Bestandsdatenblatt

Hering: Frühjahrslaicher westliche Ostsee

Gültig 06/2010 - 06/2011

Hering: Frühjahrslaicher westliche Ostsee

gültig 06/2010 - 06/2011

Zum aktuellen Bestandsdatenblatt

Zugehörige Fischart

Hering

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee, Ostsee
Fanggebiet:westliche Ostsee (22-24), Skagerrak/Kattegat (20-21) FAO 27
Art:Clupea harengus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung vollständiger Fangdaten und zweier unabhängiger wissenschaftlicher Forschungsreisen, die alle Lebensstadien abdecken. Referenzpunkte nach dem Vorsorgeansatz sind noch nicht definiert, weil die Zeitserie dafür bislang zu kurz war, Referenzpunkte nach dem höchsten Dauerertrag sind vorgeschlagen und basieren auf Simulationen. [86] [87]

 

Wesentliche Punkte

2010: Wie vorhergesagt nimmt die Biomasse des Bestandes in Folge der schwächeren Jahrgänge 2004-2008 nun schnell ab, auch weil die Quoten in Gebiet IIIa im Jahr 2009 stärker ausgefischt wurden und die fischereiliche Sterblichkeit dadurch deutlich gestiegen ist. Obwohl der 2009er-Jahrgang wieder durchschnittlich erscheint, werden die bislang nicht ausreichend reduzierten Fangmengen weiter verringert werden müssen, um den Bestand zu stabilisieren.

 

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

 

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

   Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

 Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  übernutzt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

*Biomasse 2010: Vorhersage zur Laichzeit im Frühjahr
Die Zeitserie für diesen Bestand ist vergleichsweise kurz, weil erst ab Anfang der 1990er Jahre Methoden zur Trennung der beiden im Kattegat und Skagerrak gemischten Bestände (Nord- und Ostseehering) zur Verfügung stehen. In diesem Zeitraum hat die Laicherbiomasse stark abgenommen, konnte aber ab 1996 stabilisiert werden. Die fischereiliche Sterblichkeit lag in den meisten Jahren mit über 0,35 für einen Schwarmfischbestand sehr hoch. Seit 2003 wurden die Nachwuchsjahrgänge immer schwächer. Die Laicherbiomasse hat wegen der breiten Altersverteilung des Bestandes erst letztes Jahr deutlich abgenommen. Die TACs wurden in der westlichen Ostsee für 2008 um 10%, für 2009 um 39% und für 2010 noch einmal um 16,5% reduziert. [86] [87]

Ausblick

Die Fangmengen werden weiter reduziert werden müssen, bis der wieder durchschnittliche Nachwuchsjahrgang 2009 zum Bestandsaufbau beitragen konnte. Die Absenkung der TACs erfolgte bisher moderat, dadurch ist eine Stabilisierung des Bestandes aber auch noch nicht erfolgt (siehe die weiter zunehmende fischereiliche Sterblichkeit).

 

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Zwischen 2004 und 2008 produzierte dieser Bestand immer schwächer werdende Nachwuchsjahrgänge. Offenbar lieferte die immer noch ausreichende Anzahl Laicher nur noch unzureichende Mengen an Larven. Die Ursachen hierfür sind noch nicht bekannt, es deutet aber alles auf natürliche, möglicherweise klimainduzierte und in der südlichen Ostsee wirkende Ursachen. [86] [87]

 

Wer und Wie

erfolgt gemeinsam durch die Europäische Union und Norwegen, jeweils getrennt für die drei Managementgebiete und durch TACs für alle fünf im Verbreitungsgebiet operierenden Flotten. Ein Managementplan für alle pelagischen Bestände der Ostsee ist seit 2008 in Entwicklung, aber auch für 2010 nicht implementiert worden. [86]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Viele Jahre entsprachen die festgesetzten Höchstfangmengen der wissenschaftlichen Empfehlung, in den letzten vier Jahren gibt es jedoch erhebliche Differenzen (TACs deutlich höher als empfohlen), genau zu der Zeit, in der schnell auf die schwache Nachwuchsproduktion reagiert werden sollte. [86]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in drei verschiedenen Managementgebieten verbreitet: Der westlichen Ostsee (22-24), dem Skagerrak/Kattegat (IIIa) und der Nordsee (IV). Für alle drei Gebiete gelten separate TACs. In den beiden letzten werden Nordsee-Herbstlaicher gemischt mit Frühjahrslaichern der Westlichen Ostsee gefangen. Menge und Anteil variieren und können nicht genau vorhergesagt werden. [86]

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2009: 67,3 (bezogen auf den Bestand, nicht auf die Managementgebiete); davon pelagische Schleppnetze XX%, Stellnetze XX%
TACs (22-24/IIIa)2007: 49,5/69,0  2008: 45,0/51,7  2009: 27,2/37,7  2010: 22,7/33,9
(incl. Nordseehering in IIIa) [86] [18] [91]

IUU-Fischerei

Über viele Jahre wurden eigentlich in der Nordsee getätigte Heringsfänge in das Skagerrak fehlberichtet, Durch eine Änderung der Regularien scheint diese Praxis seit 2009 unterbunden worden zu sein, was insgesamt zu höheren Fängen aus diesem Bestand führte. Es gibt keine Hinweise auf erhebliche Mengen illegaler oder unberichteter Fänge aus diesem Bestand. [86] [87]

 

Struktur und Fangmethode

Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete Fischereien auf Hering der westlichen Ostsee, vor allem durch kleinste bis kleinere Fahrzeuge mit Stell- oder pelagischen Schleppnetzen. Die Heringe werden überwiegend für den menschlichen Konsum (Flotte F in 22-24; Flotte C in IIIa, Flotte A in IV), aber auch als Beifang in der Industriefischerei im Norden angelandet (Flotte D in IIIa, Flotte B in IV). [86]

 

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe scheinen in keiner der Fischereien ein Problem zu sein, die Stellnetzfischereien sind hochselektiv. Allerdings kann es in Abhängigkeit von Jahreszeit und Fangplatz zu Beifängen von Seevögeln und Meeressäugern kommen. [86] [97]

 

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Pelagische Schleppnetz- und Stellnetzfischereien beeinflussen der Meeresboden kaum (weil sie ihn in der Regel nicht berühren). Potentiell problematisch können Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern in Stellnetzen sein. [97]

 

Biologische Besonder­heiten

Anders als die meisten anderen Heringsbestände im Nordost-Atlantik laicht dieser auf Großalgen und Seegräsern (Makrophyten) im Küstenbereich. Mit Abstand wichtigstes Laichgebiet dieses Bestandes ist der Greifswalder Bodden (zwischen Rügen und dem vorpommerschen Festland). Diese Konzentration ermöglicht es, mit Hilfe eines Larvensurveys schon sehr früh Kenntnisse über die Stärke von Nachwuchsjahrgängen zu erlangen, die erst in 2-3 Jahren von der Fischerei erfasst werden. Außerdem ist der Hering auf den Laichplätzen für die Fischerei gut zugänglich.
Nach dem Ablaichen im März bis Mai wandern erwachsene Heringe dieses Bestandes in das Kattegat und Skagerrak und bis in die östliche Nordsee auf die Nahrungsgründe. Hier vermischen sie sich mit dem herbstlaichenden Hering der Nordsee und werden mit diesem auch gemeinsam gefangen, was die Bestandsberechnung erheblich erschwert. [86] [88]

Zusätzliche Informationen

Der Hering der westlichen Ostsee ist eher schlank und kleinwüchsig und eignet sich daher besonders für die Marinadenproduktion. Für die Herstellung von Rollmops und Kronsild gibt es keine alternativen Rohwaren-Quellen, daher sind die Anlandeerlöse bei deutlich sinkenden Fangmengen in den letzten beiden Jahren stark gestiegen. [14]

 

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Hering der westlichen Ostsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert, eine deutsche und eine schwedische Fischerei befinden sich jedoch im Bewertungsverfahren nach den Kriterien des Marine Stewardship Councils [4] Siehe
http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/western-baltic-spring-spawning-herring
http://www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/sppo-baltic-herring-and-sprats
Eine Heringsfischerei, die vor allem in der Nordsee operiert, trägt das MSC-Siegel auch für Beifänge des Herings der westlichen Ostsee im Skagerrak und Kattegat http://www.msc.org/track-a-fishery/certified/north-east-atlantic/norway-north-sea-and-skagerrak-herring

Soziale Aspekte

Die Heringsfischerei in der Ostsee wird überwiegend mit kleinen und kleinsten Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter EU- oder norwegischer Flagge, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen daher deren Regeln. [13]

 

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[18]Europäische Union (EU)2010Verordnung (EU) Nr. 219/2010 des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 53/2010 hinsichtlich der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und nach Abschluss der bilateralen Fischereivereinbarungen für 2010 mit Norwegen und den Färöerneuropa.eu
[86]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 6.The North Sea. 6.4.15. Herring in Division IIIa and Subdivisions 22-24 (Western Baltic spring
spawners)
ices.dk
[87]ICES2010Report of the Herring Assessment Working Group for the Area South of 62° N (HAWG), 15-23 March 2010, ICES Headquarters, Copenhagen, Denmark. 688pp. 3. Herring in Division IIIa and Subdivisions 22–24ices.dk
[88]Aneer G1989Herring (Clupea harengus L.) spawning and spawning ground characteristics in the Baltic Sea Fisheries Research 8:169-195
[91]Europäische Union (EU)2009Verordnung (EG) Nr. 1226/2009 des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten und begleitenden Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in der Ostsee (2010)europa.eu
[97]Zydelis R, Bellebaum J, Österblom H, Vetemaa M, Schirmeister B, Stipniece A, Dagys M, van Eerden M, Garthe S2009Bycatch in gillnet fisheries – An overlooked threat to waterbird populations Biological Conservation 142:1269–1281