Bestandsdatenblatt

Nordsee-Sprotte

Gültig 06/2015 - 06/2016

Nordsee-Sprotte

gültig 06/2015 - 06/2016

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Andere Bestände

Ostsee-Sprotte

Zugehörige Fischart

Sprotte

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Nordsee
Fanggebiet:Nordsee (4) FAO 27
Art:Sprattus sprattus

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

In die Berechnungen gehen Fangdaten und drei unabhängige wissenschaftliche Forschungsreisen ein. Um den Lebenszyklus der Sprotten besser abzubilden und damit das Ergebnis der Berechnung präziser zu machen, sind seit 2013 Begutachtungsjahr und Empfehlungszeitraum nicht auf ein Kalenderjahr (Januar bis Dezember) sondern auf Juli bis Juni des Folgejahres bezogen. Nach Vorsorgeansatz sind zwei Referenzwerte für die Laicherbiomasse festgelegt (Blim und Bpa). Nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY) sind Referenzwerte für Laicherbiomasse und fischereiliche Sterblichkeit definiert (modifiziert für kurzlebige Arten: Fcap und MSY-Bescapement). Sie sind Basis für die Fangempfehlung. [823] [850]

Wesentliche Punkte

Der Bestand liegt nach allen definierten Referenzwerten im grünen Bereich. Die Biomasse ist weiter gewachsen und die fischereiliche Sterblichkeit ist nach dem niedrigen 2013er Wert wieder etwas angestiegen. Die Anlandungen 2014 haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. [823] [850]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan)

  angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Sprotte in der Nordsee ist eine kurzlebige Art, die Biomasse und Fangmöglichkeiten schwanken daher stark. Die Laicherbiomasse schwankt seit vielen Jahren um den Vorsorge-Referenzwert (Bpa) und den Referenzwert nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY). Derzeit liegt sie wieder weit darüber. Die fischereiliche Sterblichkeit zeigt seit 2004 einen abnehmenden Trend und liegt seit 2007 unter dem MSY-Referenzwert. Hohe Beifänge von jungen Heringen in der Industriefischerei haben die tatsächlichen Nordsee-Sprott-Fänge in der Vergangenheit wahrscheinlich verfälscht. Die Fangmengen werden daher erst nach 1996 als verlässlich angesehen. Seitdem wurden die höchsten Anlandungen 2005 erreicht, die Anlandungen 2014 haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Nachwuchsproduktion 2014 ist wahrscheinlich die höchste der gesamten Zeitreihe. [823] [850]

Ausblick

Der starke Nachwuchsjahrgang 2014 führt kurzfristig zu steigenden Fangmöglichkeiten. In den letzten 15 Jahren waren die Höchstfangmengen (TACs) für diesen Bestand jedoch nie restriktiv, die Fänge lagen immer darunter. Dies dürfte vor allem an den Begrenzungen der Heringsbeifänge in der Sprottenfischerei liegen. Mittelfristige Vorhersagen über die Entwicklung der Fänge sind bei kurzlebigen Arten kaum möglich. [823] [850]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Der Sprott-Bestand in der Nordsee hängt im Wesentlichen von der Verfügbarkeit bestimmter Nahrungsorganismen (Zooplankton) ab. Die Struktur der Zooplankton-Gemeinschaften in der Nordsee verändert sich in den letzten Jahren und die Zooplanktonmenge nimmt in der nördlichen Nordsee ab. Welchen Einfluss diese Umweltveränderungen auf den Bestand der Nordsee-Sprotte haben, ist noch nicht bekannt. [823] [850]

Wer und Wie

Die Bewirtschaftung von Sprotte in der Nordsee erfolgt durch die EU über eine festgesetzte Höchstfangmenge (TAC), die neben der Nordsee (EU-Gewässer von ICES-Gebiet IV) auch die EU-Gewässer von Gebiet IIa einschließt. Norwegen erhält eine Quote für die EU-Gewässer von Gebiet IV. Der TAC beinhaltet unvermeidbare Beifänge von z.B. Sandaal, Kliesche und Wittling. Für den Beifang von Hering wird eine separate Höchstfangmenge festgelegt (ICES-Gebiete IV, VIId und EU IIa). Außerdem gibt es landesspezifische Regularien, welche die Sprottenfänge limitieren können. wie z.B. saisonale Fangeinschränkungen, ein maximaler Beifanganteil pro Fang oder Anlandung und Maßnahmen zur Verhinderung von fehlberichteten Fängen. [798] [823] [850]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die ersten Fangempfehlungen für diesen Bestand hat der ICES für 2001 abgegeben. Von 2002 bis einschließlich 2005 lagen die festgesetzten Höchstfangmengen (TACs) über den Empfehlungen, die Fänge jedoch meist darunter. 2006 bis 2008 wurde der TAC kleiner bzw. gleich der maximal empfohlenen Menge festgesetzt. Für 2009 und 2010 gab es keine Empfehlung. Obwohl für 2011 eine Reduzierung der Fänge empfohlen wurde, blieb der TAC unverändert hoch. Der TAC für 2012 wurde den Empfehlungen folgend leicht gesenkt, im Laufe des Jahres wurde allerdings eine weitere Reduzierung empfohlen. Die wissenschaftliche Empfehlung gilt seit 2013 für Juli bis Juni des Folgejahres, während der TAC für ein Kalenderjahr festgelegt wird. Der ICES empfiehlt die Anpassung der TAC-Periode an den neuen Empfehlungszeitraum, um die Bewirtschaftung zu erleichtern. [823] [850]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Die Nordsee-Sprotte ist vor allem in EU-Gewässern der Nordsee verbreitet (ICES-Gebiet IV). Die geographische Verbreitung des Nordsee-Bestandes und die Verbindung zu benachbarten Beständen werden derzeit diskutiert. Fänge in den norwegischen Fjorden werden nicht zu diesem Bestand gerechnet; genetische Untersuchungen zeigen erhebliche Unterschiede zwischen Sprotten aus den Fjorden und der Nordsee. Die Bewirtschaftung erfolgt über eine Höchstfangmenge, die neben den EU-Gewässern der Nordsee auch Fänge in EU-Gewässern von Gebiet IIa einschließt. [798] [823] [850]

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

GesamtfangAnlandungen: Kalenderjahr 2014: 140,4; Begutachtungsjahr Juli 2013 bis Juni 2014: 167,8 hauptsächlich pelagische Schleppnetze (vor allem Dänemark), außerdem Ringwaden (Norwegen)
TACs (EU-Gewässer 2.a & 4, für das Kalenderjahr)2009: 170,0 2010: 170,0 2011: 170,0 2012: 161,5 2013: 161,5 2014: 144,0 2015: 227,0 [798] [823] [850]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. [823] [850]

Struktur und Fangmethode

Nordsee-Sprotte wird hauptsächlich von Dänemark (etwa 90% der Anlandungen), 2014 vor allem in Gebiet IVb, in einer Industriefischerei mit kleinmaschigen Schleppnetzen gefischt. In der norwegischen Sprott-Fischerei werden Ringwaden und Schleppnetze eingesetzt. Beide Fischereien werden überwiegend für die Produktion von Fischmehl und –öl durchgeführt. Sehr viel kleinere Mengen werden von Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Schweden angelandet. [823] [850]

Beifänge und Rückwürfe

Sprott-Rückwürfe können nicht quantifiziert werden. Sie kommen z.B. in Form von „slipping“ vor (Verwerfen des gesamten Fanges), wenn der erlaubte Anteil von Hering im Fang überschritten ist. Kleine Sprotten und mindere Qualität hingegen werden mit dem gesamten Fang in die Fischmehlproduktion gegeben. Der Beifang von Hering ist in dieser Fischerei nicht vollständig vermeidbar, außer in Jahren mit hoher Sprotten-Häufigkeit und schwacher Herings-Nachwuchsproduktion. Die maximal erlaubten Hering-Beifangmengen wirken daher limitierend auf die Sprott-Fischerei. In der dänischen Sprott-Fischerei kam es 1998-2009 zu 4-11% Herings-Beifang. 2013 und 214 waren es 8%. Außerdem werden in geringeren Mengen Stöcker, Wittling, Schellfisch, Makrele, Kabeljau und Sandaal beigefangen. Da es sich hierbei meist um Jungtiere handelt, ist der Anteil am Gewicht zwar gering, kann aber aus einer großen Anzahl von Individuen bestehen. Bis 1997 kam es je nach Gebiet zu hohen Beifängen von jungen Heringen, die für den Heringsbestand problematisch waren. Um diese zu reduzieren, wurde ein Limit für Herings-Beifang in der Industriefischerei und Verbesserungen der Fangmethoden und der Kontrolle der Artzusammensetzung bei der Anlandung eingeführt. Seit Januar 2015 gibt es ein generelles Rückwurfverbot in der Sprottenfischerei der Nordsee. [750] [823] [850]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Die Sprotte ist ein wichtiger Nahrungsorganismus im Ökosystem Nordsee, im Winter z.B. für viele Seevögel, wenn der dann im Boden vergrabene Sandaal nicht verfügbar ist. Der Einfluss der Sprott-Fischerei auf andere Fischarten, Meeressäuger und Seevögel ist derzeit aber noch nicht quantifizierbar. Die Fischerei wird hauptsächlich mit pelagischen Schleppnetzen durchgeführt, die den Meeresboden kaum beeinflussen (weil sie ihn in der Regel nicht berühren). [30] [823]

Biologische Besonder­heiten

Die Nordsee-Sprotte hat eine sehr ausgedehnte Laichzeit vom Frühlingsanfang bis in den Spätherbst, die von der Wassertemperatur gesteuert wird. Gelaicht wird in mehreren Schüben, bis zu zehn Schübe sind pro Laichsaison möglich. [823] [850]

Zusätzliche Informationen

Die Sprotte ist in der Nordsee kurzlebig (max. Alter ca. 3 Jahre), gefangen werden fast ausschließlich 1-2 Jahre alte Fische. Die Bestandsgröße und Fangmöglichkeiten hängen daher überwiegend vom Einwachsen des letzten Jahrgangs in die Fischerei ab. [823] [850]

Zertifizierte Fischereien

Bislang ist keine Fischerei auf Sprotte in der Nordsee nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Eine Fischerei befindet sich im Bewertungsverfahren nach den Standards des Marine Stewardship Councils (MSC). [4]

Soziale Aspekte

Die Sprott-Fischerei in der Nordsee wird hauptsächlich von Dänemark durchgeführt (etwa 90% der Anlandungen). Die 2007 in Dänemark eingeführte Quotenregelung ermöglicht den Handel bzw. den Verkauf der Quoten. Viele kleinere Fahrzeuge sind aus der Fischerei ausgeschieden und haben ihre Quoten an größere Fahrzeuge verkauft; die dänische Flotte ist daher von großen Fahrzeugen dominiert. Die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgen nach Landesregeln. [823] [850]

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[750]Europäische Union (EU)2013Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rateseuropa.eu
[798]Europäische Union (EU)2015Verordnung (EU) 2015/104 des Rates vom 19. Januar 2015 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Unionsschiffe in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (2015) und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 43/2014 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 779/2014europa.eu
[823]ICES2015Report of the Herring Assessment Working Group for the Area South of 62ºN (HAWG), 10-19 March 2015, ICES HQ, Copenhagen, Denmark. ICES CM 2015/ACOM:06. 763 pp.ices.dk
[850]ICES2015Report of the Advisory Committee, 2015. Book 6. Greater North Sea and Celtic Seas Ecoregions. 6.3.49 Sprat (Sprattus sprattus) in Subarea IV (North Sea)ices.dk