Bestandsdatenblatt

Island-Kabeljau

Gültig 06/2010 - 06/2011

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Islandschelf
Fanggebiet:Island (5.a) FAO 27
Art:Gadus morhua

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk, und Hafrannsóknastofnun (Isländisches Meeresforschungsinstitut), Reykjavik, www.hafro.is

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Anlandedaten und zwei wissenschaftlichen Forschungsreisen die alle Altersgruppen ab 1 erfassen. Rückwürfe gehen nicht in die Bestandsberechnungen ein. Neben den ICES-Empfehlungen gibt es die des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI). Die Referenzwerte zur Erlangung des höchsten Dauerertrages bzw. des Managementzieles (Btrig, Ftgt) beruhen auf Simulationen für die Entwicklung der Bewirtschaftungsregeln. [29] [41]

 

Wesentliche Punkte

2009/2010 Der isländische Managementplan (harvest control rule) wird vom ICES als im Einklang mit dem Konzept des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY) bewertet. Die fischereiliche Sterblichkeit ist erheblich gesunken und im Moment die niedrigste seit 40 Jahren [29] [43]

 

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  volle Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

 

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz)

  über dem Grenzwert (nach Managementplan)

  Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Der Bestand des Isländischen Kabeljaus erreichte 1993 seinen historischen Tiefstand. Seitdem nimmt er mit leichten Schwankungen sehr langsam wieder zu. Im Vergleich zu den früheren 1960ern ist die Bestandsgröße aber weiterhin sehr gering. Geringe Nachwuchsproduktion und individuelle Körpergrößen führen zu einer derzeit niedrigen Produktivität. Die Jahrgänge 2008 und 2009 könnten nach erster Einschätzung aber das Langzeitmittel erreichen oder sogar übertreffen, tragen aber selbst nicht vor 2012 zur Fischerei bei. Die Fischereiliche Sterblichkeit hat seit 2000 stark abgenommen. [27] [29]

 

Ausblick

Bei Befolgung des Management Planes werden Laicherbiomasse und Fangmengen weiterhin steigen. [29]

 

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Seit 1997 strömt vermehrt Atlantik-Wasser mit höherer Temperatur und Salzgehalt in das Verbreitungsgebiet. Bisher konnte kein Zusammenhang zwischen den hydrographischen Veränderungen und der Nachwuchsproduktion von Isländischem Kabeljau festgestellt werden. Wahrscheinlich bewirken diese Faktoren aber eine Verschiebung des Verbreitungsgebietes junger Lodden nach Norden, die dann als Nahrungsquelle nicht mehr zur Verfügung stehen. Möglicherweise ist dies auch die Ursache für die in letzter Zeit beobachteten geringeren Gewichte des Isländischen Kabeljaus. [29]

 

Wer und Wie

Die isländische Fischerei wird vom dortigen Ministerium für Fischerei und Landwirtschaft gemanagt. Es ist für die entsprechenden Gesetze und Regularien verantwortlich und entscheidet auch über die erlaubten Höchstfangmengen. Die Entscheidungen stützen sich auf die Empfehlungen des Isländischen Meeresforschungsinstituts (MRI). Die Quoten und Anlandungen werden auf ein Fischereijahr von September bis Ende August bezogen. Alle Anlandungen sind nur an lizensierten Anlandeplätzen möglich und werden zentral registriert. Das isländische Managementsystem basiert auf individuellen transferierbaren Quoten (ITQs), seit 1991 sind über 90 % der Fischereirechte handelbar. Seit 1994 basieren die Höchstfangmengen von Island-Kabeljau auf einem Managementplan (harvest control rule), der 2009 zuletzt modifiziert wurde. Der ICES bewertet diesen Managementplan als in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz und dem Konzept des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY). [31] [27] [29] [43]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die festgesetzten Höchstfangmengen folgten seit Anfang der 1990er Jahre meistens den Empfehlungen des Isländischen Meeresforschungsinstitutes und lagen häufig über denen des ICES. Die tatsächlich angelandeten Fänge waren meistens noch höher. Im Jahr 2008/2009 wurde die festgesetzte Höchstfangmenge während des laufenden Fischereijahres aus ökonomischen Gründen und wegen guter Prognosen für den Bestand stark erhöht (von 130.000 auf 160.000 t). Die aktuellen Empfehlungen des ICES basieren auf dem isländischen Managementplan (harvest control rule) und der von beiden Organen empfohlene TAC für 2010/11 stimmt damit überein (160.000 t). [29] [41] [42]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Island-Kabeljau ist auf dem gesamten Islandschelf verbreitet. Verbreitungs- und Managementgebiet sind annähernd identisch. [27]

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2009: Anlandungen: 181,3 Island (Fischereijahr 2008/2009: 168); davon Grundschleppnetze ca. 45%, Kiemennetze ca. 10%, Langleinen ca. 35%, Andere ca. 10%
TACs2006/07: 193,0  2007/08: 130,0  2008/09: 160,0  2009/10: 150,0
[29] [31]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise auf illegale oder unberichtete Fänge von Island-Kabeljau. [27]

 

Struktur und Fangmethode

Die Fischerei ist ganzjährig, mit Schwerpunkt auf der Wintersaison. Dann wird auf den Laichgründen und entlang der Wanderrouten zu den Laichgründen gefischt, in der übrigen Zeit werden die Hauptfänge in den Nahrungsgebieten getätigt. Die Fangflotte besteht aus verschiedenen Bootstypen und –größen. Der Kabeljau wird hauptsächlich mit Grundschleppnetzen und Langleinen gefischt, aber auch Kiemennetze, Handleinen und Wadennetze werden eingesetzt. Die Fischerei ist oft gemischt auf Kabeljau und Schellfisch. [27] [31]

 

Beifänge und Rückwürfe

Der Rückwurf von Fisch mit ökonomischem Wert ist in isländischen Gewässern verboten. Es gibt keine minimalen Anlandegrößen. Um Rückwürfe tatsächlich zu minimieren, ist etwas Flexibilität in der Quotennutzung erlaubt, kleine Fische werden z.B. nicht voll auf die Quote angerechnet. Schätzungen gehen davon aus, dass von 2001-2008 im Schnitt trotzdem etwa 2000 Tonnen Kabeljau jährlich zurückgeworfen wurden. Das waren etwa 0,4-1,8% des Anlandegewichts. Dabei handelt es sich wahrscheinlich vor allem um den Rückwurf kleinerer Fische, um den Fangertrag zu optimieren (highgrading). Außerdem gibt es Hinweise auf den quotenabhängigen Rückwurf von Kabeljau und Schellfisch in der gemischten Fischerei. [27] [28] [31]

 

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Einen negativen Effekt hat dieses Gerät auf die Fauna des Hartbodens, hier hat als Folge des Einsatzes des Grundschleppnetzes die Abundanz von z.B. Schwämmen und Kaltwasser-Korallen abgenommen. Im Bereich von sandigen Böden ist es als Folge der Schleppnetzfischerei nicht zu merklichen Veränderungen der Bodenfauna gekommen. Dies liegt vermutlich an der natürlichen Turbulenz und Variabilität in diesen Gebieten. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist jedoch noch nicht quantifiziert worden. [30] [83] [178]

 

Biologische Besonder­heiten

Der Isländische Kabeljau laicht im Spätwinter hauptsächlich an der Südwest-Küste, von wo Larven und Eier im Uhrzeigersinn um die Insel zu den Hauptaufwuchsgebieten an der Nordküste driften. Larven können außerdem nach Grönland verdriften, von wo in manchen Jahren wiederum ein Einwandern von ausgewachsenen Tieren in isländische Gewässer beobachtet wird. [27] [34] [35]

 

Zusätzliche Informationen

Der Kabeljau war und ist die wichtigste marine Ressource in Island und die Geschichte der isländischen Fischerei dreht sich fast ausschließlich um diese Art. Viele andere Nationen, insbesondere das Vereinigte Königreich, hatten ebenfalls großes Interesse an der Nutzung des isländischen Kabeljau-Bestandes, und die dadurch sehr intensive Fischerei führte immer wieder zu starker Überfischung. Island erweiterte daraufhin seine ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) stufenweise von 3 Seemeilen (1901) auf 4, 12, 50 und schließlich 200 Seemeilen (1974). Jede dieser Ausdehnungen wurde von den übrigen fischenden Nationen zunächst nicht anerkannt und führte zu den sogenannten Kabeljaukriegen. Die Isländer zerstörten die Fanggeräte fremder Flotten und Großbritannien setzte Kriegsschiffe zum Schutz der Trawler ein. 1977 wurde die 200-Seemeilen-Zone Islands von allen EU-Staaten anerkannt. Das Recht auf eine bis zu 200 Seemeilen große AWZ ist inzwischen im Seerechtsübereinkommen der UN festgelegt. [14] [31] [98] [99]

 

Zertifizierte Fischereien

Zwei Fischereien auf Island-Kabeljau sind im Bewertungsprozess zur Zertifizierung nach den Standards des Marine Stewardship Councils. [4] Siehe
www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/atlantic-cod-haddock-and-wolffish-longline-handline-and-danish-seine
www.msc.org/track-a-fishery/in-assessment/north-east-atlantic/igp-icelandic-cod

Soziale Aspekte

Die Kabeljaufischerei um Island wird hauptsächlich von Isländischen Schiffen betrieben. Fischerei und Fischverarbeitung machen in Island ungefähr 11 % des BIP und 9 % der Beschäftigten aus. Seit Einführung der individuell transferierbaren Quoten (ITQs) sind die Produktivität und der Mehrwert pro Beschäftigten gestiegen. Das Einkommen der Fischer ist im Vergleich zu den Einkommen anderer Sektoren hoch. Allerdings hat die Einführung der ITQs anscheinend zu keiner wesentlichen Rentabilitätssteigerung in der Fischerei geführt. In strukturschwachen Gebieten verursachte die Abwanderung einzelner Quoteneigner eine erhöhten Arbeitslosigkeit in der Fischerei und in der fischverarbeitenden Industrie. [13] [31] [130]

 

AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[27]ICES2010Report of the North-Western Working Group (NWWG), 27 April - 4 May 2010, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2010/ACOM:07. 751 pp. 9. Icelandic codices.dk
[28]Pálsson ÓK, Björnsson H, Arason A, Björnsson E, Jóhannesson G, Ottesen Þ2009Discards in demersal Icelandic fisheries 2008 [in Isländisch, Englischer Abstract] Marine Research 147:5-16
[29]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 2. Iceland and Greenland 2.4.2. Cod in Division Va (Icelandic cod)ices.dk
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[31]Ministry of Food, Agriculture and Fisheries, IslandInformationsseite des isländischen "Ministry of Food, Agriculture and Fisheries"government.is
[34]Marteinsdottir G, Gunnarsson B, Suthers IMS2000Spatial variation in hatch date distributions and origins of pelagic juvenile cod in Icelandic waters ICES Journal of Marine Science 57:1182 1195
[35]Brickman D, Marteinsdottir G, Logemann K, Harms IH2007Drift probabilities for Icelandic cod larvae ICES Journal of Marine Science 64:49 59
[41]Marine and Freshwater Research Institute (MFRI), IslandAdvice-Dokumente zum Status der Meeresfischbestände in Isländischen Gewässern (auf Isländisch und Englisch).hafogvatn.is
[42]Government of IcelandInformationsseite "Fisheries in Iceland"government.is
[43]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 2. Iceland and Greenland. 2.3.3.1. Icelandic request on evaluation of Icelandic cod management planices.dk
[83]Fossa JH, Mortensen PB, Furevik DM2002The deep-water coral Lophelia pertusa in Norwegian waters: distribution and fishery impacts Hydrobiologia 471:1-12
[98]Kurlansky M2000Kabeljau. Der Fisch der die Welt veränderte Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München
[99]Eurpäische Gemeinschaft (EG)1998Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. L179/3. Seerechtsübereinkommen der vereinten Nationen und Übereinkommen zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommenseuropa.eu
[130]Europäisches Parlament2003Fischereibewirtschaftung durch Systeme übertragbarer Rechte. Generaldirektion Wissenschaft, Vorläufige Ausgabe Reihe Fischerei, FISH 111 DE 04-2003
[178]FAO Food and Agriculture Organization2016Abandoned, lost and discarded gillnets and trammel nets, Methods to estimate ghost fishing mortality, and the status of regional monitoring and management FAO Fisheries and Aquaculture Technical Paper 600, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, Rome, 2016