Bestandsdatenblatt

Flunder in Belten und Sund (ICES-Gebiete 22 & 23)

Gültig 05/2024 - 05/2026

Flunder in Belten und Sund (ICES-Gebiete 22 & 23)

gültig 05/2024 - 05/2026

Zugehörige Fischart

Flunder

Allgemeine Informationen

Ökoregion:Ostsee
Fanggebiet:Ostsee (22-32 (Beltsee=22, Öresund=23)) FAO 27 (Nordostatlantik)
Art:Platichthys flesus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Seit 2024 gibt es für Flunder in Belten und Sund eine indikative Bestandsberechnung. Biomasse und fischereiliche Sterblichkeit werden relativ angegeben, ebenso wie die Referenzpunkte. In die Berechnung gehen Fangdaten und die Daten von zwei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen ein. Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) sind Referenzwerte für Laicherbiomasse und fischereiliche Sterblichkeit definiert (MSY Btrigger und Fmsy). Außerdem sind für beide Parameter Limit-Referenzwerte nach dem Vorsorgeansatz festgelegt (Blim und Flim). Eine Begutachtung des Bestandes wird alle zwei Jahre veröffentlicht (derzeit ohne Fangempfehlung). [1448] [1457]

Wesentliche Punkte

2024: Der Bestand der Flunder in Belten und Sund (verbreitet in den Gebieten 22 und 23) liegt weit im grünen Bereich, mit niedrigem Fischereidruck und hoher Biomasse. Wie für den Dorsch, werden die Umweltbedingungen in der Ostsee auch für Plattfische schwieriger. [1448] [1457]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

Fischereiliche Sterblichkeit

 Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

Bestands­entwicklung

Die Biomasse der Flunder in Belten und Sund zeigte seit Beginn der 2000er Jahre einen starken Anstieg, der Höchstwert wurde 2015 erreicht. Nach einer Abnahme bis 2020 steigt sie seit einigen Jahren wieder langsam an. Der Fischereidruck schwankte lange um den Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy) und liegt seit Anfang der 2000er Jahre weit darunter. Die höchsten Anlandungen aus diesem Bestand wurden Ende der 1970er Jahre getätigt. In den letzten Jahren sind die Anlandungen stark zurückgegangen. [1448] [1457]

Ausblick

Flunder in Belten und Sund ist in gutem Zustand, die Biomasse nimmt aktuell leicht zu. Eine Begutachtung des Bestandes wird alle zwei Jahre veröffentlicht (derzeit ohne Fangempfehlung). Ein erheblicher und sehr variabler Teil der Fänge wird verworfen. Eine Reduzierung der Rückwürfe würde eine weitere deutliche Erhöhung der Anlandungen ermöglichen. Wie für den Dorsch, werden die Umweltbedingungen in der Ostsee auch für Plattfische schwieriger. Flunder ist nicht quotiert und wird deshalb auch vorerst nicht unter das Anlandegebot der EU fallen. [1448] [1457]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Der Erfolg der Nachwuchsproduktion der Ostsee-Flunder variiert stark mit den hydrographischen Bedingungen im Laichgebiet. Der Salzgehalt spielt eine wichtige Rolle für die Aktivität der Spermatozoen und die Schwebfähigkeit der Eier. Die Flunder in Belten und Sund hat freischwebende Eier, die dafür einen bestimmten Salz- und Sauerstoffgehalt benötigen. Wie für den Dorsch, werden die Umweltbedingungen in der Ostsee auch für Plattfische schwieriger. [748] [1448] [1457]

Wer und Wie

Es gibt kein gemeinsames Management für die Flunder in Belten und Sund. Höchstfangmengen (TACs) werden nicht festgelegt. Ein EU-Managementplan für Dorsch und alle pelagischen Bestände der Ostsee, der Beifänge von Flundern berücksichtigt, ist seit 2016 in Kraft. Die Bewirtschaftung dieses Bestandes erfolgt außerdem durch technische EU-Verordnungen (z.B. Maschenweiten und Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung) und die jeweiligen Landesregeln (z.B. Gebietsschließungen). [977] [1148] [1448] [1457]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Für 2015 gab es die erste Anlandeempfehlung für diesen 2014 neu definierten Bestand, sie lag etwas über den Anlandungen der letzten Jahre und wurde 2015 nicht erreicht. 2016 bis 2019 wurde eine Empfehlung für den Gesamtfang gegeben, auch dieser wurde bisher nicht erreicht. Eine Begutachtung des Bestandes wird alle zwei Jahre veröffentlicht (derzeit ohne Fangempfehlung). [1448] [1457]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Flunder in Belten und Sund ist in den ICES Gebieten 22 und 23 verbreitet. Diese Gebiete hängen nicht zusammen – tatsächlich lebt ein Teil des Bestandes auch im Westen des Gebietes 24, das aber für die Managementempfehlung dem Bestand in der südlichen Ostsee (24 und 25) zugeordnet wird. Die Bewirtschaftung begrenzt die Fangmengen nicht. [748] [1448] [1457]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2023: 0,31; (0,25 Anlandungen plus 0,058 Rückwürfe); von den Anlandungen: aktive Geräte (Grundschleppnetze) 31 %; passive Geräte (Stellnetze) 69 %
TACsnicht festgelegt [1448] [1457]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge von Flunder in Belten und Sund – wegen der fehlenden Fangmengenlimitierung wäre dies auch kaum erklärlich. [1448] [1457]

Struktur und Fangmethode

Flunder in Belten und Sund wurde hauptsächlich als Beifang in der Schleppnetz-Fischerei auf Dorsch bzw. auf Plattfische und in geringeren Mengen in der gemischten Plattfisch-Fischerei mit Stellnetzen gefangen. Da die gerichtete Fischerei auf Dorsch nicht mehr erlaubt ist (nur Beifangquote) verschob sich die Fischerei zur gerichteten Schollen- und gemischten Plattfischfischerei. 2023 stammten 88 % der Anlandungen aus ICES-Gebiet 22. Deutschland hat 2023 mit 135 t den größten Anteil aus diesem Bestand angelandet (54 % der Gesamtanlandungen), 42 % gingen an Dänemark und 5 % an Schweden. [748] [1448] [1457]

Beifänge und Rückwürfe

Flunder ist selbst überwiegend Beifang. Die Rückwurfraten zeigen eine hohe Variabilität zwischen den Jahren; die Rückwurfmenge hängt u.a. von der Größe der gefangenen Tiere und dem Erlös ab. Mit niedrigen Preisen steigt die Rückwurfmenge. Die Rückwurfraten unterscheiden sich außerdem je nach Land, Fanggebiet, Schiff und einzelnem Fang. In der Schleppnetzfischerei sind sie höher (20-50 % des Gesamtfanges) als in der passiven Fischerei (z.B. mit Kiemennetzen, 10-20 % des Gesamtfanges). Die Menge der bekannten Rückwürfe betrug 2014 31 %, 2015 22 %, 2016 30 %, 2017, 2018 und 2019 jeweils 18 %, 2020 14 %, 2021 7 %, 2022 14 % und 2023 19 % des Gesamtfanges (bezogen aufs Gewicht). Die geringeren Rückwürfe seit 2020 sind möglicherweise auf eine geringere Beprobung und/oder die Begrenzung der Dorschfischerei in diesem Gebiet zurückzuführen. Der Wechsel zu einer gerichteten Plattfischfischerei kann aber aufgrund geringerer Maschenöffnungen zu mehr Rückwürfen führen. Auch die schlechtere Kondition der Tiere (dünnere Flundern) beeinflusst die Rückwurfmengen. Die Überlebensrate der zurückgeworfenen Flundern ist nicht hinreichend bekannt. Frühere Studien ergaben unterschiedliche Überlebensraten in Abhängigkeit u.a. von Fanggerät, -dauer, -größe, -zusammensetzung und Wassertemperatur. Sie variieren zwischen 20 und 100%. [748] [1448] [1457]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Der Einfluss hängt aber auch von Fangmethode und Bodenstruktur ab. Auf sandigem Boden hat eine Studie in den USA nur einen geringen Einfluss durch Grundscherbrettnetze feststellen können. So waren zwar die Spuren der Scherbretter lange sichtbar (mindestens ein Jahr), es konnten aber kaum signifikante Unterschiede in der Mikrotopographie der befischten und unbefischten Gebiete nachgewiesen werden. Auch bei strukturformenden und mobilen Wirbellosen zeigten befischte und unbefischte Gebiete keine signifikanten Unterschiede. Potentiell problematisch können Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern in Stellnetzen sein. [30] [97] [208] [808]

Biologische Besonder­heiten

Es werden zwei Laichergruppen von Flundern in der Ostsee unterschieden: Eine laicht im flachen Wasser, mit Eiern, die sich mit Bodenkontakt entwickeln (vor allem in der zentralen und nördlichen Ostsee). Die Eier der zweiten Gruppe werden in tieferem Wasser abgelaicht und entwickeln sich in der freien Wassersäule (pelagisch). Die Flunder in Belten und Sund hat freischwebende Eier. Aufwuchsgebiet für die Jungtiere sind die flachen küstennahen Gebiete; hier können sie von den Forschungsreisen kaum erfasst werden. 2018 wurde eine neue Flunderart in der Ostsee beschrieben (Platichthys solemdali), deren Anteil an den Fängen nach Osten zuzunehmen scheint – weil die Arten in den Fängen aber nur von Spezialisten getrennt werden können, verzichtet der ICES zunächst auf eine Separierung. [748] [1131] [1448] [1457]

Zusätzliche Informationen

Flunder ist wegen einer vergleichsweise hohen Toleranz gegenüber variablen Salzkonzentrationen der in der Ostsee am weitesten verbreitete Plattfisch. Die Flunder in Belten und Sund wird hauptsächlich in ICES-Gebiet 22 von Deutschland und Dänemark gefischt. Schweden fischt geringe Mengen in Gebiet 23. [748] [1448] [1457]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Flunder in der Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren jeweiligen Regeln. [12] [13] [1448] [1457]

Marktdaten

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 722 t (2021: 930 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 0,1 % (2021: 0,1 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Belte & Sund (22, 23) 0,3 0,3 - Anlandungen & Fänge 2023, Biomasse nur relativ 05/2024 -
05/2026
nördl. Ostsee (27, 29-32) 0,1 - - Anlandungen 2023, für Biomasse nur Indikator 05/2024 -
05/2026
Nordsee, Skagerrak, Kattegat (4, 3.a) 1,0 1,3 - SSB nur als Indikator 06/2023 -
06/2025
Östl. Gotland & Danziger Bucht (26, 28) 1,9 - - Anlandungen 2023, Biomasse nur relativ 05/2024 -
05/2026
südliche Ostsee (24, 25) 5,4 5,9 - Anlandungen & Fänge 2023, Biomasse nur als Indikator 05/2024 -
05/2026

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[12]Europäische Gemeinschaften2009Die Gemeinsame Fischereipolitik. Ein Leitfaden für Benutzerec.europa.eu
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[97]Zydelis R, Bellebaum J, Österblom H, Vetemaa M, Schirmeister B, Stipniece A, Dagys M, van Eerden M, Garthe S2009Bycatch in gillnet fisheries – An overlooked threat to waterbird populations Biological Conservation 142:1269–1281
[208]Bellebaum, J2011Untersuchung und Bewertung des Beifangs von Seevögeln durch die passive Meeresfischerei in der Ostsee. BfN-Skripten 295 Bundesamt für Naturschutz, ISBN 978-3-89624-030-9, www.bfn.de
[748]ICES2014Report of the Benchmark Workshop on Baltic Flatfish Stocks (WKBALFLAT), 27–31 January 2014, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2014/ACOM:39. 320 pp.ices.dk
[808]James Lindholm J, Gleason M, Kline D, Clary L, Rienecke S, Cramer A, Los Huertos M2015Ecological effects of bottom trawling on the structural attributes of fish habitat in unconsolidated sediments along the central California outer continental shelf Fishery Bulletin 113:82-96
[977]Europäische Union (EU)2016VERORDNUNG (EU) 2016/1139 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 6. Juli 2016 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Bestände von Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee und für die Fischereien, die diese Bestände befischen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2187/2005 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1098/2007 des Rateseuropa.eu
[1131]Momigliano P, Denys GPJ, Jokinen H, Merilä J2018Platichthys solemdali sp. nov. (Actinopterygii, Pleuronectiformes): A New Flounder Species From the Baltic Sea Front. Mar. Sci. 5:225
[1148]Europäische Union (EU)2019VERORDNUNG (EU) 2019/1241 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2019/2006, (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und (EU) Nr. 1380/2013, (EU) 2016/1139, (EU) 2018/973, (EU) 2019/472 und (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 894/97, (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2549/2000, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 812/2004 und (EG) Nr. 2187/2005 des Rateseuropa.eu
[1448]ICES2024Baltic Fisheries Assessment Working Group (WGBFAS). ICES Scientific Reports. 6:53. 584 pp.https://doi.org/10.17895/ices.pub.25764978
[1457]ICES2024Flounder (Platichthys flesus) in subdivisions 22 and 23 (Belt Seas and the Sound). In Report of the ICES Advisory Committee, 2024. ICES Advice 2024, fle.27.2223,https://doi.org/10.17895/ices.advice.25019240