Bestandsdatenblatt

Sandaal auf der Doggerbank (SA1)

Gültig 02/2016 - 02/2017

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee
Fanggebiet:Mittlere Nordsee (4.b), Südliche Nordsee (4.c) FAO 27
Art:Ammodytes spp. / Hyperoplus spp.

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Fangdaten und einer unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreise. Die Begutachtung erfolgt seit 2010 für sieben verschiedene Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete (SA1-7). Der Bestand Sandaal auf der Doggerbank ist in der zentralen und südlichen Nordsee verbreitet (SA1). Nach Vorsorgeansatz sind zwei Referenzwerte für die Laicherbiomasse festgelegt (Blim und Bpa). Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) ist ein Referenzwert für die Laicherbiomasse definiert (modifiziert für kurzlebige Arten: MSY-Bescapement, entspricht derzeit Bpa). Er ist Basis für die Fangempfehlung, die im Februar für das jeweils laufende Jahr gegeben wird. [280] [930]

Wesentliche Punkte

2016: Die Vorhersage für die Biomasse des Sandaalbestands auf der Doggerbank (SA1) liegt 2016 über dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY-Bescapement). Die im März festgelegte Höchstfangmenge für dieses Gebiet liegt jedoch erheblich über der wissenschaftlichen Empfehlung. [280] [930]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit
 

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die Laicherbiomasse (SSB) für Sandaal auf der Doggerbank (SA1) unterliegt seit Beginn der Zeitreihe großen Schwankungen, wie üblich für kurzlebige Arten. Bis 1999 wurde der Vorsorgereferenzwert (Bpa = MSY-Bescapement) nur zweimal unterschritten. Seit 2000 liegt die Laicherbiomasse immer wieder auf oder unter dem Limitreferenzwert (Blim) und befand sich nur 2007-2009 und 2011-2012 im grünen Bereich. Die Vorhersage für die Laicherbiomasse 2016 liegt nun wieder über MSY-Bescapement. Die Nachwuchsproduktion befand sich 2014 im Bereich des Langzeitmittels, war 2015 jedoch die zweitniedrigste der gesamten Zeitreihe. [280] [930]

Ausblick

Die erlaubten Höchstfangmengen (TACs) variieren stark von einem Jahr zum anderen. In den Jahren mit niedrigen TACs wirken diese restriktiv. 2016 sind wieder geringere Fänge erforderlich. Mittelfristige Vorhersagen über die Entwicklung der Fänge sind bei kurzlebigen Arten kaum möglich. [280] [930]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Sandaalbestände hängen stark von Prozessen ab, die durch das Klima beeinflusst werden und u.a. Veränderungen in der Entwicklung der Planktonbiomasse hervorrufen. Eine Studie zu den Überlebensraten früher Larvenstadien weist darauf hin, dass das Zusammentreffen von Schlupf und Beginn der Planktonblüte ein wichtiger Faktor ist, der zur Variabilität der Jahrgangsstärken beiträgt. [280] [930]

Wer und Wie

Das Management von Sandaal auf der Doggerbank (SA1) erfolgt durch die Europäische Union (EU). Es wird eine Höchstfangmenge (TAC) in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt, die seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt wird. Bei der jährlichen Festsetzung der Fangmöglichkeiten im Dezember wird die Höchstfangmenge (TACs) für Sandaal zunächst auf null festgesetzt, da die Fangempfehlung für das laufende Jahr meist erst Ende Februar veröffentlicht wird. Erst danach kann der Sandaal-TAC festgelegt werden. Die Fischerei auf Sandaal ist nur in einem bestimmten Zeitraum geöffnet. Das Management erfolgt außerdem über technische Verordnungen (Maschenweiten, erlaubte Beifangmengen). [422] [280] [930]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Seit 2011 gibt es getrennte Fangempfehlungen für die sieben verschiedenen Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete (SA1-7). Es wird eine Höchstfangmenge (TAC) für Sandaal in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt, die seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt wird. Bis einschließlich 2015 stimmte die festgelegte Höchstfangmenge für Sandaal auf der Doggerbank (SA1) mit der wissenschaftlichen Empfehlung des ICES überein, 2016 wurde sie jedoch oberhalb der Empfehlung festgelegt. Die Fänge lagen 2012 und 2014, also in Jahren mit niedrigerem TAC, weit über der erlaubten Fangmenge. Die vorläufigen Fangzahlen für 2015 zeigen trotz hohem TAC ebenfalls eine Überschreitung der erlaubten Fangmenge. [280] [930]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Es wird eine Höchstfangmenge für Sandaal in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt, die seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt wird. Management- und Verbreitungsgebiet stimmen also überein. [280] [930]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2015: 162,1; davon Grundschleppnetze 100%
TACs (SA1)2011: 320 2012: 23 2013: 225 2014: 57 2015: 133
2016: 13 [280] [930]

IUU-Fischerei

2014 und 2015 wurden Fänge aus Gebiet SA1 nach SA3 fehlberichtet. Der ICES hat diese offenkundig falsch gemeldeten Fänge (2014: 44.000 t, 2015: 15.000 t) aus SA3 wieder SA1 zugeordnet. Managementmaßnahmen, die solche fehlerhaften Meldungen unterbinden, kommen seit 2015 in der dänischen Fischerei zum Einsatz, sollten aber auf alle an dieser Fischerei teilnehmenden Nationen ausgeweitet werden. [280] [930]

Struktur und Fangmethode

Sandaal auf der Doggerbank (SA1) wird zu 100% in einer industriellen Schleppnetz-Fischerei gefangen. Sie werden zu Fischmehl und -öl verarbeitet, aus welchem u.a. Tierfutter hergestellt wird. „Industriefische“ sind für den direkten menschlichen Konsum häufig nicht nutzbar. Derzeit findet eine Sandaal-Fischerei nur in fünf der sieben Gebiete statt (SA1-4 und 6). Die Sandaalfänge aus Gebiet SA1 machten 2015 etwa 53% der Gesamtfänge in SA1-7 aus. Dänemark hält hier die höchste Quote, weitere Quoten haben Schweden, Dänemark, Deutschland und das Vereinigte Königreich. [280] [930]

Beifänge und Rückwürfe

Die Fischerei auf Sandaal fängt eine Mischung verschiedener Sandaal-Arten, hauptsächlich aber den Kleinen Sandaal (Ammodytes marinus). Die Fischerei erfolgt mit kleinmaschigen Netzen, Beifänge sind über technische Vorgaben geregelt. Z.B. müssen bei der Verwendung von Maschenöffnungen kleiner 16 mm mindestens 95% des Fanges aus der Zielart bestehen. Bei Verwendung von 16-31 mm-Maschen müssen mindestens 90% des Fanges aus der Zielart bestehen, oder 60% Zielart, höchstens 5% Summe der Dorschartigen Kabeljau, Schellfisch und Seelachs, und höchstens 15% bestimmte weitere Arten. Es gibt wenig Beifang geschützter Arten. Auch die Rückwürfe in dieser Fischerei sind zu vernachlässigen, da der gesamte Fang verarbeitet wird. [422] [280] [930]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Der Einfluss hängt aber auch von Fangmethode und Bodenstruktur ab. Auf sandigem Boden hat eine Studie in den USA nur einen geringen Einfluss durch Grundscherbrettnetze feststellen können. So waren zwar die Spuren der Scherbretter lange sichtbar (mindestens 1 Jahr), es konnten aber kaum signifikante Unterschiede in der Mikrotopographie der befischten und unbefischten Gebiete nachgewiesen werden. Auch bei strukturformenden und mobilen Wirbellosen zeigten befischte und unbefischte Gebiete keine signifikanten Unterschiede.
Eine Abnahme der Sandaal Bestände in den letzten Jahren, einhergehend mit einer deutlichen Veränderung der Verbreitung, verstärkt die Sorge um lokale Erschöpfung von einzelnen Beständen. Die Erschöpfung von Beständen in der Nähe von Seevögelkolonien (weniger als 100km Entfernung) kann einige Arten, insbesondere Dreizehenmöwen und Brandseeschwalben beeinträchtigen. In den nördlichen Gebieten ist die Sandaalfischerei um Brutgebiete von Seevögeln daher geschlossen, auf der Doggerbank gibt es keine solchen Kolonien. Meeressäuger und Fische werden aufgrund ihrer höheren Mobilität wahrscheinlich weniger beeinflusst. [7] [8] [30] [280] [807] [808] [930]

Biologische Besonder­heiten

Sandaale sind kleine, kurzlebige Schwarmfische mit einem hohen Fettgehalt. Dadurch sind sie ein qualitativ hochwertiges Futter für viele räuberische Fische, Seevögel und Meeressäuger, besonders im Sommer, wenn sie tagsüber viel Zeit zum Fressen in der Wassersäule verbringen, nachts aber eingegraben im Sand leben. Zu anderen Jahreszeiten verbringen sie den größten Teil der Zeit vergraben im Sand und sind für viele Räuber dann unerreichbar (z.B. für Seevögel, die an der Wasseroberfläche jagen). Andere Räuber wie verschiedene Fische, Seehunde und tauchende Vögel sind hingegen in der Lage, die Sandaale auszugraben. [280] [807] [930]

Zusätzliche Informationen

Sandaal geht nach der Larvenphase zum Bodenleben über und ist dort sehr ortsgebunden. Larven-Driftmodelle und Untersuchungen von Unterschieden im Wachstum deuten darauf hin, dass es sich bei Sandaal in der Nordsee nicht um einen Bestand, sondern einen Komplex verschiedener lokaler Bestände handelt. Die wissenschaftliche Bewirtschaftungsempfehlung wird daher für 7 Gebiete abgegeben; eine analytische Bestandsberechnung gibt es nur für die Gebiete SA1, 2 und 3. [280] [807] [930]

Zertifizierte Fischereien

Die gesamte dänische Industriefischerei in Nordsee, Kattegat und Skagerrak (auf Sandaal, Sprotte und Stintdorsch) ist seit März 2017 nach dem Nachhaltigkeitsstandard des Marine Stewardship Council (MSC) zertifiziert. [4] Siehe

http://fisheries.msc.org/en/fisheries/dfpo-and-dppo-north-sea-skagerrak-and-kattegat-sandeel-sprat-and-norway-pout/@@view

Soziale Aspekte

Die Sandaalfischerei in der Nordsee wird überwiegend mit mittelgroßen Fahrzeugen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13]

AutorJahrTitelQuelle
[2]Muus BJ, Nielsen JG1999Die Meeresfische Europas Franckh-Kosmos Verlag
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[229]Froese, R. and D. Pauly. Editors.2011FishBase. World Wide Web electronic publication.
www.fishbase.org, version (06/2011).
fishbase
[280]ICES2016Report of the Advisory Committee, 2016. Book 6, Greater North Sea Ecoregion, 6.3.41 Sandeel (Ammodytes spp.) in Divisions 4b and 4c, SA 1 (Central and South North Sea, Dogger Bank)ices.dk
[422]Europäische Gemeinschaft (EG)1998Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates vom 30. März 1998 zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren.europa.eu
[806]ICES2015Report of the Herring Assessment Working Group for the Area South of 62ºN (HAWG), 11 Sandeel in IV and IIIa (HAWG Feb. 2015).ices.dk
[807]Frederiksen M, Wanless S, Harris MP, Rothery P, Wilson LJ2004The role of industrial fisheries and oceanographic change in the decline of North Sea black-legged kittiwakes Journal of Applied Ecology, 41:1129–1139
[808]James Lindholm J, Gleason M, Kline D, Clary L, Rienecke S, Cramer A, Los Huertos M2015Ecological effects of bottom trawling on the structural attributes of fish habitat in unconsolidated sediments along the central California outer continental shelf Fishery Bulletin 113:82-96
[930]ICES2016Report of the Herring Assessment Working Group for the Area South of 62˚N (HAWG), 29 March-7 April 2016, ICES HQ, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2016/ACOM:07. 867 pp.ices.dk