Bestandsdatenblatt

Nördlicher Seeteufel (Lophius piscatorius und L. budegassa)

Gültig 10/2014 - 10/2015

Nördlicher Seeteufel (Lophius piscatorius und L. budegassa)

gültig 10/2014 - 10/2015

Zugehörige Fischart

Seeteufel (4 Arten)

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Norwegische See, Nordsee, Keltischer und Biskaya-Schelf
Fanggebiet:nördliche Gebiete (2, 3.a, 4, 6) FAO 27
Art:Lophius piscatorius

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Dieser „Bestand“ umfasst die Seeteufel-Arten Lophius piscatorius und L. budegassa, die beide in diesem Gebiet vorkommen. Die Fänge bestehen aber hauptsächlich aus L. piscatorius. Es gibt seit 2003 keine analytische Bestandsberechnung für diesen Bestand mehr, weil die Eingangsdaten unzureichend sind. Genauere Altersbestimmung, Wachstumsraten und Anlandedaten sind erforderlich, um eine analytische Begutachtung vorzunehmen. Frühere Referenzpunkte sind aufgrund der unzureichenden Daten und damit einhergehender Probleme nicht mehr gültig. Gemeinsame Seeteufel-Forschungsreisen von Fischerei und Wissenschaft ermöglichen aber die Berechnung eines Biomasse-Indexes, aus dem auch die Fangempfehlung abgeleitet wird. [779]

Wesentliche Punkte

2014: Durch eine Verschiebung des Zeitpunkts der Forschungsreisen gab es für die aktuelle Begutachtung im Vergleich zum Vorjahr zwei neue Datenpunkte. Die neuesten Daten weisen nun auf einen deutlichen Anstieg der Biomasse und Häufigkeit seit 2011 hin. Die erlaubten Fangmengen wurden 2013 nicht ausgefischt. [779]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Die offiziellen, jedoch bis vor kurzem wenig verlässlichen Anlandeinformationen von Seeteufel aus diesem Bestand stiegen von 1984 bis 1996 (Maximum 35.000 t) an. Danach war bis 2003 eine Abnahme zu verzeichnen. Weniger restriktive Quoten und spezielle Maßnahmen zur Registrierung der Anlandungen in Schottland und Irland haben falsch- und nicht-registrierte Anlandungen reduziert bzw. erschwert. Durch eine Reduzierung der Kiemennetzfischerei mit einhergehender Verringerung von Rückwürfen sind auch die Daten zum Gesamtfang verbessert worden. Die neuesten Daten der Forschungsreisen weisen nun auf eine Zunahme der Biomasse und Häufigkeit seit 2011 hin. Der Mittelwert der letzten zwei Jahre (2013-2014) ist 22% höher als der Mittelwert der drei vorangegangenen Jahre (2010-2012). [779]

Ausblick

Aufgrund begrenzter wissenschaftlicher Kenntnisse über die Entwicklung dieses Bestandes können keine Vorhersagen gemacht werden. Seeteufel erreichen die Geschlechtsreife erst spät, und der Fang besteht daher überwiegend aus jungen, unreifen Fischen. Dies macht sie sehr anfällig für Überfischung. Da die Biomasse seit 2011 wächst, können die Fänge zumindest kurzfristig steigen. [779]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Verbreitung des Seeteufel-Nachwuchses ist stark von Strömungen abhängig. Die spezielle Art des Laichens (siehe „biologische Besonderheiten“) sorgt für eine gruppierte Verbreitung von Eiern und jungen Larven, welche dann gemeinsam günstigen oder ungünstigen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Dies kann einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg der Nachwuchsproduktion haben. [588] [779]

Wer und Wie

Dieser Seeteufel-Bestand ist in verschiedenen Managementgebieten verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt in EU- und teilweise in internationalen Gewässern durch Höchstfangmengen (TACs), jeweils für die beiden Arten Lophius piscatorius und L. budegassa gemeinsam. Ein Abkommen der EU mit Norwegen regelt außerdem die Fänge in der ausschließlichen Wirtschaftzone Norwegens in der Nordsee. Dadurch steht EU-Schiffen eine zusätzliche Quote in Norwegischen Gewässern zur Verfügung (2014: 1.500 t). Fänge im Kattegat/Skagerrak werden nicht durch TACs reguliert. Ein Teil von Gebiet VIb sowie XII und XIV sind internationale Gewässer, für die die North-East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC) zuständig ist und z.B. einige Gebiete für die Fischerei geschlossen hat. Das Management erfolgt außerdem durch technische EU-Verordnungen (z.B. Maschenweiten). In der EU gibt es keine Mindestanlandelänge für Seeteufel, allerdings schreibt sie für die Vermarktung von Seeteufel ein Mindestgewicht von 500 g (ausgenommen) bzw. 200 g (ohne Kopf) vor. In Norwegischen Gewässern gelten für die Fischerei auf Seeteufel nationale Regelungen über Maschenweiten, Mindestanlandelänge und Gebietsschließungen. [301] [582] [584] [710] [732]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die bestandsbezogenen Fangempfehlungen des ICES können nicht direkt mit den Höchstfangmengen (TACs) und Anlandungen verglichen werden, da die Gebiete nicht vollständig übereinstimmen (siehe „Wer und Wie“ und „Karten“). Der ICES hat bis 2014 eine Beibehaltung bzw. eine Reduzierung von Aufwand, Fängen oder Fischereidruck empfohlen. Von 1999 bis 2003 fand tatsächlich eine erhebliche Reduzierung der Höchstfangmenge (TAC) statt. Trotz gegenteiliger Empfehlung stieg die Summe der TACs von 2005 bis 2009 jedoch langsam wieder an und ist auch danach kaum gesunken, wenn man die EU-Quote in der norwegischen ausschließlichen Wirtschaftszone hinzurechnet. Für 2015 wird zum ersten Mal eine Erhöhung der Fänge empfohlen. Außerdem wird weiterhin empfohlen, die Managementgebiete mit dem für die Begutachtung des Bestandes verwendeten Verbreitungsgebiet (IVa und VI) in Übereinstimmung zu bringen. [647] [779]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Dieser Seeteufel-Bestand ist in der Nordsee (ICES-Gebiet IV), dem Kattegat/Skagerrak (IIIa) und westlich Schottlands (VIab) verbreitet. Die Bewirtschaftung erfolgt über zwei Höchstfangmengen (TACs): 1. EU-Gewässer der Gebiete IV und IIa, 2. VI, Vb (EU und international), XII und XIV (internationale Gewässer). Die EU verfügt außerdem über eine Quote in norwegischen Gewässern der Nordsee (IV). Verbreitungs- und Managementgebiete stimmen nicht überein. Die TACs decken zum Teil Gebiete außerhalb der Verbreitung ab, Fänge im Kattegat/Skagerrak (IIIa) werden hingegen nicht über TACs reguliert. [710] [732] [779]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2013: 12,1 (beide Arten) (Gebiet IIIa und IV: 7,3; davon 59% Grundschleppnetze, 24% Kiemennetze, 9% Kaisergranat-Schleppnetze, 8% andere bzw. nicht spezifiziert; Gebiet VI: 4,7; davon 68% Grundschleppnetze, 8% Kiemennetze, 1% andere, 23% nicht spezifiziert), Rückwürfe: 0,79 (bezogen auf 82% der Anlandungen, Rückwürfe in der Kiemennetzfischerei können nicht quantifiziert werden)
TACs (Summe/EU-Quote in norw. Gewässern; beide Arten) 2009: 16,9/1,6 2010: 16,9/1,5 2011: 15,1/1,5 2012: 14,3/1,5 2013: 13,6/1,5 2014: 12,3/1,5 [710] [732] [779]

IUU-Fischerei

Der Umfang nicht und falsch gemeldeter Fänge und Anlandungen war in der Vergangenheit ein signifikantes Problem, wird nun aber nicht mehr als solches angesehen. Grund dafür sind weniger restriktive TACs, spezielle Maßnahmen zur Registrierung der Anlandungen in Schottland und Irland und eine erhebliche Reduzierung der Kiemennetzfischerei auf hoher See. [779]

Struktur und Fangmethode

Seeteufel wird in einer gezielten Fischerei und als Beifang in der Fischerei auf Grundfische (z.B. Rockall-Schellfisch) und Kaisergranat gefangen. In der Nordsee ist er vorwiegend (erwünschter) Beifang in der gemischten Rundfisch- und der Kaisergranat-Fischerei, seltener in der Fischerei auf „Tiefsee“-Garnelen (Pandalus). Die meisten Anlandungen wurden 2013 aus ICES-Gebiet IVa gemeldet (6.397 t). In der Nordsee werden die meisten Anlandungen vom Vereinigten Königreich getätigt, gefolgt von Dänemark und Norwegen. In den Gebieten westlich Schottlands fischen hauptsächlich das Vereinigte Königreich, Frankreich und Irland. [779]

Beifänge und Rückwürfe

Seeteufel wird selbst zum Teil als meist wertvoller Beifang gefangen. Solange Quote vorhanden ist, ist der Rückwurf von Seeteufel, der den Ansprüchen des Marktes genügt (Mindestgewicht), eher unwahrscheinlich. Angaben zu Rückwurfmengen liegen für 82% der Anlandungen vor, sie betrugen 2013 787 t (7%). Für die Kiemennetzfischerei liegen keine Rückwurfdaten vor. Rückwürfe von Seeteufeln, die durch zu lange Verweilzeiten der Kiemennetze für den Konsum nicht geeignet sind, können in einigen küstenfernen Fischereien erheblichen Umfang annehmen. Die Kiemennetzfischerei auf diesen Bestand und die damit einhergehenden Rückwürfe wurde in der letzten Zeit aber erheblich reduziert. In Norwegen ist der Rückwurf von Seeteufel verboten. [14] [301] [779]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Sie fangen neben den Zielarten auch Arten, die nicht kommerziell genutzt werden und deren Entnahme einen Einfluss auf das Ökosystem haben kann. Besonders empfindlich sind Schwämme und Kaltwasser-Korallen, die z.B. in Teilen der Rockall-Bank vorkommen. Um Kaltwasserkorallen zu schützen, sind verschiedene Gebiete für die Grundschleppnetz-Fischerei geschlossen. Aus diesem Gebiet (VIb) kommt aber nur ein kleinerer Teil der Anlandungen (2013 17%: 2.124 t). Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. Die Kiemennetzfischerei auf diesen Bestand wurde in der letzten Zeit aber erheblich reduziert. [7] [8] [30] [178] [582] [779]

Biologische Besonder­heiten

Die Biologie und Verbreitung von Seeteufeln im Nordostatlantik ist zum Teil noch unerforscht. Erwachsene Fische leben wahrscheinlich in tieferem Wasser, reife Weibchen werden selten angetroffen.
Das Laichen ist bei den Arten der Gattung Lophius sehr ungewöhnlich. Die Eier werden in schwimmfähigen, gallertartigen Bändern entlassen. Diese können über 10 m lang sein, über 1 Mio. Eier enthalten und treiben im freien Wasser. Durch die besondere Art des Laichens werden Eier und junge Larven in Gruppen verbreitet, welche dann gemeinsam günstigen oder ungünstigen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Dies kann einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg der Nachwuchsproduktion haben.
Seeteufel erreichen die Geschlechtsreife erst spät, und der Fang besteht daher überwiegend aus jungen, unreifen Fischen. Dies macht die Art sehr anfällig für Überfischung. [588] [779]

Zusätzliche Informationen

Die beiden im Nordostatlantik vorkommenden Seeteufel-Arten Lophius piscatorius (mit weißem Bauch) und L. budegassa (mit schwarzem Bauch) werden in der Regel gemeinsam gefangen, angelandet und vermarktet. Je nach Seegebiet ist jedoch die eine oder andere Art häufiger vertreten. In den nördlichen Gebieten wird ganz überwiegend L. piscatorius gefangen, L. budegassa zeigt eine etwas südlichere Verbreitung. L. piscatorius erreicht in der Regel die höheren Anlandeerlöse. Der ICES begutachtet neben dem Nördlichen Seeteufel zwei weitere Bestände für jede der zwei Arten, die Trennung in Westlichen und Südlichen Seeteufel basiert aber nicht auf biologischen Kriterien. Die Bewirtschaftung erfolgt über Höchstfangmengen, die immer beide Arten einschließen. [588] [779]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf diesen Seeteufel-Bestand nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert.

Soziale Aspekte

Die Fischereien auf Seeteufel im Nordostatlantik werden mit Fahrzeugen verschiedener Größen durchgeführt. Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung sind sehr unterschiedlich, richten sich aber nach den Regeln der jeweiligen Flaggenstaaten. [13] [779]

AutorJahrTitelQuelle
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[178]FAO Food and Agriculture Organization2016Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016
[301]Directorate of fisheries, NorwegenRegulations relating to seawater fisheries (derzeit nur auf Norwegisch)fiskeridir.no
[582]North-East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC)2013Recommendation 9 : 2013, The North-East Atlantic Fisheries Commission At Its Annual Meeting In November 2012 Adopted, In Accordance With Article 5 Of The Convention On Future Multilateral Cooperation In North-East Atlantic Fisheries, A Recommendation To Adopt Regulatory Measures For The Protection Of Vulnerable Marine Ecosystems From Significant Adverse Impacts From 2013 To 2015neafc.org
[584]Europäische Gemeinschaft (EG)1996Verordnung (EG) Nr. 2406/1996 des Rates vom 26. November 1996 über gemeinsame Vermarktungsnormen für bestimmte Fischereierzeugnisseeuropa.eu
[588]Fariña AC, Azevedo M, Landa J, Duarte R, Sampedro P, Costas G, Torres MA, Cañás L2008Lophius in the world: a synthesis on the common features and life strategies ICES Journal of Marine Science 65 (7): 1272-1280
[647]ICES2013Report of the Advisory Committee, 2013. Book 5. Celtic Sea and West of Scotland. 5.3.3.1. Request from the European Commission on distribution of the stock of megrims in Subarea IV and Division VIaices.dk
[710]Europäische Union (EU)2014Verordnung (EU) Nr. 43/2014 des Rates vom 20. Januar 2014 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Unionsschiffe in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (2014)europa.eu
[732]Europäische Union (EU)2014Verordnung (EU) Nr. 432/2014 des Rates vom 22. April 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 43/2014 hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiteneuropa.eu
[779]ICES2014Report of the Advisory Committee, 2014. Book 5. Celtic Sea and West of Scotland + North Sea. 5.3.1. Anglerfish (Lophius piscatorius and L. budegassa) in Division IIIa and Subareas IV and VI.ices.dk