Seelachs Nordsee, Skagerrak/Kattegat, westl. Schottlands
gültig 11/2011 - 06/2012
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Zugehörige Fischart
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Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Nordsee, Keltischer und Biskaya-Schelf |
Fanggebiet: | Nordsee (4, 3.a), westl. Schottland (6) FAO 27 |
Art: | Pollachius virens |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk
Methode, Frequenz
Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung fast vollständiger Fangdaten und dreier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen, die Seelachse jedoch erst ab Alter 4 erfassen. Alle vier Referenzwerte nach dem Vorsorgeansatz sind definiert, sie basieren auf der Biomasse-Nachwuchs-Relation. Nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages sind zwei Referenzwerte festgelegt (Btrigger, Fmsy). [328]
Wesentliche Punkte
2011: Die Daten aus den Forschungsfahrten im Sommer ergeben ein optimistischeres Bild der Laicherbiomasse, fischereilichen Sterblichkeit und Nachwuchsproduktion. Die Bestandsberechnung und Empfehlung aus dem Juni wurde daher im November überarbeitet. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt nun unter dem Referenzwert des Vorsorgeansatzes (Fpa). 2010 gab es keine vollständige Bestandsberechnung, sondern nur eine Fortschreibung der Berechnungen aus dem letzten Jahr. Die aktuelle Bestandsberechnung zeigt nun eine in den letzten drei Jahren stark gesunkene Biomasse und gestiegene fischereiliche Sterblichkeit, weil drei der letzten fünf Nachwuchsjahrgänge sehr schwach ausgefallen sind. Solange die Fänge als Reaktion auf diese natürliche Schwankung ausreichend schnell reduziert werden, droht diesem Bestand jedoch keine unmittelbare Gefahr. [328]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
---|
erhöhtes Risiko (nach Vorsorgeansatz) |
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach Managementplan) |
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
---|
nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz) |
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach Managementplan) |
übernutzt (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Der Bestand erreichte Anfang der 1970er Jahre eine Maximalmenge, in Folge sehr guter Umweltbedingungen (gadoid outburst). Eine sehr hohe Entnahme bei gleichzeitig nachlassender Nachwuchsproduktion führte zu einer schnellen Abnahme des Bestandes. In der Folge war Nordsee-Seelachs über 15 Jahre überfischt, bis er sich ab Ende der 1990er Jahre wieder positiv entwickelte und eher moderat genutzt wurde – maßgeblich durch eine geringere Nachfrage auf dem Markt. 2001-2008 lag die Biomasse über allen Referenzwerten, hat jedoch in den letzten drei Jahren durch deutlich geringere Nachwuchsproduktion stark abgenommen. Auch der Fischereidruck entsprach den Vorgaben des Managementplanes, ist aber seit 2004 gestiegen und liegt nun knapp unter dem Vorsorgereferenzwert. Da es 2010 aufgrund fehlender Daten keine Bestandsberechnung gab, wurde diese Entwicklung erst im Juni 2011 deutlich, die Entwicklung ist also nicht auf einen Managementfehler zurückzuführen. Der Bestand liegt derzeit nach Managementplan und MSY-Konzept im roten Bereich. [47] [228] [328]
Ausblick
Aufgrund der schwachen Nachwuchsproduktion müssen die Fangmengen für 2012 um 15% reduziert werden, um eine schnelle Erholung des Bestandes zu gewährleisten. Selbst dann kann der grüne Bereich nicht innerhalb eines Jahres erreicht werden. [328]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Nordsee-Seelachs ist der südlichste große Seelachsbestand in europäischen Gewässern. Seit Mitte der 1980er Jahre sind diese Seelachse immer langsamer gewachsen, dieser Trend ist aber seit 2-3 Jahren gestoppt. Es ist noch nicht geklärt, ob diese Entwicklung durch veränderte Umweltbedingungen verursacht wurde. [328]
Wer und Wie
Das Management erfolgt gemeinsam durch die Europäische Union und Norwegen über Fangmengen und technische Maßnahmen. Technische Maßnahmen richten sich nach EU- bzw. norwegischen Regeln. Ein Managementplan ist seit 2009 in Kraft, der Zielwerte für die Laicherbiomasse und die fischereiliche Sterblichkeit vorsieht. Der Plan wurde vom ICES als positiv bewertet (in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz) und ist Basis für Fangempfehlung und Festsetzung der Höchstfangmengen (TACs). Der Managementplan ist bei einer Laicherbiomasse unter 200.000 t nicht eindeutig, ausserdem hat sich die Fischerei nach Süden verlagert und die Produktivität des Bestandes verändert. Diese Probleme werden bei einer Neubewertung des Planes für 2012 berücksichtigt. [328] [71]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Die legalen Höchstfangmengen (TACs) werden seit vielen Jahren einschließlich 2011 der wissenschaftlichen Empfehlung entsprechend festgesetzt. Diese Fangmengen wurden in den letzten Jahren nicht annähernd ausgeschöpft. [328]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der Bestand ist in drei verschiedenen Managementgebieten verbreitet: Der Nordsee (IV), dem Skagerrak und Kattegat (IIIa) und dem Gebiet westlich Schottlands (VIa). Für die Nordsee (mit Skagerrak und Kattegat) und westlich Schottlands werden zwei getrennte TACs festgesetzt. [328] [167]
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | 2010: Anlandungen 102,5 (96,0 aus der Nordsee); davon Grundschleppnetze 95%, andere 5% (Anteile 2009) |
TACs (Summe alle 3 Gebiete) | 2008: 150 2009: 139 2010: 118 2011: 103 [167] [328] |
IUU-Fischerei
Es gibt keine Hinweise auf unberichtete oder illegale Anlandungen aus diesem Bestand – auch weil die Fangquoten in den letzten Jahren nicht restriktiv waren. [328]
Struktur und Fangmethode
Fast alle Nordsee-Anrainerstaaten (Ausnahmen: Niederlande, Belgien) unterhalten gerichtete Fischereien, überwiegend mit Frischfischfängern, aber auch mit Vollfrostern (Fabrikschiffen). Hauptfangnation ist Norwegen, gefolgt von Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Frankreich. Seelachs wird in der Nordsee überwiegend in einer gerichteten Fischerei im tiefen Wasser entlang der nördlichen Schelfkante und in der Norwegischen Rinne gefangen. In jüngster Zeit wird eine Verlagerung der Fischerei nach Süden beobachtet. [328]
Beifänge und Rückwürfe
Die Seelachsfischerei gilt als fast rein: unerwünschte Beifänge von Nichtzielarten lassen sich auf 3-5% reduzieren. Daher sind einzelne Seelachs-Fischereien sogar von den Beschränkungen zum Schutz des überfischten Nordseekabeljaus ausgenommen. Juvenile Seelachse wachsen dicht an der norwegischen Küste auf und werden deshalb auf den Fangplätzen für die Erwachsenen in der nördlichen Nordsee nicht mitgefangen. Rückwürfe sind deshalb in dieser Fischerei kein Problem. Allerdings gab es in einzelnen Jahren Berichte über highgrading, also das Verwerfen maßiger Fische, die aus ökonomischen Gründen oder zur Optimierung des Arbeitsablaufes nicht verwendet wurden. Seelachs wird außerdem als Beifang gefangen und es kann zu Rückwürfen kommen, wenn Schiffe keine Seelachsquote besitzen. In norwegischen Gewässern sind sämtliche Rückwürfe verboten, in EU-Gewässern dagegen nur solche, die legal angelandet werden könnten (seit 2010). [328] [72] [228]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Beim Seelachsfang können die Netze fast ohne Grundberührung eingesetzt werden, weil Seelachs deutlich oberhalb des Meeresbodens schwimmt. Beifänge geschützter Arten (Seevögel, Meeresäuger) sind in dieser Fischerei selten. [228]
Biologische Besonderheiten
Die Jungtiere und die Erwachsenen dieses Bestandes sind räumlich deutlich getrennt: 1-3 Jährige Nordsee-Seelachse leben an der norwegischen Küste und in den Fjorden, in denen sie mit Grundschleppnetzen nicht gefangen werden können. Erst ab Alter 4 ziehen sie auf die Nahrungsgründe in der nördlichen Nordsee und werden dort Ziel der internationalen Flotten. Durch diese Trennung treten, anders als bei den meisten Rundfischfischereien in der Nordsee, wenig Probleme mit dem Beifang von juvenilen Tieren der Zielart auf. Andererseits kann die Wissenschaft immer erst vier bis fünf Jahre nach der Geburt eines neuen Jahrgangs zuverlässige Angaben über dessen Stärke machen. [328] [72] [228]
Zusätzliche Informationen
Der Bestand war viele Jahre unternutzt, höhere Erträge wären auch nach dem Konzept des maximalen Dauerertrags möglich gewesen. Ursache hierfür sind vor allem Vermarktungsprobleme: Der Konsument schätzt das eher graue Filet das Seelachses nicht so wie das weiße anderer Rundfische. Durch die Struktur der Fischerei (überwiegend Frischfischfänger ohne Verarbeitung an Bord) war auch die Vermarktung in Form von Filetblöcken z.B. für die Fischstäbchenproduktion lange Zeit nicht möglich. Sogar Interventionskäufe wurden durch die EU durchgeführt, um den Marktpreis zu stützen. Eine Imagekampagne der Marktverbände ("Trendfisch Seelachs") und die Verwendung zumindest der ökozertifizierten Ware auch für Fischstäbchen waren für die Förderung des Absatzes nützlich. [14] [228]
Zertifizierte Fischereien
Sechs Seelachsfischereien in der Nordsee sind nach den Standards des Marine Stewardship Councils (MSC) nachhaltigkeitszertifiziert (darunter eine deutsche). Der Anteil an der Gesamtfangmenge liegt bei fast 100%. Eine weitere Fischerei befindet sich im Bewertungsverfahren. [4]
Soziale Aspekte
Die Seelachsfischerei in der Nordsee wird überwiegend mit kleineren und mittleren Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13]
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[4] | Marine Stewardship Council (MSC) | Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei | msc.org | |
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[47] | Cushing DH | 1984 | The gadoid outburst in the North Sea | ICES Journal of Marine Science 41:159-166 |
[71] | 2008 | Long-term management plan for the saithe stock in the Skagerrak, the North Sea and west of Scotland | ||
[72] | Kamenos NA, Moore PG, Hall-Spencer, JM | 2004 | Small-scale distribution of juvenile gadoids in shallow inshore waters; what role does maerl play? | ICES Journal of Marine Science 61:422-429 |
[167] | Europäische Union (EU) | 2011 | Verordnung (EU) Nr. 57/2011 des Rates vom 18. Januar 2011 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den EU-Gewässern sowie für EU-Schiffe in bestimmten Nicht-EU-Gewässern (2011) | europa.eu |
[228] | ICES | 2011 | Report of the Working Group on the Assessment of Demersal Stocks in the North Sea and Skagerrak (WGNSSK) 2011. 11. Saithe in Subareas IV, VI and Division IIIa | ices.dk |
[328] | ICES | 2011 | Report of the Advisory Committee, 2011. Book 6. North Sea. 6.4.12. Saithe in Subarea IV (North Sea), Division IIIa (Skagerrak), and Subarea VI (West of Scotland and Rockall), updated June advice | ices.dk |