Bestandsdatenblatt

Schwarzer Heilbutt Nordost-Arktis

Gültig 09/2015 - 09/2017

Allgemeine Informationen

Ökoregion:Barentsmeer (Nordost-Arktis), Norwegische See
Fanggebiet:Nordost-Arktis (1), Nordsee (4), Norwegische See (2) FAO 27 (Nordostatlantik)
Art:Reinhardtius hippoglossoides

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Für diesen Bestand stehen Anlandedaten sowie Daten aus russischen und norwegischen Forschungsreisen zur Verfügung. Keine der Forschungsreisen deckt das gesamte Verbreitungsgebiet ab. Die seit 2015 durchgeführte Modellrechnung ist aufgrund von Problemen in der Alterslesung unsicher, liefert aber Erkenntnisse über Trends in der Entwicklung des Bestandes. Ein Biomassereferenzwert nach dem Vorsorgeansatz (Bpa) ist definiert. Er gibt die niedrigste beobachtete fischbare Biomasse (≥ 45 cm) wieder, bei der noch eine gute Nachwuchsproduktion beobachtet wurde (1995). Die Fangempfehlung des ICES basiert auf der Anwendung des Vorsorgeansatzes. [682] [838]

Wesentliche Punkte

2015/2016: Die Begutachtung wurde von einer Trend-basierten Methode auf eine Modellrechnung umgestellt. Sie gilt wie die Fangempfehlung für zwei Jahre. Außerdem wurde der Vorsorgereferenzwert für die Biomasse (Bpa) definiert. Die fischbare Biomasse liegt nach Vorsorgeansatz im grünen Bereich. [682] [838]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Bis in die frühen 1960er Jahre wurde dieser Bestand überwiegend in einer küstennahen Langleinen-Fischerei vor der östlichen Finnmark und den Vesterålen (Nordnorwegen) gefangen (etwa 3.000 t jährlich). Mitte der 1960er Jahre kamen internationale Schleppnetzfischer dazu, und die Anlandungen stiegen in den frühen 1970ern bis auf 80.000 t. Die Fänge nahmen schnell wieder ab und schwankten zwischen 1973 und 1991 zwischen 15.000 und 40.000 t, mit den höchsten Fangmengen am Anfang und Ende dieser Periode. 1992-2009 war die gerichtete Schleppnetzfischerei verboten, die Anlandungen aus anderen Fischereien und aus Beifängen lagen in dieser Zeit zwischen 9.000 und 19.000 t. Seit 2010 ist die gerichtete Schleppnetzfischerei wieder geöffnet. Die fischbare Biomasse (Tiere ≥ 45 cm) zeigt seit Reduzierung der Fänge 1992 bis 2012 einen Anstieg und ist seitdem stabil. Die Nutzungsrate ist seit 1992 relativ stabil. [39] [682] [838]

Ausblick

Die fischbare Biomasse wird in den nächsten Jahren etwas abnehmen, aber voraussichtlich nicht unter den Vorsorgereferenzwert fallen. Die Fangmengen können zumindest kurzfristig noch stabil bleiben. [682] [838]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Schwarzer Heilbutt kommt in einem weiten Tiefen- (20 bis 2.200 m) und Temperaturbereich (-1,5 bis 10°C) vor. [682] [838]

Wer und Wie

Das Management erfolgt gemeinsam durch Norwegen und die Russische Föderation durch die "Joint Norwegian-Russian Fisheries Commission“ (JNRFC). Es gibt jedoch keinen spezifischen Managementplan. Von 1992 bis 2009 war die gerichtete Schleppnetzfischerei auf diesen Bestand geschlossen, die norwegischen Behörden haben für die küstennahe Fischerei jedoch eine Ausnahme zugelassen. Seit 2010 ist das Fangverbot aufgehoben. Der TAC geht zu 51% an Norwegen, 45% an Russland und 4% an andere Staaten. Seit Januar 2011 sind die technischen Regularien von Norwegen und Russland aufeinander abgestimmt. Die Fischerei wird außerdem über saisonale Schließungen reguliert. Außerdem gibt es noch einen kleinen TAC für EU- und internationale Gewässer, auf den auch Fänge aus den betreffenden Gebieten in IIa und IV angerechnet werden. Diese Fänge gehen nicht in die Bestandsberechnung ein. [81] [682] [798] [838] [839]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Von 1995 bis 2000 empfahl der ICES eine Schließung der Fischerei. Während die gerichtete Schleppnetzfischerei von 1992 bis 2009 verboten war, legte Norwegen eine niedrige Quote (2.500 t) für die Langleinen- und Kiemennetz-Fischerei mit Fahrzeugen kleiner als 28 m fest. Die Gesamtanlandungen aus dieser Fischerei plus erlaubter Beifang aus Schleppnetzen lagen mit 10.000 bis 19.000 t weit über der wissenschaftlichen Empfehlung. Von 2001 bis 2009 wurden Höchstfangmengen von weniger als 11.000 bzw. 13.000 t empfohlen. Da die norwegische Quote sowie die Gesamtanlandungen den Vorjahren entsprachen, kam es auch in dieser Zeit meist zu einer höheren Entnahme als empfohlen. Seit 2010 ist auch die gerichtete Schleppnetzfischerei wieder geöffnet und das Management hat für 2010 bis 2012 ursprünglich eine Höchstfangmenge (TAC) von jährlich 15.000 t festgelegt. Diese Fangmenge entspräche der Empfehlung des ICES für 2012 bis 2015, tatsächlich einigte man sich aber auf einen höheren TAC von 18.000 t in 2012 bzw. 19.000 t in 2013-2015. Die Anlandungen lagen seit 2011 10-20% über den TACs, ein Problem ist wahrscheinlich die Regulierung der Beifänge. [81] [682] [838] [839]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Dieser Bestand ist entlang des Kontinentalabhangs von den Färöer- und Shetland-Inseln bis in den Norden von Spitzbergen verbreitet. Höchste Dichten von schwarzem Heilbutt treten zwischen Norwegen und der Bäreninsel (ICES-Gebiete I und II) auf, er wird aber auch in geringen Mengen in der nördlichen Nordsee (ICES-Gebiet IVa) gefischt. Der Schwarze Heilbutt in den Gebieten I und II wird als ein Bestand begutachtet (Fänge aus IVa gehen hier nicht ein), die genaue Bestandsstruktur ist jedoch nicht bekannt. [39] [682] [838]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2014: 22,2 (ICES-Gebiet I und II), davon Schleppnetze 59%, Langleinen 28%, Kiemennetze 12%, andere 1%
TACs (Norwegen & Rußland/EU) 2010: 15,0/0,6 2011: 15,0/0,5 2012: 18,0/0,5 2013: 19,0/2,0 2014: 19,0/2,0 2015: 19,0/2,5 2016: 22,0/2,5 [682] [798] [838] [839] [907] [941]

IUU-Fischerei

ICES geht davon aus, dass es die gemeldeten Fänge aus diesem Bestand akkurat sind. Sie lagen 2011-2014 10-20% über den legalen Höchstfangmengen (TACs). [682] [838]

Struktur und Fangmethode

Die Fischerei auf diesen Bestand des Schwarzen Heilbutts wird in einer gerichteten Fischerei mit Kiemennetzen, Langleinen und Schleppnetzen durchgeführt. Er ist außerdem Beifang in der Schleppnetz-Fischerei auf andere bodenlebende Arten. In den letzten Jahren haben Norwegen und Russland 90-95% der Anlandungen getätigt. [659] [682]

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe von quotierten Arten wie schwarzem Heilbutt sind in Norwegen und Russland illegal. In dieser Fischerei sind Rückwürfe wahrscheinlich selten und werden nicht als Problem angesehen. [39] [659] [682]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Sie fangen neben den Zielarten auch Arten, die nicht kommerziell genutzt werden und deren Entnahme einen Einfluss auf das Ökosystem haben kann. Auf sandigem Boden konnten allerdings keine großen Veränderungen festgestellt werden. In der Arktis können Grundschleppnetze vor allem einen negativen Effekt auf empfindliche Bodenlebewesen-Gemeinschaften haben, die auf Hartsubstrat vorkommen. Besonders empfindlich sind Schwämme und Kaltwasser-Korallen. Die Kartierung der Kaltwasser-Riffe schreitet stetig voran, auch Fischer versuchen den Kontakt mit Riffen zu vermeiden, um ihr Gerät zu schonen. In einigen Gebieten ist zum Schutz dieser Riffe der Einsatz von Grundschleppnetzen verboten. In Kiemennetzen können Seevögel und Meeressäuger beigefangen werden, küstennah z.B. Schweinswale. In der Langleinenfischerei kann es zu Seevogel-Beifang kommen. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. [7] [8] [30] [83] [149] [178] [507]

Biologische Besonder­heiten

Schwarzer Heilbutt ist ein besonders großer Plattfisch, der über 1 m lang werden kann. Anders als andere Plattfischarten ist er auf beiden Körperseiten pigmentiert und das zweite Auge wandert nicht gänzlich auf die spätere Körperoberseite. Beide Merkmale weisen darauf hin, dass schwarzer Heilbutt nicht nur am Boden lebt, sondern auch in der freien Wassersäule angetroffen werden kann. [31]

Zusätzliche Informationen

Die genaue Struktur dieses Bestandes ist nicht bekannt. Wahrscheinlich findet in geringem Maße ein Austausch mit anderen Beständen statt, zum einen durch Larvendrift nach Grönland, zum anderen durch Wanderungen von erwachsenen Tieren zwischen dem Barentsmeer und Island sowie den Färöer Inseln. Das Hauptlaichgebiet liegt wahrscheinlich zwischen dem norwegischem Festland und der Bäreninsel. [37] [659] [682]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf diesen Schwarzen Heilbutt-Bestand nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Fahrzeuge in der Norwegensee und in der Barentssee fahren unter norwegischer, russischer, färörer, isländischer oder EU-Flaggen, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach den (sehr unterschiedlichen) Regeln dieser Staaten. [13] [39]

Marktdaten: Alle Heilbuttarten auf dem deutschen Markt zusammengefasst.

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 1.204 t (2021: 5.970 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 0,1 % (2021: 0,5 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Neufundland/Labrador (NAFO 2, 3KLMNO) 15,7 - - Bewirtschaftungsregel 06/2023 -
06/2024
Nordost-Arktis (1, 2) 27,0 27,0 51,9 - 06/2023 -
06/2024
Ost-Grönland & Island (5, 6, 12, 14) 21,9 21,9 22,4 - 06/2023 -
06/2024
West-Grönland (NAFO 0, 1) 36,4 36,4 - Anlandungen 2021 06/2022 -
06/2024
West-Grönland Fjorde (1A inshore) 27,1 27,1 - Anlandungen Summe der 3 Gebiete 2021 06/2022 -
06/2024

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[31]Ministry of Food, Agriculture and Fisheries, IslandInformationsseite des isländischen "Ministry of Food, Agriculture and Fisheries"government.is
[37]Havforskningsinstituttet, NorwegenOnline Portal des Havforskningsinstituttet (Institut für Meeresforschung), Norwegenimr.no
[39]Fischereiverwaltung, NorwegenOnline Portal des Fiskeridirektoratet (Fischereiverwaltung), Norwegenfiskeridir.no
[81]Ministerium für Handel, Industrie und Fischerei, NorwegenOnline Portal des Nærings- og fiskeridepartementet (Ministerium für Handel, Industrie und Fischerei), Norwegenregjeringen.no
[83]Fossa JH, Mortensen PB, Furevik DM2002The deep-water coral Lophelia pertusa in Norwegian waters: distribution and fishery impacts Hydrobiologia 471:1-12
[149]MAREANO: The Sea in Maps and PicturesMareano Homepage: Vulnerable biotope mapsmareano.no
[178]FAO Food and Agriculture Organization2016Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016
[507]ICES2009Report of the Advisory Committee 2009, Book 3. The Barents Sea and the Norwegian Sea. Human impacts on the ecosystemices.dk
[659]ICES2013Report of the Arctic Fisheries Working Group (AFWG), 18 - 24 April 2013, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2013/ACOM:05. 726 ppices.dk
[682]ICES2015Report of the Advisory Committee 2013, Book 3. The Barents Sea and the Norwegian Sea. 3.3.7. Greenland halibut (Reinhardtius hippoglossoides) in Subareas I and II (Northeast Arctic)ices.dk
[798]Europäische Union (EU)2015Verordnung (EU) 2015/104 des Rates vom 19. Januar 2015 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Unionsschiffe in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (2015) und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 43/2014 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 779/2014europa.eu
[838]ICES2015Report of the Arctic Fisheries Working Group (AFWG), 23-29 April 2015, Hamburg, Germany. ICES CM 2015/ACOM:05. 590 pp.ices.dk
[839]Ministry of Fisheries and Coastal Affairs, Norwegen2014Undertegnet norsk-russisk fiskeriavtale, Pressemelding, Dato: 10.10.2014, Nr: 102/2014 (auf Norwegisch)regjeringen.no
[907]Europäische Union (EU)2016VERORDNUNG (EU) 2016/72 DES RATES vom 22. Januar 2016 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2016 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern und zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/104europa.eu
[941]Ministry of Fisheries and Coastal Affairs, Norwegen2015Abkommen über die norwegisch-russischen Quotenvereinbarung für das Jahr 2016: Enighet om norsk-russisk kvoteavtale for 2016, Pressemelding, Dato: 09.10.2015 (auf Norwegisch)regjeringen.no