Island-Seelachs
gültig 06/2012 - 06/2013
Zum aktuellen Bestandsdatenblatt
Zugehörige Fischart
Archiv
Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Islandschelf |
Fanggebiet: | Island (5.a) FAO 27 |
Art: | Pollachius virens |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk und Hafrannsóknastofnunin (Isländisches Meeresforschungsinstitut, MRI), Reykjavik, www.hafro.is
Methode, Frequenz
Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Anlandedaten und einer wissenschaftlichen Forschungsreise (Frühjahrssurvey). Neben den ICES-Empfehlungen gibt es die des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI). Die Referenzwerte nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Btrig, Fmsy) sind definiert, nach dem Vorsorgeansatz ist nur ein Referenzwert (Blim) festgelegt. Die Bestandberechnung ist eher unsicher, unter anderem weil die Daten aus den Forschungsreisen stark schwanken und verlässliche Daten über die Nachwuchsproduktion nicht früh genug verfügbar sind. [41] [517] [518]
Wesentliche Punkte
2011/12: Der Bestand liegt nun nach allen Referenzwerten im grünen Bereich. Er wird seit 2011 nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) bewirtschaftet. Die Höchstfangmenge 2011/12 wurde jedoch wieder höher als die Empfehlungen von ICES und MRI festgesetzt. Ein MSY-konformer Managementplan ist in Entwicklung und wird vermutlich noch dieses Jahr eingerichtet. [517]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
---|
volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz) |
Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) |
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
---|
Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz) |
Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) |
angemessen (nach höchstem Dauerertrag) |
Bpa ist nicht definiert, die Laicherbiomasse liegt aber über Blim, welcher dem Btrigger nach dem MSY-Konzept entspricht.
Bestandsentwicklung
Nach dem zweiten Weltkrieg war die Fischerei um Island von ausländischen Flotten dominiert. Deutsche Trawler haben vor allem nach Seelachs und Rotbarsch gefischt. Seit Ausweitung der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in den 1970er Jahren fischen hier jedoch hauptsächlich isländische Schiffe. Die Anlandungen nahmen seit Mitte der 1980er Jahre zu, einhergehend mit steigender fischereilicher Sterblichkeit und ab Anfang der 1990er Jahre abnehmender Laicherbiomasse. Die fischereiliche Sterblichkeit stieg bis 1995 an, wurde danach schnell reduziert und schwankte seit Ende der 1990er Jahre knapp oberhalb des Referenzwertes. Die Laicherbiomasse erreichte 1997 ihren bisherigen Tiefpunkt, stieg bis 2006 wieder an, nahm bis 2011 aber erneut ab. Die Nachwuchsproduktion ist seit 2003 eher überdurchschnittlich. Der Bestand wird zurzeit nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) bewirtschaftet. [31] [517] [518]
Ausblick
Bei stabiler, eher überdurchschnittlicher Nachwuchsproduktion ist zu erwarten, dass der Bestand weiter anwächst und der Fischereidruck unter Fmsy gehalten werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass das Management nicht erheblich von den wissenschaftlichen Empfehlungen abweicht. [41] [517]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Der isländische Seelachs lebt nah an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze. Daher ist auch nur ein kleiner Teil des Bestandes in kälterem Wasser entlang der nördlichen und östlichen Küste zu finden. In wärmeren Jahren kann sich die Verteilung jedoch ändern, und in den letzten Jahren verlagerten sich sowohl die Fischerei, als auch die Forschungsreisen weiter nach Norden. Abweichungen in der Verbreitung der großen pelagischen Bestände wie blauer Wittling und atlanto-skandischer Hering beeinflussen ebenfalls das Wanderverhalten des Seelachses. Veränderungen der altersspezifischen Länge und des Gewicht konnten bisher nicht eindeutig fischereilichen oder Umwelteinflüssen zugeordnet werden. [517] [518]
Wer und Wie
Die isländische Fischerei wird vom dortigen Ministerium für Fischerei und Landwirtschaft bewirtschaftet. Es ist für die entsprechenden Gesetze und Regularien verantwortlich und entscheidet auch über die erlaubten Höchstfangmengen. Die Entscheidungen stützen sich auf die Empfehlungen des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI) unter Berücksichtigung von sozio-ökonomischen Aspekten. Die Quoten und Anlandungen werden auf ein Fischereijahr von September bis Ende August bezogen. Alle Anlandungen sind nur an lizensierten Anlandeplätzen möglich und werden zentral registriert. Das isländische Managementsystem basiert auf individuellen transferierbaren Quoten (ITQs), seit 1991 sind über 90% der Fischereirechte handelbar. Ein MSY-konformer Managementplan für Island-Seelachs ist in der Entwicklung und soll noch in diesem Jahr eingerichtet werden. Die Fischerei wird neben den festgesetzten Höchstfangmengen (TACs) über weitere Vorschriften wie minimale Maschenweiten und Gebietsschließungen reguliert. [31] [516] [517] [518] [519]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Die Empfehlungen des ICES und des Isländischen Meeresforschungsinstitutes (MRI) unterschieden sich in den letzten Jahren nicht wesentlich, mit Ausnahme des Fischereijahres 2008/09. Die erlaubten Höchstfangmengen (TACs) wurden in den letzten 4 Jahren deutlich über den wissenschaftlichen Empfehlungen festgesetzt. Für das Fischereijahr 2012/13 stimmen die Empfehlungen des ICES und des MRI erneut überein (weniger als 49.000 t), der TAC wurde auf 50.000 t festgelegt. [31] [41] [517] [550]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der Bestand ist auf dem gesamten Islandschelf verbreitet. Seelachs um Island wird als ein Bestand betrachtet, obwohl Markierungexperimente auf Zu- und in geringerem Maße Abwanderungen hinweisen. Verbreitungs- und Managementgebiet sind annähernd identisch. [31] [517] [518]
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | Anlandungen 2010/2011 51,0; davon Grundschleppnetze 80%, Kiemennetze 7%, Handleinen, Danish seine und andere 13% |
TACs | 2007/08: 75,0 2008/09: 65,0 2009/10: 50,0 2010/11: 50,0 2011/12: 52,0 2012/13: 50,0 [31] [517] [550] |
IUU-Fischerei
Es gibt keine Hinweise auf unberichtete oder illegale Fänge von Island-Seelachs. [517] [518]
Struktur und Fangmethode
Isländischer Seelachs wird sowohl in gezielter Fischerei als auch gemischt mit Kabeljau und Schellfisch gefangen. Der größte Anteil entfällt auf Trawler, Kiemennetze werden vor allem von 13 Fahrzeugen verschiedener Größe verwendet. Die 50 Haupttrawler haben 2008 85% des Gesamtfanges entnommen. Der Rest verteilt sich auf viele kleine Fahrzeuge, die unter anderem mit Handleine auf Kabeljau, Schellfisch und Plattfischfang gehen und Seelachs beifangen. Die Fischerei ist ganzjährig. Gefischt wird hauptsächlich entlang des Kontinentalabhanges vor der Süd- und Westküste, wo wahrscheinlich die Hauptfraßgründe der Fische liegen. In letzter Zeit werden verstärkt jüngere Tiere gefischt. [31] [516] [519]
Beifänge und Rückwürfe
Unerwünschte Beifänge sind in dieser Fischerei selten. Der Rückwurf von Fisch mit ökonomischem Wert ist in isländischen Gewässern verboten. Es gibt keine minimalen Anlandegrößen. Um Rückwürfe tatsächlich zu minimieren, ist etwas Flexibilität in der Quotennutzung erlaubt, außerdem werden kleine Fische nicht voll auf die Quote angerechnet. Rückwürfe von Seelachs liegen in der Größenordnung von 1-2% der Anlandungen (nach Anzahl). Wenn bei Inspektionen (keine 100%ige Abdeckung) zu viele kleine Fische in den Fängen vorkommen, werden einzelne Gebiete zeitnah für die Fischerei geschlossen. [31] [516] [517] [519]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Einen negativen Effekt hat dieses Gerät auf die Fauna des Hartbodens, hier hat als Folge des Einsatzes von Grundschleppnetzen die Häufigkeit von z.B. Schwämmen und Kaltwasser-Korallen abgenommen. Die Kartierung der empfindlichen Riffe schreitet voran und einige Gebiete um Island sind zum Schutz dieser Kaltwasser-Riffe für die Fischerei geschlossen. Beim Seelachsfang können die Netze allerdings fast ohne Grundberührung eingesetzt werden. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. [30] [31] [83] [178] [516]
Biologische Besonderheiten
Seelachs wird auf dem gesamten isländischen Schelf gefunden, ist im kälteren Wasser nördlich und östlich der Insel aber seltener. Er ist ein schneller Schwimmer, der Wanderungen in Fraß- und Laichgebiete unternimmt. Markierungsexperimente ergaben auch weite Wanderungen zwischen Beständen, z.B. aus nördlicheren Gebieten nach Island und zu den Färöer Inseln. Seelachs kann sowohl in Bodennähe (demersal) als auch in der Wassersäule (pelagisch) angetroffen werden. [31] [107] [517] [518]
Zusätzliche Informationen
Seelachs gehört zu den fünf kommerziell wichtigsten Fischarten Islands. Der wichtigste Markt ist Deutschland, gefolgt von den Niederlanden. Beide Märkte werden vor allem mit gefrorenen Filets beliefert, wohingegen nach Spanien vor allem gesalzener und nach Nigeria Trockenfisch exportiert wird.
In Island ist auch das Angeln von Seelachs sehr populär. Besonders Kinder stehen an den Hafenanlagen der Insel und angeln vor allem junge Seelachse [14] [31] [516]
Zertifizierte Fischereien
Bislang ist keine Fischerei auf Island-Seelachs nach den Standards des Marine Stewardship Councils (MSC) zertifiziert. Eine Fischerei befindet sich im Zertifizierungverfahren um das weniger anspruchsvolle regionale Iceland Responsible Fisheries Label (IRF). [260] Siehe
http://www.responsiblefisheries.is/certification/certified-fisheries/
Soziale Aspekte
Die Seelachsfischerei um Island wird hauptsächlich von Isländischen Schiffen betrieben. Fischerei und Fischverarbeitung machen in Island ungefähr 11 % des BIP und 9 % der Beschäftigten aus. Seit Einführung der individuell transferierbaren Quoten (ITQs) sind die Produktivität und der Mehrwert pro Beschäftigten gestiegen. Das Einkommen der Fischer ist im Vergleich zu den Einkommen anderer Sektoren hoch. Allerdings hat die Einführung der ITQs anscheinend zu keiner wesentlichen Rentabilitätssteigerung in der Fischerei geführt. In strukturschwachen Gebieten verursachte die Konzentration der Fangquoten und die damit verbundene Abwanderung von Fischereibetrieben und der verarbeitenden Industrie eine erhöhte Arbeitslosigkeit. [13] [31] [130]
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[30] | Food and Agriculture Organization (FAO) | FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010] | fao.org | |
[31] | Ministry of Food, Agriculture and Fisheries, Island | Informationsseite des isländischen "Ministry of Food, Agriculture and Fisheries" | government.is | |
[41] | Marine and Freshwater Research Institute (MFRI), Island | Advice-Dokumente zum Status der Meeresfischbestände in Isländischen Gewässern (auf Isländisch und Englisch). | hafogvatn.is | |
[83] | Fossa JH, Mortensen PB, Furevik DM | 2002 | The deep-water coral Lophelia pertusa in Norwegian waters: distribution and fishery impacts | Hydrobiologia 471:1-12 |
[107] | Armannsson H, Jonsson ST, Neilson JD, Marteinsdottir G | 2007 | Distribution and migration of saithe (Pollachius virens) around Iceland inferred from mark-recapture studies | ICES Journal of Marine Science, 64: 1006–1016 |
[130] | Europäisches Parlament | 2003 | Fischereibewirtschaftung durch Systeme übertragbarer Rechte. Generaldirektion Wissenschaft, Vorläufige Ausgabe | Reihe Fischerei, FISH 111 DE 04-2003 |
[178] | FAO Food and Agriculture Organization | 2016 | Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management | FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016 |
[260] | Iceland Responsible Fisheries Foundation (IRF) | Homepage der Iceland Responsible Fisheries Foundation | IRF.iceland | |
[516] | ICES | 2012 | Report of the North-Western Working Group (NWWG), 26 April - 3 May 2012, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2012/ACOM:07. 1375 pp. 7 Overview on ecosystem, fisheries and their management in Icelandic waters | ices.dk |
[517] | ICES | 2012 | Report of the Advisory Committee, 2012. Book 2. Iceland and Greenland. 2.4.4. Saithe in Division Va (Icelandic saithe). | ices.dk |
[518] | ICES | 2012 | Report of the North-Western Working Group (NWWG), 26 April - 3 May 2012, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2012/ACOM:07. 1375 pp. 8. Icelandic saithe | ices.dk |
[519] | ICES | 2012 | Report of the North-Western Working Group (NWWG), 26 April - 3 May 2012, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2012/ACOM:07. 1375 pp. Annex 2 – Stock Annexes | ices.dk |
[550] | Iceland Responsible Fisheries (IRF) | 2012 | 16.07.2012: Increased cod quota for 2012/2013 | IRF.iceland |