Bestandsdatenblatt

Kaisergranat in FU 07/Fladengrund

Gültig 11/2015 - 06/2016

Kaisergranat in FU 07/Fladengrund

gültig 11/2015 - 06/2016

Zum aktuellen Bestandsdatenblatt

Zugehörige Fischart

Kaisergranat

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee
Fanggebiet:Nordsee - FU 7/Fladengrund FAO 27
Art:Nephrops norvegicus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Die Verbreitung von Kaisergranat ist an bestimmte Weichböden gebunden und dadurch sehr fleckenhaft. Die Begutachtung durch den ICES erfolgt daher für kleinere „funktionelle Einheiten“ (FUs). In der Nordsee (ICES-Gebiet IV) werden 9 FUs unterschieden. Für FU 7, die nach Anlandemenge derzeit zweitwichtigste Einheit, gibt es eine jährliche Bestandsberechnung und Fangempfehlung unter Verwendung einer wissenschaftlichen Forschungsreise und Fangdaten (mit Längenmessungen). Auf der Forschungsreise werden mit Unterwasserkameras die Bauten der Tiere gezählt und so auf die Bestandsgröße (Individuenzahlen) geschlossen. Längendaten oder Altersstrukturen können so aber nicht ermittelt werden. Referenzwerte nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Btrig, Fmsy) sind definiert. Btrig bezieht sich in diesem Fall auf die Individuenzahl, Fmsy auf die Nutzungsrate. [844] [852]

 

Wesentliche Punkte

November 2015: Die Bestandsberechnung wurde im November aktualisiert, da neue Daten aus der Forschungsreise im Juni vorliegen. Die Häufigkeit von Kaisergranat in FU7/Fladengrund ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Die Individuenzahlen erreichen den niedrigsten Wert der Zeitreihe und liegen nun knapp unter dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY). Die Nutzungsrate ist etwas gestiegen, liegt aber noch immer weit unter dem MSY-Referenzwert. [844] [852]

 

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz)

   Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

 

Die Klassifizierung der Reproduktionskapazität beruht auf der Häufigkeit/Individuenzahl. Als Maß für den Fischereidruck dient hier die Nutzungsrate.

 

Bestands­entwicklung

Seit 21 Jahren werden auf dem Fladengrund (FU 7) Forschungsreisen mit Unterwasserkameras durchgeführt. Trotz starker Schwankungen konnte bis 2008 eine Zunahme der Bauten (bzw. der Anzahlen) beobachtet werden, die höchsten Werte wurden 2007 und 2008 erreicht. Danach sanken die Individuenzahlen und 2015 wurde der niedrigste Wert der Zeitreihe erreicht. Die Individuenzahlen liegen knapp unter dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY). Die Anlandungen sind von 1990 bis 2009 gestiegen, nahmen dann stark ab, sind aber 2014 wieder etwas gestiegen. Die Nutzungsrate ist vor 2007 möglicherweise nicht verlässlich, da nicht alle Anlandungen gemeldet wurden. In den letzten Jahren ist die Nutzungsrate gesunken und liegt weit unter dem MSY-Referenzwert. Informationen zur Nachwuchsproduktion stehen nicht zur Verfügung, es gibt aber Hinweise, dass sie in den letzten Jahren schwächer geworden ist. [844] [852]

 

Ausblick

Aufgrund der zu geringen Individuenzahlen fällt die Fangempfehlung zumindest kurzfristig niedriger aus. Die empfohlenen Höchstfangmengen wurden in den letzten Jahren aber nie erreicht, die Fangmengen könnten also stabil bleiben. [844] [852]

 

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Kaisergranat ist an bestimmte Weichböden mit einem Schluff- und Tongehalt von 10-100% gebunden, in dem er seine Höhlen und Gänge bauen kann. Die Verfügbarkeit dieses Sediments bestimmt also die Verbreitung der Tiere. Die erwachsenen Tiere bewegen sich in ihrem Gebiet nur einige 100 m, die im Wasser treibenden Larven (Plankton) hingegen können über Strömungen weiter verbreitet werden. Temperatur und hydrographische Faktoren haben einen Einfluss auf den Erfolg der Nachwuchsproduktion.
Kabeljau ist ein wichtiger Räuber von Kaisergranat. Der zurzeit schwache Kabeljau-Bestand in der Nordsee übt nur einen geringen Einfluss auf Kaisergranat aus. Wenn der Kabeljau-Bestand sich weiter erholt, ist jedoch eine Abnahme von Kaisergranat in der Nordsee zu erwarten. [844] [852]

Wer und Wie

Die Fischerei auf Kaisergranat auf dem Fladengrund (FU 7) wird über eine gemeinsame Höchstfangmenge (TAC) für alle funktionellen Einheiten in den EU-Gewässern der Nordsee reguliert. Außerdem gibt es Aufwandsbeschränkungen und Gebietsschließungen zum Schutz des Kabeljau-Bestandes sowie technische Regularien (z.B. Maschenweiten) auf EU- und nationaler Ebene. Die minimale Anlandelänge für Kaisergranat in der Nordsee (EU-Gewässer) beträgt 25 mm Panzerlänge (Carapaxlänge). [48] [422] [798] [844] [852]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die Fangempfehlungen des ICES beziehen sich jeweils auf die funktionellen Einheiten (FUs) von Kaisergranat und können daher nicht mit der Höchstfangmenge (TAC) für die gesamte Nordsee verglichen werden. Für Kaisergranat auf dem Fladengrund empfahl der ICES 2006 bis einschließlich 2009, den Aufwand nicht zu erhöhen, seit 2011 wird eine Empfehlung im Rahmen des Konzeptes zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) ausgesprochen. Die tatsächlichen Anlandungen aus FU 7 liegen seit 2010 unter den Empfehlungen. Der ICES empfiehlt eine Anpassung der Managementgebiete an die FUs. Das würde auch verhindern, dass nicht genutzte Fangmöglichkeiten aus FU 7 in andere Gebiete verlagert werden, wo dann lokal ggf. zu viel entnommen wird. [844] [852]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Kaisergranat auf dem Fladengrund ist eine der 9 funktionellen Einheiten in ICES-Gebiet IV. Die Bewirtschaftung erfolgt über eine gemeinsame Höchstfangmenge in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa und IV. Verbreitungs- und Managementgebiete stimmen nicht überein. [798] [844] [852]

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2014: FU 7: 4,2, Anlandungen: 4,1 überwiegend Grundschleppnetze

TACs (IIa & IV EU-Gewässer/

EU-Quote in norw. Gewässern)

2009: 24,8/1,2  2010: 24,7/1,2  2011: 23,5/1,2
2012: 21,9/1,2  2013: 17,4/1,0  2014: 15,5/1,0
2015: 17,8/1,0   [798] [844] [852]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge von Kaisergranat auf dem Fladengrund (FU 7). Durch die Einführung strengerer Regularien im Vereinigten Königreich sind die Anlandedaten ab 2007 verlässlicher geworden. [844] [852]

 

Struktur und Fangmethode

Die Fischerei auf dem Fladengrund (FU 7) ist die bedeutendste Kaisergranat-Fischerei Schottlands und – mit der in den Farn Deeps (FU 6) – eine der größten in der Nordsee. Kaisergranat wird hier in einer gemischten Fischerei mit Schellfisch, Wittling, Kabeljau, Seeteufel und Plattfischen gefangen, außerdem gibt es gerichtete Fischereien. 99% der Fänge auf dem Fladengrund werden von Schottland getätigt. Minimale Mengen werden außerdem von Dänemark, Belgien, Norwegen und England entnommen. [844] [852]

 

Beifänge und Rückwürfe

Rückwurf von zu kleinen (untermaßigen) Tieren sowie Tieren von schlechter Qualität kommt in der Fischerei auf dem Fladengrund (FU 7) inzwischen selten vor. Die Rückwurfmengen sind in den letzten Jahren stark gesunken. Die Rückwurfrate lag 2000 bis 2014 im Mittel bei 8% (bezogen auf die Stückzahlen), 2014 waren es etwa 2,5%. Die reduzierten Rückwürfe sind möglicherweise auf eine geringere Nachwuchsproduktion (weniger kleine Tiere), aber auch auf die Nutzung größerer Maschenweiten und selektiverer Fanggeräte zurückzuführen. Die Sterblichkeit von zurückgeworfenem Kaisergranat ist wahrscheinlich hoch (etwa 75%).
In dieser Kaisergranat-Fischerei kommt es zu Beifang und Rückwurf von Kabeljau, sowie von jungem Schellfisch und Wittling. Durch den Einsatz von selektiverem Fanggerät (Bereiche mit größeren Quadratmaschen) soll dieser Beifang verringert werden. In EU-Gewässern der Nordsee gilt für Kaisergranat ein Verbot des „highgradings“ (Rückwurf legal anlandbarer Tiere), spätestens ab Januar 2019 gibt es ein vollständiges Anlandegebot. [631] [750] [844] [852]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Sie fangen neben den Zielarten auch Arten, die nicht kommerziell genutzt werden und deren Entnahme einen Einfluss auf das Ökosystem haben kann. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Die Spuren der Grundschleppnetze sind in dem weichen Boden, auf dem Kaisergranat gefangen wird, für längere Zeit sichtbar. Beobachtungen von frisch befischten Gebieten weisen aber auch auf eine höhere Widerstandsfähigkeit dieser Böden und ihrer Lebensgemeinschaften gegenüber der Schleppnetzbefischung hin. [7] [8] [30] [764] [844] [852]

 

Biologische Besonder­heiten

Kaisergranat lebt auf Weichboden, wo die Tiere einzeln 20-30 cm tiefe Gänge und Höhlen graben. Von der Anzahl der Bauten kann daher auf die Bestandsgröße geschlossen werden, die Öffnungen der Bauten sind auf Unterwasservideos gut erkennbar. Die Videoaufnahmen zeigen, dass die Dichte der Höhlenbauten auf dem Fladengrund (FU 7, im Schnitt etwa 0,2 pro Quadratmeter) geringer als in anderen Gebieten ist. Kaisergranat lebt mit verschiedensten Lebensgemeinschaften des Meeresbodens assoziiert. [844] [852]

 

Zusätzliche Informationen

Der Fladengrund ist eines der größten Weichbodengebiete in der Nordsee. Kaisergranat ist in dem gesamten Gebiet verbreitet und macht es zum größten bekannten Kaisergranat-Grund in Europa (etwa 30.000 Quadratkilometer). In den letzten drei Jahren wurden die Fangmengen wegen des abnehmenden Bestandes rechtzeitig reduziert. [844] [852]

 

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Kaisergranat vom Fladengrund (FU 7) nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

 

Soziale Aspekte

Die Fischerei auf Kaisergranat auf dem Fladengrund wird vor allem von Schiffen der schottischen Flotte durchgeführt, die zum Teil hochmodern und zwischen 12 und 35 m lang sind. Weitere nennenswerte Fänge werden nur von England und Dänemark getätigt. Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung richten sich nach den Regeln der jeweiligen Flaggenstaaten. [13] [844] [852]

 

AutorJahrTitelQuelle
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[48]Europäische Union (EU)2008Verordnung (EG) Nr. 1342/2008 des Rates zur Festlegung eines langfristigen Plans für die Kabeljaubestände und die Fischereien, die diese Bestände befischen, sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2004europa.eu
[422]Europäische Gemeinschaft (EG)1998Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates vom 30. März 1998 zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren.europa.eu
[631]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 227/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 des Rates über die zulässige Anlandung von Hering zu industriellen Zwecken ohne Bestimmung für den unmittelbaren menschlichen Verzehreuropa.eu
[750]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rateseuropa.eu
[764]ICES2014Report of the Advisory Committee, 2014. Book 6. North Sea. 6.3.15. Nephrops in Subarea IV (North Sea)ices.dk
[798]Europäische Union (EU)2015Verordnung (EU) 2015/104 des Rates vom 19. Januar 2015 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Unionsschiffe in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (2015) und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 43/2014 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 779/2014europa.eu
[844]ICES2015Report of the Working Group on the Assessment of Demersal Stocks in the North Sea and Skagerrak (WGNSSK), 28 April-7 May, ICES HQ, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2015/ACOM:13. 1031 pp.ices.dk
[852]ICES2015Report of the Advisory Committee, 2015. Book 6. 6.3.21 (update) Norway lobster (Nephrops norvegicus) in Division IVa, FU 7 (Northern North Sea, Fladen Ground)ices.dk