Bestandsdatenblatt

Ostsee-Scholle (24-32)

Gültig 05/2018 - 05/2019

Ostsee-Scholle (24-32)

gültig 05/2018 - 05/2019

Zum aktuellen Bestandsdatenblatt

Zugehörige Fischart

Scholle

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Ostsee
Fanggebiet:Ostsee (22-32) FAO 27
Art:Pleuronectes platessa

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Die Berechnung für diesen erst vor wenigen Jahren neu definierten Bestand ist noch in der Entwicklung und zeigt nur Trends auf. In die Berechnung gehen Fangdaten und die Daten von zwei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen ein. Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) sind Referenzwerte als Proxies (Kandidaten) für Laicherbiomasse und Fischereiliche Sterblichkeit definiert. Es wird eine nummerische Fangempfehlung gegeben, die auf der relativen Biomasse aus einer Bestandsberechnung basiert. [1054] [1061]

Wesentliche Punkte

2018: Die Trends aus der Bestandsberechnung weisen weiterhin auf eine kontinuierliche Zunahme der Laicherbiomasse hin. Der Fischereidruck wurde weiter gesenkt und erreicht einen historischen Tiefstwert. Bezogen auf mögliche Kandidaten (Proxies) für die MSY-Referenzwerte liegen Laicherbiomasse und Fischereidruck im grünen Bereich. [1054] [1061]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

    Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

    Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

    Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Informationen zu Laicherbiomasse, fischereilicher Sterblichkeit und Nachwuchsproduktion liegen vor, sind aber nur relativ und aufgrund der kurzen Zeitreihe sehr unsicher. Laicherbiomasse und Nachwuchsproduktion sind seit 2014, bzw. 2013 erheblich gestiegen. Der Fischereidruck sinkt seit 2011 und erreichte 2017 den niedrigsten Wert der Zeitreihe. Die höchsten Anlandungen aus diesem Schollenbestand wurden Ende der 1970er (1979: 4.530 t) Jahre erreicht. 1993 wurden dagegen nur 80 t angelandet. Ab 1995 kam es wieder zu einem Anstieg und seitdem wurden jährlich zwischen 500 und 1.200 t Scholle aus diesem Bestand angelandet. Die Fänge dürften rund doppelt so hoch liegen, denn für einige Fischereien sind die Fangmengenbegrenzungen sehr restriktiv und die Rückwurfraten daher hoch. [1054] [1061]

Ausblick

Bei unveränderter Nachwuchsproduktion dürften die Fangmöglichkeiten weiter steigen. [1054] [1061]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Verbreitung der Scholle in der Ostsee ist vor allem abhängig vom Salzgehalt. Die Häufigkeit der Art nimmt mit dem Salzgehalt von Westen nach Osten und Norden hin ab. Da die pelagischen (frei schwebenden) Eier der Scholle einen bestimmten Salzgehalt für den erforderlichen Auftrieb benötigen, kann in den östlicheren Gebieten ein erfolgreiches Laichen nur in den tieferen Becken erfolgen. Ausreichend gute Bedingungen sind regelmäßig im Arkona- und Bornholm-Becken zu finden, im Danziger und Gotland-Becken hingegen nur sporadisch nach dem Einstrom von salzhaltigem Nordseewasser. [398] [399] [1054] [1061]

Wer und Wie

Die Bewirtschaftung von Scholle in der Ostsee erfolgt durch die EU über eine Begrenzung der Anlandemenge (TAC) für die gesamte Ostsee (EU-Gewässer der ICES-Gebiete 22-32). Ein neuer EU-Managementplan für Dorsch und alle pelagischen Bestände der Ostsee, der Beifänge von Schollen berücksichtigt, ist 2016 in Kraft getreten. Seit Januar 2017 gilt ein Rückwurfverbot für Scholle in der Ostsee. Das Management erfolgt außerdem durch technische EU-Verordnungen (z.B. Maschenweiten und Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung) und die jeweiligen Landesregeln (z.B. saisonale Gebietsschließungen. [206] [750] [977] [1040] [1054] [1055] [1061]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Seit Unterteilung der Schollen in der Ostsee in zwei Bestände 2013 bezieht sich die Fangempfehlung für diesen Bestand auf die ICES-Gebiete 24-32, während die Höchstfangmenge (TAC) weiterhin für die „alten“ Gebiete 22-32 festgelegt wird. Ein Vergleich von Wissenschaft und Management ist also nicht möglich. Die Anlandungen (ab 2016 Fänge) aus diesem Bestand lagen 2013 bis 2016 aber unter der wissenschaftlichen Empfehlung. Die Empfehlungen beziehen sich seit 2016 auf den Gesamtfang, nicht mehr auf die Anlandungen. Der ICES übersetzt seit 2016 die bestandsbezogene Fangempfehlung in TACs für die Managementgebiete, auf der Basis der historischen Verteilung der Fänge auf die beiden Managementgebiete. [1054] [1061]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in den ICES-Gebieten 24-32 verbreitet. Die Verbreitung ist vom Salzgehalt abhängig und reicht daher östlich bis in die Danziger Bucht und im Norden ins Gebiet um Gotland. Sporadisch kann die Ostsee-Scholle aber auch noch nördlicher angetroffen werden. Es wird eine Höchstfangmenge (TAC) für die EU-Gewässer der ICES-Gebiete 22-32 festgelegt. Verbreitungs- und Managementgebiet stimmen nicht überein. [1040] [1054] [1061]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2017: 1,06, Anlandungen: 0,65 (99,4% aus Gebieten 24 und 25); davon 81% Grundschleppnetze, 19% passive Fanggeräte (Stellnetze); bekannte Rückwürfe: 0,41; davon 87% Grundschleppnetze, 13% passive Fanggeräte (Stellnetze)
TACs (ICES-Gebiete 22-32) 2010: 3,0 2011: 3,0 2012: 2,9 2013: 3,4 2014: 3,4 2015: 3,4 2016: 4,0 2017: 7,9 2018: 7,1 [1040] [1054] [1061]

IUU-Fischerei

Es gibt Hinweise, dass die seit 2017 geltende Anlandeverpflichtung für Ostsee-Scholle bisher nicht erfolgreich durchgesetzt wird und es zu erheblichen Mengen an Rückwürfen kommt. [1054] [1061]

Struktur und Fangmethode

Scholle wird in der Ostsee (24-32) als Beifang in der Dorsch-Fischerei sowie in der gemischten Plattfisch-Fischerei gefangen. Die Fischerei auf diesen Bestand findet vor allem in der Arkona- und der Bornholmsee (ICES-Gebiete 24 und 25 mit 99,4% der Anlandungen in 2017) statt. Es wird hier jedoch weniger gefangen als in den Gebieten 22 und 23, in denen nach derzeitiger Definition ein anderer Bestand verbreitet ist. Hauptfangnation war 2017 Polen, außerdem landen Dänemark, Deutschland (2017: 143 t) und Schweden Ostsee-Scholle an. [1054] [1061]

Beifänge und Rückwürfe

Seit dem 1. Januar 2017 ist der Rückwurf von Scholle in der Ostsee verboten. Fänge mit Fallen und Reusen sind wegen hoher Überlebenschancen vom Anlandegebot ausgenommen. Durch Fraß beschädigter Fisch fällt ebenfalls nicht unter das Anlandegebot. Scholle ist selbst zum Teil Beifang. Die Menge der Rückwürfe ist trotz des Anlandegebotes sehr hoch, vor allem für die Flotten, die keine oder nur eine geringe Schollenquoten haben, vollständige Daten liegen aber nicht vor. 2014 betrug der bekannte Rückwurf von Schollen aus diesem Bestand knapp 50% des Gesamtfanges (bezogen aufs Gewicht), konnte 2015 auf 34% reduziert werden, stieg aber 2016 wieder auf 67% an. 2017 waren es knapp 39%. Der hohe Wert 2016 geht vor allem auf dänische Trawler in Gebiet 25 im 4. Quartal zurück. Die geringen Fangmöglichkeiten für westlichen Dorsch müssten sich zumindest 2017 und 2018 limitierend auf die Schollenfischerei auswirken. Wie viele Fische den Rückwurf überleben, ist nicht klar, die Überlebensraten hängen stark von den Randbedingungen (Temperatur, Schleppzeit, Fangzusammensetzung usw.) ab. [750] [1054] [1055] [1061]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Potentiell problematisch können Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern in Stellnetzen sein. Der Einsatz von Stellnetzen ist in der Ostsee verboten. [30] [97] [206] [208] [1054] [1061]

Biologische Besonder­heiten

Die Scholle laicht in der Ostsee zwischen Februar und März in den verschiedenen Becken (abhängig vom Salzgehalt). Die Aufwuchsgebiete liegen im Flachwasser bis in etwa 10 m Tiefe. [399] [1054] [1061]

Zusätzliche Informationen

Es ist mindestens bis 2019 nicht zu erwarten, dass die Schollenquoten die Dorschfischerei beschränken werden. Vielmehr dürfte die Verfügbarkeit der Dorschquoten in der westlichen Ostsee die Ausschöpfung der Schollenquoten behindern. Scholle wird daher nach Einführung des Anlandegebotes zunächst keine fanglimitierende Art („choke species“) sein. Die deutsche Flotte hat 2017 142 t Scholle aus dem ICES-Gebiet 24 und 1 t aus Gebiet 25 angelandet. Eine größere Rolle spielt für diese Fischerei der Bestand der Scholle in Kattegat, Belten und im Sund (21-23), aus dem größere Mengen angelandet wurden (aus Gebiet 22). [1054] [1061]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Ostsee-Scholle nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [12] [13] [1054] [1061]

Marktdaten: Alle Schollenarten auf dem deutschen Markt zusammengefasst.

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 4.602 t (2021: 4.318 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 0,4 % (2021: 0,4 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Bristolkanal, Südöstl. Irlands (7.f, g) 0,5 0,8 - Biomasse nur als Index 06/2022 -
06/2024
Irische See (7.a) 0,2 0,7 9,9 - 06/2023 -
06/2024
Kattegat, Belte, Sund (21-23) 1,5 2,3 23,2 - 05/2023 -
05/2024
Nordsee & Skagerrak (4, 3.a20) 35,7 72,9 930,2 neuer Managementplan ab 2018 06/2022 -
06/2023
Östlicher Kanal (7.d) 1,6 7,5 31,8 gemeinsamer TAC für 7.d/e 06/2023 -
06/2024
Ostsee (24-32) 0,5 0,6 - Laicherbiomasse & Fischereidruck nur als relative Werte 05/2023 -
05/2024
Westlicher Kanal (7.e) 1,4 1,5 - gemeinsamer TAC für 7.d/e, Biomasse nur als Index 06/2022 -
06/2024

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[12]Europäische Gemeinschaften2009Die Gemeinsame Fischereipolitik. Ein Leitfaden für Benutzerec.europa.eu
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[97]Zydelis R, Bellebaum J, Österblom H, Vetemaa M, Schirmeister B, Stipniece A, Dagys M, van Eerden M, Garthe S2009Bycatch in gillnet fisheries – An overlooked threat to waterbird populations Biological Conservation 142:1269–1281
[206]Europäische Union (EG)2005Verordnung (EG) Nr. 2187/2005 des Rates vom 21. Dezember 2005 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen in der Ostsee, den Belten und dem Öresund, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 88/98europa.eu
[208]Bellebaum, J2011Untersuchung und Bewertung des Beifangs von Seevögeln durch die passive Meeresfischerei in der Ostsee. BfN-Skripten 295 Bundesamt für Naturschutz, ISBN 978-3-89624-030-9, www.bfn.de
[398]ICES2010Report of the ICES/HELCOM Workshop on Flatfish in the Baltic Sea (WKFLABA), 8 - 11 November 2010, Öregrund, Sweden. ICES CM 2010/ACOM:68. 85pphttps://doi.org/10.17895/ices.pub.19280705
[399]Nissling A, Westin L, Hjerne O2002Reproductive success in relation to salinity for three flatfish species, dab (Limanda limanda), plaice (Pleuronectes platessa), and flounder (Pleuronectes flesus), in the brackish water Baltic Sea ICES Journal of Marine Science, 59: 93–108
[750]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rateseuropa.eu
[977]Europäische Union (EU)2016VERORDNUNG (EU) 2016/1139 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 6. Juli 2016 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Bestände von Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee und für die Fischereien, die diese Bestände befischen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2187/2005 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1098/2007 des Rateseuropa.eu
[1040]Europäische Union (EU)2017VERORDNUNG (EU) 2017/1970 DES RATES vom 27. Oktober 2017 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee für 2018 und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/127europa.eu
[1054]ICES2018ICES Advice on fishing opportunities, catch, and effort, Baltic Sea Ecoregion, Plaice (Pleuronectes platessa) in subdivisions 24–32 (Baltic Sea, excluding the Sound and Belt Seas), 2018ices.dk
[1055]Europäische Union (EU)2017DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/306 DER KOMMISSION vom 18. Dezember 2017 zur Festlegung von Spezifikationen für die Umsetzung der Anlandeverpflichtung für Dorsch und Scholle in den Fischereien in der Ostseeeuropa.eu
[1061]ICES2018Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS), 6–13 April 2018, ICES HQ, Copenhagen, Denmark. 718 pp.ices.dk