Island-Seelachs
gültig 06/2010 - 06/2011
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Zugehörige Fischart
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Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Islandschelf |
Fanggebiet: | Island (5.a) FAO 27 |
Art: | Pollachius virens |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk und Hafrannsóknastofnunin (Isländisches Meeresforschungsinstitut), Reykjavik, www.hafro.is
Methode, Frequenz
Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Anlandedaten und einer wissenschaftlichen Forschungsreise (Frühjahrssurvey mit Altersgruppen 1-10). Neben den ICES-Empfehlungen gibt es die des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI). 2010 wurden die Datenreihen überarbeitet, die Berechnungsmethode geändert und die Referenzwerte revidiert. Nach dem Vorsorgeansatz ist nur ein Referenzwert (Blim) definiert. Die Referenzwerte nach dem Ansatz des höchsten Dauerertrages (Btrig, Fmsy) beruhen auf Simulationen. Die Bestandberechnung ist aufgrund spärlicher Daten für die Feinabstimmung des Modells eher unsicher. [41] [103] [105] [106]
Wesentliche Punkte
2009/10: Im Februar 2010 wurden die Referenzwerte für Island Seelachs überarbeitet. Die Veränderung des Berechnungsmodelles lässt den Bestandszustand nun deutlich schlechter erscheinen: Die fischereiliche Sterblichkeit ist auf einen historischen Höchststand gestiegen und die Biomasse sinkt kontinuierlich. [103] [105]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
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volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz) |
|
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
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Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz) |
Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) |
übernutzt (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Nach dem zweiten Weltkrieg war die Fischerei um Island von ausländischen Flotten dominiert. Deutsche Trawler haben vor allem nach Seelachs und Rotbarsch gefischt. Nach Ausweitung der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in den 1970er Jahren fischen hier jedoch hauptsächlich isländische Schiffe. Die Anlandungen nahmen seit Mitte der 1980er Jahre zu, einhergehend mit steigender fischereilicher Sterblichkeit und ab Anfang der 1990er Jahre abnehmender Laicherbiomasse. Die Laicherbiomasse erreichte 1996 ihren bisherigen Tiefpunkt (Bloss = Blim), stieg bis 2005 wieder an, nimmt seitdem aber wieder kontinuierlich ab. Die fischereiliche Sterblichkeit steigt seit 2001 fast kontinuierlich. [103] [105]
Ausblick
Die Nachwuchsproduktion der letzten Jahre war nur mittelmäßig. Bei einer Bewirtschaftung nach dem Konzept des höchsten Dauerertrages (MSY) wird es in den nächsten Jahren leicht sinkende oder zumindest keine steigenden Fangmengen geben. Die fischereiliche Sterblichkeit muss gesenkt werden, wenn die Laicherbiomasse nicht in naher Zukunft unter den Limit-Referenzwert sinken soll. [103]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Der isländische Seelachs lebt nah an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze. Daher ist auch nur ein kleiner Teil des Bestandes in kälterem Wasser entlang der nördlichen und östlichen Küste zu finden. In wärmeren Jahren kann sich die Verteilung jedoch ändern und in den letzten Jahren verlagerten sich sowohl die Fischerei, als auch die Forschungsreisen weiter nach Norden. Abweichungen in der Verbreitung der großen pelagischen Bestände wie blauer Wittling und atlantoskandischer Hering beeinflussen ebenfalls das Wanderverhalten des Seelachses. Veränderungen der altersspezifischen Länge und des Gewicht konnten bisher nicht eindeutig fischereilichen oder Umwelteinflüssen zugeordnet werden. [103] [105]
Wer und Wie
Die isländische Fischerei wird vom dortigen Ministerium für Fischerei und Landwirtschaft gemanagt. Es ist für die entsprechenden Gesetze und Regularien verantwortlich und entscheidet auch über die erlaubten Höchstfangmengen. Die Entscheidungen stützen sich auf die Empfehlungen des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI).
Die Quoten und Anlandungen werden auf ein Fischereijahr von September bis Ende August bezogen. Alle Anlandungen sind nur an lizensierten Anlandeplätzen möglich und werden zentral registriert. Das isländische Managementsystem basiert auf individuellen transferierbaren Quoten (ITQs), seit 1991 sind über 90 % der Fischereirechte handelbar. Es gibt keinen spezifischen Managementplan für Island Seelachs, die Referenzwerte zur Erlangung des höchsten Dauerertrages Fmsy und Btrig werden aber als mögliche Kandidaten für Managementziele im Rahmen einer Harvest control rule betrachtet. Die Fischerei wird neben den festgesetzten Höchstfanggmengen (TACs) über weitere Vorschriften wie minimale Maschenweiten und Gebietsschließungen reguliert. [31] [103] [105]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Die Empfehlungen des ICES und des Isländischen Meeresforschungsinstitutes (MRI) unterschieden sich in den letzten 6 Jahren nicht wesentlich, mit Ausnahme des Fischereijahres 2008/09. Die erlaubten Höchstfangmengen (TACs) wurden in den letzten 3 Jahren über den wissenschaftlichen Empfehlungen festgesetzt, aber nicht komplett ausgefischt. Für das Fischereijahr 2010/11 stimmen die Empfehlungen des ICES und des MRI überein (weniger als 40.000 t), die Höchstfangmenge wurde aber auf 50.000 t festgesetzt. [31] [41] [103]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der Bestand ist auf dem gesamten Islandschelf verbreitet. Seelachs um Island wird als ein Bestand betrachtet, obwohl Markierungexperimente auf Zu- und in geringerem Maße Abwanderungen hinweisen. [105] [107]
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | Anlandungen 2009: 60,0 (Fischereijahr 2008/09: 62,0); davon Grundschleppnetze 75%, Kiemennetze 15%, Handleinen, Danish seine und andere 10% |
TACs | 2006/07: 80 2007/08: 75 2008/09: 65 2009/10: 50 2010/11: 50 [31] [103] |
IUU-Fischerei
Es gibt keine Hinweise auf unberichtete oder illegale Fänge von Island-Seelachs.
Struktur und Fangmethode
Isländischer Seelachs wird sowohl in gezielter Fischerei als auch gemischt mit Kabeljau und Schellfisch gefangen. Der größte Anteil entfällt auf Trawler, Kiemennetze werden vor allem von 13 Fahrzeugen verschiedener Größe verwendet. Die 50 Haupttrawler haben 2008 85% des Gesamtfanges entnommen. Der Rest verteilt sich auf viele kleine Fahrzeuge, die unter anderem mit Handleine auf Kabeljau, Schellfisch und Plattfischfang gehen und Seelachs beifangen. Die Fischerei ist ganzjährig. Gefischt wird hauptsächlich entlang des Kontinentalabhanges vor der Süd- und Westküste, wo wahrscheinlich die Hauptfraßgründe der Fische liegen. [31] [103] [105]
Beifänge und Rückwürfe
Seelachs wird in einer gemischten Rundfischfischerei gefangen; unerwünschte Beifänge sind selten. Der Rückwurf von Fisch mit ökonomischem Wert ist in isländischen Gewässern verboten. Es gibt keine minimalen Anlandegrößen. Um Rückwürfe tatsächlich zu minimieren, ist etwas Flexibilität in der Quotennutzung erlaubt, kleine Fische werden z.B. nicht voll auf die Quote angerechnet. Rückwürfe machen nur 1-2 % der Gesamtfänge aus. [31] [105]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Einen negativen Effekt hat dieses Gerät auf die Fauna des Hartbodens, hier hat als Folge des Einsatzes von Grundschleppnetzen die Abundanz von z.B. Schwämmen und Kaltwasser-Korallen abgenommen. Beim Seelachsfang können die Netze allerdings fast ohne Grundberührung eingesetzt werden. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. [30] [83] [178]
Biologische Besonderheiten
Seelachs wird auf dem gesamten isländischen Schelf gefunden, ist im kälteren Wasser nördlich und östlich der Insel aber seltener. Er ist ein schneller Schwimmer, der Wanderungen in Fraß- und Laichgebiete unternimmt. Markierungsexperimente ergaben auch weite Wanderungen zwischen Beständen, z.B. aus nördlicheren Gebieten nach Island und zu den Färöer Inseln. Abwanderung aus isländischen Gewässern kommen hingegen wohl seltener vor. [31] [103] [107]
Zusätzliche Informationen
Seelachs gehört zu den fünf kommerziell wichtigsten Fischarten Islands. Der größte Abnehmer ist Deutschland. Zweitgrößter Abnehmer sind die Niederlande. Beide Märkte werden vor allem mit gefrorenen Filets beliefert, wohingegen nach Spanien vor allem gesalzener und nach Nigeria Trockenfisch exportiert wird.
In Island ist auch das Angeln von Seelachs sehr populär. Besonders Kinder stehen an den Hafenanlagen der Insel und angeln vor allem junge Seelachse [14] [31]
Zertifizierte Fischereien
Bislang ist keine Fischerei auf Island Seelachs nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.
Soziale Aspekte
Die Seelachsfischerei um Island wird hauptsächlich von Isländischen Schiffen betrieben. Fischerei und Fischverarbeitung machen in Island ungefähr 11 % des BIP und 9 % der Beschäftigten aus. Seit Einführung der individuell transferierbaren Quoten (ITQs) sind die Produktivität und der Mehrwert pro Beschäftigten gestiegen. Das Einkommen der Fischer ist im Vergleich zu den Einkommen anderer Sektoren hoch. Allerdings hat die Einführung der ITQs anscheinend zu keiner wesentlichen Rentabilitätssteigerung in der Fischerei geführt. In strukturschwachen Gebieten verursachte die Abwanderung einzelner Quoteneigner eine erhöhten Arbeitslosigkeit in der Fischerei und in der fischverarbeitenden Industrie. [13] [31] [130]
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[30] | Food and Agriculture Organization (FAO) | FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010] | fao.org | |
[31] | Ministry of Food, Agriculture and Fisheries, Island | Informationsseite des isländischen "Ministry of Food, Agriculture and Fisheries" | government.is | |
[41] | Marine and Freshwater Research Institute (MFRI), Island | Advice-Dokumente zum Status der Meeresfischbestände in Isländischen Gewässern (auf Isländisch und Englisch). | hafogvatn.is | |
[83] | Fossa JH, Mortensen PB, Furevik DM | 2002 | The deep-water coral Lophelia pertusa in Norwegian waters: distribution and fishery impacts | Hydrobiologia 471:1-12 |
[103] | ICES | 2010 | Report of the Advisory Committee, 2010. Book 2. Iceland and Greenland. 2.4.2. Saithe in Division Va (Icelandic saithe) | ices.dk |
[105] | ICES | 2010 | Report of the North-Western Working Group (NWWG), 27 April - 4 May 2010, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2010/ACOM:07. 751 pp. 8 Saithe in Icelandic waters | ices.dk |
[106] | ICES | 2010 | Report of the Benchmark Workshop on Roundfish (WKROUND), 9–16 February 2010, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2010/ACOM:36. 183 pp. | ices.dk |
[107] | Armannsson H, Jonsson ST, Neilson JD, Marteinsdottir G | 2007 | Distribution and migration of saithe (Pollachius virens) around Iceland inferred from mark-recapture studies | ICES Journal of Marine Science, 64: 1006–1016 |
[130] | Europäisches Parlament | 2003 | Fischereibewirtschaftung durch Systeme übertragbarer Rechte. Generaldirektion Wissenschaft, Vorläufige Ausgabe | Reihe Fischerei, FISH 111 DE 04-2003 |
[178] | FAO Food and Agriculture Organization | 2016 | Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management | FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016 |