiben.

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Fast alle Seelachsbestände im Nordost-Atlantik befinden sich derzeit in gutem Zustand, was einerseits an moderatem Fischereidruck, andererseits auch an vorteilhaften Umweltbedingungen liegen kann. Nordsee-Seelachs ist der südlichste große Seelachsbestand in europäischen Gewässern. In den letzten 11 Jahren hat die Wachstumsrate für diesen Bestand abgenommen, aber es ist noch nicht klar, ob diese Abnahme durch veränderte Umweltbedingungen verursacht wird. [73]

Wer und Wie

Das Management erfolgt gemeinsam durch die Europäische Union und Norwegen. Ein Managementplan ist seit 2008 in Kraft, der Zielwerte für die Laicherbiomasse und die fischereiliche Sterblichkeit (0,3) vorsieht. Der Plan wurde vom ICES als positiv bewertet (in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz) und ist Basis für Fangempfehlung und Festsetzung der Höchstfangmengen (TACs). [70] [71]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die legalen Höchstfangmengen werden seit vielen Jahren der wissenschaftlichen Empfehlung entsprechend festgesetzt. Diese Fangmengen wurden aber in den letzten acht Jahren nicht annähernd ausgeschöpft. [70]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in drei verschiedenen Managementgebieten verbreitet: Der Nordsee (IV), dem Skagerrak und Kattegat (IIIa) und dem Gebiet westlich Schottlands (VIa). Für diese drei Gebiete werden getrennte TACs festgesetzt. [70]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2009: Anlandungen 112,5 (davon 106 aus der Nordsee); davon Grundschleppnetze XX%, Kiemennetze XX%, andere X%
TACsTACs 2007: 136 2008: 150 2009: 139 2010: 118 [18] [70]
  

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf unberichtete oder illegale Anlandungen aus diesem Bestand – auch weil die Fangquoten in den letzten Jahren nicht restriktiv waren. [70]

Struktur und Fangmethode

Fast alle Nordsee-Anrainerstaaten (Ausnahmen: NED, BEL) unterhalten gerichtete Fischereien, überwiegend mit Frischfischfängern, aber auch mit Vollfrostern (Fabrikschiffen). Hauptfangnationen sind Norwegen, Frankreich und Deutschland. Seelachs wird mit verschiedenen Netzen (z.B. Grundschleppnetze, Kiemennetze) und Langleinen für die menschliche Ernährung gefangen. [70]

Beifänge und Rückwürfe

Die Seelachsfischerei gilt als fast rein: unerwünschte Beifänge von Nichtzielarten lassen sich auf 3-5% reduzieren. Daher ist diese Fischerei sogar von den Beschränkungen zum Schutz des überfischten Nordseekabeljaus ausgenommen. Juvenile Seelachse wachsen dicht an der norwegischen Küste auf und werden deshalb auf den Fangplätzen für die Adulten in der nördlichen Nordsee nicht mitgefangen. Rückwürfe sind deshalb in dieser Fischerei kein Problem. Allerdings gab es in einzelnen Jahren Berichte über highgrading, also das Verwerfen maßiger Fische, die aus ökonomischen Gründen oder zur Optimierung des Arbeitsablaufes nicht verwendet wurden. In norwegischen Gewässern sind sämtliche Rückwürfe verboten, in EU-Gewässern dagegen nur solche, die legal angelandet werden könnten (ab 2010). [70] [72] [73]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Beim Seelachsfang können die Netze fast ohne Grundberührung eingesetzt werden. Beifänge geschützter Arten (Seevögel, Meeresäuger) sind in dieser Fischerei selten. [70]

Biologische Besonder­heiten

Die Jungtiere und die Erwachsenen dieses Bestandes sind räumlich deutlich getrennt: 1-3 Jährige Nordsee-Seelachse leben an der norwegischen Küste und in den Fjorden, in denen sie mit Grundschleppnetzen nicht gefangen werden können. Erst ab Alter 4 ziehen sie auf die Nahrungsgründe in der nördlichen Nordsee und werden dort Ziel der internationalen Flotten. Durch diese Separation treten, anders als bei den meisten Rundfischfischereien in der Nordsee, keine Probleme mit dem Beifang von juvenilen Tieren der Zielart auf. Andererseits kann die Wissenschaft immer erst vier bis fünf Jahre nach der Geburt eines neuen Jahrgangs zuverlässige Angaben über dessen Stärke machen. [70] [72] [73]

Zusätzliche Informationen

Der Bestand war in den letzten zehn Jahren unternutzt, höhere Erträge wären auch nach dem Konzept des maximalen Dauerertrags möglich gewesen. Ursache hierfür sind vor allem Vermarktungsprobleme: Der Konsument schätzt das eher graue Filet das Seelachses nicht so wie das weisse anderer Rundfische. Durch die Struktur der Fischerei (überwiegend Frischfischfänger ohne Verarbeitung an Bord) war auch die Vermarktung in Form von Filetblöcken z.B. für die Fischstäbchenproduktion lange Zeit nicht möglich. Sogar Interventionskäufe wurden durch die EU durchgeführt, um den Marktpreis zu stützen. Eine Imagekampagne der Marktverbände ("Trendfisch Seelachs") und die Verwendung zumindest der ökozertifizierten Ware auch für Fischstäbchen waren für die Förderung des Absatzes nützlich. [14] [70]

Zertifizierte Fischereien

Drei Seelachsfischereien in der Nordsee sind nach den Standards des Marine Stewardship Councils nachhaltigkeitszertifiziert, darunter eine deutsche. Deren Anteil an der Gesamtfangmenge wird 2010 über 70% betragen. Drei weitere Fischereien befinden sich im Bewertungsverfahren [4]

Soziale Aspekte

Die Seelachsfischerei in der Nordsee wird überwiegend mit kleineren und mittleren Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13]

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[18]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 219/2010 des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 53/2010 hinsichtlich der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und nach Abschluss der bilateralen Fischereivereinbarungen für 2010 mit Norwegen und den Färöerneuropa.eu
[47]Cushing DH1984The gadoid outburst in the North Sea ICES Journal of Marine Science 41:159-166
[70]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 6. The North Sea. 6.4.12 Saithe in Subarea IV (North Sea), Division IIIa (Skagerrak), and Subarea VI (West of Scotland and Rockall)ices.dk
[71]2008Long-term management plan for the saithe stock in the Skagerrak, the North Sea and west of Scotland
[72]Kamenos NA, Moore PG, Hall-Spencer, JM2004Small-scale distribution of juvenile gadoids in shallow inshore waters; what role does maerl play? ICES Journal of Marine Science 61:422-429
[73]ICES2010Report of the Working Group on the Assessment of Demersal Stocks in the North Sea and Skagerrak (WGNSSK). 11. Saithe in Subareas IV, VI and Division IIIaices.dk