Bestandsdatenblatt

Sandaal in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3)

Gültig 02/2015 - 02/2016

Sandaal in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3)

gültig 02/2015 - 02/2016

Zugehörige Fischart

Sandaal

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee
Fanggebiet:Mittlere Nordsee (4.b), Nördliche Nordsee (4.a), Skagerrak und Kattegat (3.a) FAO 27
Art:Ammodytes spp. / Hyperoplus spp.

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Fangdaten und einer unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreise. Die Begutachtung erfolgt seit 2010 für sieben verschiedene Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete (SA1-7). Dieser Sandaal-Bestand ist in der nördlichen und zentralen Nordsee, sowie im Skagerrak und Kattegat verbreitet (SA3). Nach Vorsorgeansatz sind zwei Referenzwerte für die Laicherbiomasse festgelegt (Blim und Bpa). Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) ist ein Referenzwert für die Laicherbiomasse definiert (modifiziert für kurzlebige Arten: MSY-Bescapement, entspricht derzeit Bpa). Er ist Basis für die Fangempfehlung, die im Februar für das jeweils laufende Jahr gegeben wird. Ein MSY-Referenzwert für die fischereiliche Sterblichkeit (modifiziert für kurzlebige Arten: Fcap) ist in der Erarbeitung. Die Bewirtschaftung durch Norwegen erfolgt auf Basis eines akustischen Monitorings der geografischen Verbreitung des Bestandes und seiner Größe in Kombination mit einem System von Gebietsschließungen. [806] [809]

Wesentliche Punkte

2015: Der Sandaalbestand in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3) lag 2013 und 2014 unter dem Limitreferenzwert (Blim). Trotzdem war die Nachwuchsproduktion 2014 die zweithöchste der gesamten Zeitreihe, und die Vorhersage für die Laicherbiomasse 2015 liegt über dem Referenzwert zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Bescapement), sie liegt also im grünen Bereich. [806] [809]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit
 

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die Laicherbiomasse (SSB) von Sandaal in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3) unterliegt seit Beginn der Zeitreihe großen Schwankungen, wie üblich für kurzlebige Arten. 2000 bis 2009 sowie 2013 und 2014 lag SSB auf oder unter dem Limitreferenzwert (Blim). Durch die starke Nachwuchsproduktion 2013 und 2014 (produziert von einer sehr geringen Laicherbiomasse) liegt die Laicherbiomasse 2015 voraussichtlich wieder im grünen Bereich (über MSY Bescapement). Die Nachwuchsproduktion 2014 ist wahrscheinlich die zweithöchste der gesamten Zeitreihe. [806] [809]

Ausblick

Die erlaubten Höchstfangmengen (EU- und norwegische Quote) variieren stark von einem Jahr zum anderen. 2015 sind wieder höhere Fänge möglich. Mittelfristige Vorhersagen über die Entwicklung der Fänge sind bei kurzlebigen Arten kaum möglich. [806] [809]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Sandaalbestände hängen stark von Prozessen ab, die durch das Klima beeinflusst werden und u.a. Veränderungen in der Entwicklung der Planktonbiomasse hervorrufen. Eine Studie zu den Überlebensraten früher Larvenstadien weist darauf hin, dass das Zusammentreffen von Schlupf und Beginn der Planktonblüte ein wichtiger Faktor ist, der zur Variabilität der Jahrgangsstärken beiträgt. [806] [809]

Wer und Wie

Das Management von Sandaal in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3) erfolgt getrennt durch die Europäische Union (EU) und Norwegen: Es wird eine Höchstfangmenge für norwegische Gewässer und eine für die EU-Gewässer der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt. Der EU-TAC wird seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt. Bei der jährlichen Festsetzung der EU-Fangmöglichkeiten wird der TAC für Sandaal zunächst auf null festgesetzt, da die Fangempfehlung des ICES für das laufende Jahr meist erst Ende Februar veröffentlicht wird. Erst danach kann der Sandaal-TAC festgelegt werden. Die Fischerei auf Sandaal ist nur in einem bestimmten Zeitraum geöffnet. Das Management erfolgt außerdem über technische Verordnungen (Maschenweiten, erlaubte Beifangmengen). In Norwegen gibt es ferner Gebietsschließungen. [422] [806] [809]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Das Sandaalmanagement der EU basiert auf den ICES-Empfehlungen, in Norwegen auf eigenen Berechnungen. Seit 2011 gibt der ICES getrennte Fangempfehlungen für die sieben verschiedenen Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete (SA1-7). Es wird eine Höchstfangmenge für Sandaal in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt, die seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt wird. Für 2011 empfahl der ICES, keine Fischerei auf diesen Sandaal-Bestand zuzulassen, es wurde jedoch sowohl eine EU- als auch eine Norwegische Quote festgelegt. Auch 2012 lag die Summe der Quoten weit über der wissenschaftlichen Empfehlung. 2013 und 2014 blieben die Quoten hingegen unter der wissenschaftlichen Empfehlung und die Fänge waren geringer als die erlaubten Fangmengen. [806] [809]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Die wissenschaftliche Empfehlung wird separat für sieben verschiedene Gebiete in der Nordsee (ICES Gebiet IV) und im Kattegatt und Skagerrak (ICES-Gebiet IIIa) gegeben (Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete: SA1-7). Es wird eine Höchstfangmenge für Sandaal in den EU-Gewässern der ICES-Gebiete IIa, IIIa und IV festgelegt, die seit 2011 auf die sieben Sandaal-Bewirtschaftungsgebiete aufgeteilt wird. Außerdem gibt es eine Quote für die norwegische ausschließliche Wirtschaftszone. Es gibt bisher kein gemeinsames Management durch die EU und Norwegen. [806] [809]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2014: 153,7; davon Grundschleppnetze 100%
TACs (SA3: EU/Norwegen)2011: 10/90 2012: 5/42 2013: 40/20 2014: 140/90
2015: 190/? [806] [809] [811]

IUU-Fischerei

Die Bestandsberechnung war 2014 unsicherer, da Fänge aus Gebiet SA1 nach SA3 fehlberichtet wurden. Der ICES hat diese offenkundig falsch gemeldeten Fänge (44.000 t) aus SA3 wieder SA1 zugeordnet und empfiehlt Managementmaßnahmen, die solche fehlerhaften Meldungen unterbinden. [806] [809]

Struktur und Fangmethode

Sandaal in der nördlichen und zentralen Nordsee, im Skagerrak und Kattegat (SA3) wird zu 100% in einer industriellen Schleppnetz-Fischerei gefangen. Als Industriefische werden Arten verwendet, die für den direkten menschlichen Konsum kaum genutzt werden können. Sie werden zu Fischmehl und -öl verarbeitet, aus welchem u.a. Tierfutter hergestellt wird. Derzeit findet eine Fischerei nur in fünf der sieben Gebiete statt (SA1-4 und 6). Die Sandaalfänge aus Gebiet SA3 machten 2014 59% der Gesamtfänge aus. 2014 tätigte Dänemark 59% aller Sandaalfänge in der Nordsee, gefolgt von Norwegen mit 31%. Ferner fischen Schweden, Deutschland und Litauen auf Sandaal. [806] [809]

Beifänge und Rückwürfe

Die Fischerei auf Sandaal fängt eine Mischung verschiedener Sandaal-Arten, hauptsächlich aber den Kleinen Sandaal (Ammodytes marinus). Die Fischerei erfolgt mit kleinmaschigen Netzen, Beifänge sind über technische Vorgaben (EU) geregelt. Z.B. müssen bei der Verwendung von Maschenweiten kleiner 16 mm mindestens 95% des Fanges aus der Zielart bestehen. Bei Verwendung von 16-31 mm Maschen müssen mindestens 90% des Fanges Zielart sein, oder 60% Zielart, höchstens 5% eine Mischung aus Kabeljau, Schellfisch und Seelachs, und höchstens 15% bestimmte weitere Arten. Es gibt wenig Beifang geschützter Arten. Auch die Rückwürfe von Sandaal sind zu vernachlässigen, da der gesamte Fang verarbeitet wird. [422] [631] [806] [809]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Der Einfluss hängt aber auch von Fangmethode und Bodenstruktur ab. Auf sandigem Boden hat eine Studie in den USA nur einen geringen Einfluss durch Grundscherbrettnetze feststellen können. So waren zwar die Spuren der Scherbretter lange sichtbar (mindestens 1 Jahr), es konnten aber kaum signifikante Unterschiede in der Mikrotopographie der befischten und unbefischten Gebiete nachgewiesen werden. Auch bei strukturformenden und mobilen Wirbellosen zeigten befischte und unbefischte Gebiete keine signifikanten Unterschiede.
Eine Abnahme der Sandaal Bestände in den letzten Jahren, einhergehend mit einer deutlichen Veränderung der Verbreitung, verstärkt die Sorge um lokale Erschöpfung von einzelnen Beständen. Die Erschöpfung von Beständen in der Nähe von Seevogelkolonien (weniger als 100km Entfernung) kann einige Arten, insbesondere Dreizehenmöwen und Brandseeschwalben beeinträchtigen. In den nördlichen Gebieten ist die Sandaalfischerei um Brutgebiete von Seevögeln daher geschlossen. Meeressäuger und Fische werden aufgrund ihrer höheren Mobilität wahrscheinlich weniger beeinflusst. [7] [8] [30] [806] [807] [808] [809]

Biologische Besonder­heiten

Sandaale sind kleine, kurzlebige Schwarmfische mit einem hohen Fettgehalt. Dadurch sind sie ein qualitativ hochwertiges Futter für viele Räuberische Fische, Seevögel und Meeressäuger. Besonders wichtig sind sie im Sommer, wenn sie tagsüber viel Zeit zum Fressen in der Wassersäule verbringen, nachts aber eingegraben im Sand leben. Zu anderen Jahreszeiten verbringen sie den größten Teil der Zeit vergraben im Sand und sind für viele Räuber dann unerreichbar (z.B. für Seevögel die an der Wasseroberfläche jagen). Andere Räuber wie verschiedene Fisch, Seehunde und tauchende Vögel sind hingegen in der Lage die Fische auszugraben. [806] [807] [809]

Zusätzliche Informationen

Sandaal geht nach der Larvenphase zum Bodenleben über und ist dort sehr ortsgebunden. Larven-Driftmodelle und Untersuchungen von Unterschieden im Wachstum deuten darauf hin, dass es sich bei Sandaal in der Nordsee nicht um einen Bestand, sondern einen Komplex verschiedener lokaler Bestände handelt. Die wissenschaftliche Bewirtschaftungsempfehlung wird daher für sieben verschiedene Sandaal-Gebiete abgegeben, eine analytische Bestandsberechnung gibt es nur für die Gebiete SA1-3, Sandaal in Gebiet 4 wird als datenlimitierter Bestand behandelt. [806] [807] [809]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Sandaalfischerei in der Nordsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert, die dänische Fischerei befindet sich aber im Zertifizierungsverfahren.

Soziale Aspekte

Die Sandaalfischerei in der Nordsee wird überwiegend mit mittelgroßen Fahrzeugen durchgeführt. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13]

AutorJahrTitelQuelle
[2]Muus BJ, Nielsen JG1999Die Meeresfische Europas Franckh-Kosmos Verlag
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[229]Froese, R. and D. Pauly. Editors.2011FishBase. World Wide Web electronic publication.
www.fishbase.org, version (06/2011).
fishbase
[422]Europäische Gemeinschaft (EG)1998Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates vom 30. März 1998 zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren.europa.eu
[631]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 227/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 des Rates über die zulässige Anlandung von Hering zu industriellen Zwecken ohne Bestimmung für den unmittelbaren menschlichen Verzehreuropa.eu
[806]ICES2015Report of the Herring Assessment Working Group for the Area South of 62ºN (HAWG), 11 Sandeel in IV and IIIa (HAWG Feb. 2015).ices.dk
[807]Frederiksen M, Wanless S, Harris MP, Rothery P, Wilson LJ2004The role of industrial fisheries and oceanographic change in the decline of North Sea black-legged kittiwakes Journal of Applied Ecology, 41:1129–1139
[808]James Lindholm J, Gleason M, Kline D, Clary L, Rienecke S, Cramer A, Los Huertos M2015Ecological effects of bottom trawling on the structural attributes of fish habitat in unconsolidated sediments along the central California outer continental shelf Fishery Bulletin 113:82-96
[809]ICES2015Report of the Advisory Committee, 2015. Book 6. North Sea. 6.3.39. Sandeel (Ammodytes spp.) in Divisions IIIa, IVa, and IVb, SA 3 (Skagerrak and Kattegat, North and Central North Sea)ices.dk
[811]Europäische Union (EU)2015Verordnung (EU) 2015/523 des Rates vom 25. März 2015 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 43/2014 und (EU) 2015/104 hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiteneuropa.eu