Dorsch östliche Ostsee
gültig 05/2024 - 05/2025
Zugehörige Fischart
Archiv
Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Ostsee |
Fanggebiet: | östliche Ostsee (25-32) FAO 27 (Nordostatlantik) |
Art: | Gadus morhua |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk
Methode, Frequenz
Die Begutachtung für den Dorsch der östlichen Ostsee erfolgt in der Regel jährlich, seit 2019 wieder durch eine analytische Bestandsberechnung unter Verwendung von Fangdaten und zwei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen. Aufgrund zunehmend unsicherer Eingangsdaten und Widersprüchlichkeiten in den Modellergebnissen zeigt die Bestandsberechnung aber seit 2024 nur noch Trends auf und wird relativ dargestellt (Herabstufung des Bestandes von Kategorie 1 auf Kategorie 3). Referenzwerte sind nur für die Laicherbiomasse und nur nach Vorsorgeansatz definiert (Bpa und Blim). Diese basieren auf der Laicherbiomasse von 2012, die den letzten starken Jahrgang produziert hat. Da die Laicherbiomasse jedes Jahr auch rückwirkend neu berechnet wird und sich ändern kann, sind die Referenzwerte nicht fixiert, sondern werden jedes Jahr angepasst. Schätzungen der illegalen (IUU) Fänge in früheren Jahren und Rückwürfe gehen in die Bestandsberechnungen ein. [1448] [1450]
Wesentliche Punkte
Die Bestandsberechnung für Dorsch der östlichen Ostsee gibt seit 2024 nur noch Trends an und wird relativ dargestellt. Die Situation des Bestandes hat sich 2024 nicht verbessert. Die Laicherbiomasse bleibt weitgehend stabil, liegt tief im roten Bereich (unter Blim) und eine Erholung ist selbst bei einer Null-Entnahme weiterhin nicht absehbar. Entsprechend der Vorgaben des Managements lautet die Empfehlung daher erneut auf Schließung der Fischerei. Die fischereiliche Sterblichkeit bleibt sehr niedrig, sie beträgt nur noch ein Zehntel der Gesamtsterblichkeit. Die natürliche Sterblichkeit ist inzwischen also erheblich höher, was heißt, dass die Regulierung der Fischerei nur noch einen geringen Einfluss auf die künftige Bestandsentwicklung hat. Die Ursachen sind vielfältig, haben aber wohl vor allem mit dem Nährstoffreichtum und steigenden Wassertemperaturen sowie daraus resultierenden Auswirkungen wie Sauerstoffmangel und Verlängerung der Nahrungskette zu tun. Auch 2024 ist in EU-Gewässern keine gezielte Fischerei auf diesen Dorschbestand erlaubt, die EU-Quoten dürfen nur für Beifänge genutzt werden. [1448] [1450] [1459]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
---|
unzureichende Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz) |
Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) |
Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
---|
Referenzwerte nicht definiert (nach Vorsorgeansatz) |
Referenzwerte nicht definiert (nach Managementplan) |
Referenzwerte nicht definiert (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Nach einem starken Anstieg der Biomasse von östlichem Dorsch in Folge vorteilhafter Umweltbedingungen Mitte der 1970er Jahre wurden Fänge von bis zu 400.000 t (1984) erzielt. Ab Mitte der 1980er Jahre nahm der Bestand aber rasch wieder ab. Bei hoher fischereilicher Sterblichkeit galt er schnell als stark überfischt (unter dem Limitreferenzwert Blim), vor allem durch zu hoch festgesetzte legale Fangmengen und zusätzlich erhebliche illegale Fänge. Nach einem kurzen Anstieg des Bestandes auf den Bereich zwischen Blim und dem Vorsorgereferenzwert (Bpa, 2008 bis 2016) war wieder eine Abnahme der Biomasse zu beobachten. Seit 2017 liegt sie wieder unter Blim, also tief im roten Bereich. Die fischereiliche Sterblichkeit nimmt seit 2013 ab. 2022 wurde der niedrigste Wert der Zeitreihe erreicht, er beträgt nur noch ein Zehntel der Gesamtsterblichkeit. Die natürliche Sterblichkeit ist inzwischen also erheblich höher. [1448] [1450]
Ausblick
Der Bestand des östlichen Dorsches liegt tief im roten Bereich und wird sich selbst bei einer Null-Entnahme nicht innerhalb weniger Jahre erholen – der ICES empfiehlt daher erneut die Schließung aller Fischereien. Managementziel ist nicht mehr die Erholung und nachhaltige Bewirtschaftung des Bestandes, sondern der Erhalt der derzeitigen Laicherbiomasse, damit der Bestand sich bei einer Änderung der Umweltbedingungen wieder erholen kann. Die gerichtete Fischerei ist in der EU daher geschlossen und wird dies für viele Jahre bleiben. Um nicht alle anderen Fischereien in der östlichen Ostsee mit gelegentlichen Dorsch-Beifängen schließen zu müssen und damit auf knapp 350.000 t Fänge anderer Arten verzichten zu müssen, hat die EU auch 2024 eine Beifangquote von knapp 600 t festgesetzt. 2023 wurden weniger als 70 t zusätzlich in Gebiet 24 beigefangen und 799 t in der gerichteten russischen Fischerei (Angabe der russischen Quote seit 2023 nur informell). Die weitere Entwicklung des Bestandes hängt stark von den Umweltbedingungen ab (siehe auch unter Umwelteinflüsse auf den Bestand). [1448] [1450] [1459]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Anders als in den meisten anderen Meeresgebieten sind die marinen Fischbestände im Brackwassermeer Ostsee stark von den Umweltbedingungen abhängig. Insbesondere für die erfolgreiche Nachwuchsproduktion (Reproduktion) benötigen die Dorsche salz- und sauerstoffreiches Wasser, das aus der Nordsee in die Ostsee einströmen muss. Sauerstoffarmut in Bodennähe ist für die Dorschreproduktion besonders nachteilig. In der Regel waren nach bedeutenden Einstromereignissen aus der Nordsee unmittelbar stärkere Nachwuchsjahrgänge festzustellen, was schnell zu einem Bestandsaufbau führte. Die verstärkte Ausdehnung der sauerstoffarmen und -freien Zonen in der Ostsee, z.B. durch natürliche oder durch den Menschen erzeugte Nährstoffeinträge in die Ostsee verursacht, ist ein wahrscheinlicher Grund für den derzeit schlechten Zustand des Dorsches in der Ostsee, mit Auswirkungen auf das gesamte Nahrungsnetz und die Ökosystemleistungen. Sauerstoffarmut beeinflusst die Verbreitung des Bestandes, vermindert aber auch die Kondition und kann zu lokalen Fischsterben führen. Der Klimawandel verstärkt die Auswirkungen der Nährstoffeinträge.
Bemerkenswert ist, dass die fischereiliche Sterblichkeit offenbar nur noch den kleineren Teil der Gesamtsterblichkeit von östlichem Dorsch ausmacht, die Bestandsentwicklung also vor allem von Umweltbedingungen getrieben wird. Das geringe Wachstum, die schwache Kondition und die hohe natürliche Sterblichkeit der Dorsche haben wahrscheinlich mehrere Ursachen, deren jeweiliger Einfluss aber unklar ist:
1. Sauerstoffarmut wirkt direkt auf den Metabolismus und indirekt durch Nahrungsmangel (bodenlebende Wirbellose stehen wegen der Sauerstoffarmut am Boden kaum zur Verfügung) und geringe Überlebenschancen der Nachkommen.
2. Reduzierte Verfügbarkeit von Fischnahrung im Hauptverbreitungsgebiet (Heringe und Sprotten zeigen in den letzten Jahren durch nördlichere Verbreitung eine geringere Überlappung mit Dorsch, insbesondere im Herbst).
3. Hoher Parasitenbefall, der mit einer erhöhten Häufigkeit von Kegelrobben zusammenhängt. Hohe Befallsraten können Ursache für, aber auch Folge der schlechten Dorsch-Kondition sein.
4. Blüten von Cyanobakterien („Blaualgen“) führen eine weitere Ebene im Nahrungsnetz ein, was zu einer erheblich geringeren Energiezufuhr bei den Dorschen führt („trophische Verlängerung“).
Die einzelnen Faktoren verstärken sich vermutlich gegenseitig. [44] [93] [1271] [1448] [1450] [1461]
Wer und Wie
Das Management dieses Dorschbestandes erfolgt durch die Europäische Union u.a. über eine gemeinsame Höchstfangmenge (TAC, derzeit nur Beifangquote) und in einem kleinen Gebiet durch die Russische Föderation. Ein EU-Mehrjahresplan für Dorsch und alle pelagischen Bestände der Ostsee ist 2016 in Kraft getreten. Da für diesen Bestand aber derzeit kein Referenzwert für die fischereiliche Sterblichkeit nach dem Konzept zur Erlangung des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy) ableitbar ist, kann der Plan nicht als Basis für die Fangempfehlung genutzt werden. Die Fangempfehlung basiert daher seit Jahren auf dem Vorsorgeansatz. Weitere Managementinstrumente sind Verordnungen zu Maschenöffnungen und Selektionseinrichtungen der Netze (z.B. Bacoma) sowie die Einrichtung von Laichschongebieten und -zeiten im Sommer (Verbot jeglicher Fischerei, Details für 2024 siehe EU-Verordnung 2023/2638, Literaturquelle [1459]). Seit Januar 2015 gilt in der Ostsee ein generelles Rückwurfverbot für Dorsche sowie eine Referenzmindestgröße für die Bestandserhaltung von 35 cm (siehe auch unter Beifänge und Rückwürfe).
Seit Mitte 2019 (Sofortmaßnahme) war in den Untergebieten 24-26 bis auf wenige Ausnahmen keine gezielte Fischerei auf Dorsch erlaubt, seit 2020 ist in den Gebieten 24 (bis einschl. 2021 Ausnahmen) und 25-32 (EU) jegliche gezielte Fischerei auf Dorsch verboten. Die festgelegte EU-Quote (2024: 595 t für Gebiete 25-32) darf in den EU-Gewässern der östlichen Ostsee nur für Beifänge genutzt werden. Auch die Freizeitfischerei ist in den Gebieten 24-26 nun gänzlich verboten (in den Gebieten 25-26 schon seit 2020). [750] [977] [1055] [1148] [1448] [1450] [1459]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Zwischen 1995 und 2008 wurde die legale Höchstfangmenge (TAC) teilweise erheblich oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlung festgesetzt. Zwischen 2002 und 2008 empfahl die Wissenschaft für vier Jahre eine Schließung der Fischerei, um den Bestand schnell und sicher wieder aufzubauen. Der Empfehlung wurde jedoch in keinem Jahr gefolgt. Seit der Einrichtung des Managementplans 2008 stimmten Fangempfehlung und festgesetzte TACs (EU-Quote plus russische Quote) bis 2012 weitestgehend überein. 2013 und 2014 lag die Summe der Quoten geringfügig, seit 2015 jedoch erheblich über der wissenschaftlichen Empfehlung. Seit 2020 lautete die wissenschaftliche Empfehlung auf eine Schließung der Fischerei, die Summe von EU-Beifangquote und russischer autonomer Quote lag 2020 bei 7.500 t, 2021 bei 3.595 t, 2022 bei 2.595 t, 2023 bei ~2.195 t und liegt 2024 bei ~2.015 t (Angabe der russischen Quote seit 2023 nur informell).
Seit 2015 ist die Fangempfehlung bestandsspezifisch, schließt also Fänge von Ostdorschen ein, die in Gebiet 24 (westliches Managementgebiet) getätigt werden. Die Dorschfischerei in diesem Gebiet ist ebenso beschränkt wie in den östlicheren Gebieten. Seit 2009 werden die Quoten für die Gebiete 25-32 nicht ausgefischt.
Der ICES empfiehlt Maßnahmen, die zur Erholung des Lebensraumes beitragen. Schwerpunkt sollte auf der Verringerung der Nährstoffeinträge liegen, um die Sauerstoffbedingungen in der Ostsee zu verbessern. [977] [1448] [1450] [1459]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der Dorsch der östlichen Ostsee ist über das östliche Managementgebiet (ICES Gebiete 25-32, derzeit nur Beifangquoten) hinaus auch in der Arkonasee (ICES-Gebiet 24) verbreitet. Hier vermischen sich West- und Ostdorsch und werden daher auch gemeinsam gefangen und auf die Dorschquoten (derzeit ebenfalls nur Beifangquoten) der westlichen Ostsee angerechnet. Verbreitungs- und Managementgebiet unterscheiden sich also. [1448] [1450] [1459]
Anlandungen und legale Höchstfangmengen (TACs) (in 1.000 t)
Gesamtfang | 2023 (einschließlich Fänge aus dem Bestand in Gebiet 24): 1,065 (1,008 Anlandungen plus 0,057 Rückwürfe), davon (bezogen auf EU-Flotten) aktive Geräte (pelagische und Grundschleppnetze) 65 %, passive Geräte (Kiemennetze) 35 % Kommerzielle Anlandungen in Gebiet 25-32: 0,99 (davon ~0,8 Russland, Schätzung des ICES) |
TACs (Quote EU/Russland, nur Gebiete 25-32) | 2011: 59,0/5,5 2012: 67,9/6,3 2013: 61,6/7,1 2014: 65,9/7,5 2015: 51,4/4,4 2016: 41,1/5,8 2017: 30,9/6,1 2018: 28,4/5,9 2019: 24,1/5,8 2020: 2,0/5,5 2021: 0,6/3,0 2022: 0,6/2,0 2023: 0,6/1,6 2024: 0,6/1,4 (EU-Quote seit 2020 nur als Beifänge, Angabe zur russischen Quote seit 2023 nur informell) [1448] [1450] [1459] |
IUU-Fischerei
In der östlichen Ostsee wurden zwischen Anfang der 1990er Jahre und 2007 zwischen 35 und 40% Dorsch zusätzlich zu den Höchstfangmengen illegal entnommen. Nach Auskunft von Vertretern des polnischen Fischereiverbandes hat allein die polnische Fischerei ihre Fangquote um bis zu 100% überzogen. Seit dem Regierungswechsel in Polen im Oktober 2007 werden die Fänge besser kontrolliert, die illegale Entnahme aus dem Gesamtbestand lag 2008 und 2009 unter 10%. Seit 2010 werden falsch- oder nicht berichtete Fänge nicht mehr als Problem angesehen, auch weil die Höchstfangmenge seitdem nie ausgefischt wurde. Es gibt Hinweise, dass die seit 2019 erheblich reduzierte Quote bzw. die Schließung der gerichteten Fischerei zu Falschmeldungen (underreporting) bei den Anlandungen geführt hat. Es kommt auch weiterhin zu Rückwürfen, obwohl diese seit 2015 illegal sind. [1448] [1450] [1459]
Struktur und Fangmethode
Alle Ostsee-Anrainerstaaten unterhielten bis Mitte 2019 gerichtete Fischereien auf Ostdorsch. Seit 2020 durfte Dorsch in den Gebieten 24 bis auf wenige Ausnahmen und 25-32 (EU-Gewässer) nur noch als Beifang gefangen bzw. angelandet werden, seit 2022 ist in den EU-Gewässern des gesamten Verbreitungsgebietes jegliche gezielte Fischerei auf Dorsch verboten (nur noch Beifangquoten). In russischen Gewässern ist die gerichtete Fischerei nicht geschlossen, der größte Teil der Anlandungen aus diesem Bestand wird daher derzeit von Russland getätigt (2023 (~81 %). Dorsch wird hauptsächlich mit Schleppnetzen für die menschliche Ernährung gefangen. In fast allen Fischereien der östlichen Ostsee tritt Dorsch mindestens als Beifang auf; die wichtigsten Fischereien mit den höchsten Dorschanlandungen sind gemischt, zielten also auf Dorsch und Plattfische – seit 2020 nominell nur noch auf Plattfisch. Wegen der wenigen Zielarten ist die Fischerei in der Ostsee eher einfach strukturiert. [1148] [1448] [1450]
Beifänge und Rückwürfe
Seit dem 1. Januar 2015 ist der Rückwurf von Dorsch in der Ostsee generell verboten. Ausgenommen sind Dorsche aus Fischfallen und Reusen. Sie dürfen aufgrund hoher Überlebensraten zurückgesetzt werden. Auch durch Fraß beschädigter Fisch ist vom Anlandegebot ausgenommen. Tiere unter der Referenzmindestgröße für die Bestandserhaltung von 35 cm müssen angelandet und auf die Fangquoten (aktuell nur Beifangquoten) angerechnet werden, dürfen aber nicht für den menschlichen Konsum verwendet werden. Basierend auf Beobachtungsdaten wird der Rückwurf von Dorsch für 2017 auf 11% des Gesamtfanges (Gebiete 24-32, bezogen aufs Gewicht) geschätzt, 2018 und 2019 waren es 16%. Es gibt aber in einigen Nationen Schwierigkeiten, Beobachter an Bord zu bekommen (insbesondere im zweiten Halbjahr 2019) und man geht davon aus, dass die Rückwürfe auch mit 16% noch deutlich unterschätzt wurden. Im zweiten Halbjahr 2019 gab es allerdings durch die Sofortmaßnahmen der EU-Kommission zum Schutz des Dorsches der östlichen Ostsee eine Rückwurfverpflichtung für Dorsch in den Gebieten 24-26. Teile der Rückwürfe des Jahres 2019 waren daher – anders als in den Vorjahren – legal. 2020 und 2021 gab es aufgrund der Covid-19-Pandemie eine noch geringere Beprobung und die Rückwurfdaten sind sehr unsicher. Nur 21% der EU Anlandungen wurden abgedeckt, Schätzungen für passive Fanggeräte (2021: 24% der Anlandungen) fehlen gänzlich, werden aber als gering angenommen. Alle Rückwurfschätzungen seit 2021 stammen aus EU-Ländern, sie betrugen 113 t, 35 t, bzw. 57 t. Nur geringe Mengen werden als legal angelandete untermaßige Fänge registriert. In der gemischten Grundfischfischerei wird ein großer und variabler Teil des Flunderbeifangs zurückgeworfen. [737] [750] [977] [979] [1055] [1448] [1450] [1459]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
Dorsch der östlichen Ostsee wird derzeit von EU-Flotten nicht gezielt befischt. Beifänge dürfen im Rahmen einer Beifangquote angelandet werden. Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Der Einfluss hängt aber auch von Fangmethode und Bodenstruktur ab. Auf sandigem Boden hat eine Studie in den USA nur einen geringen Einfluss durch Grundscherbrettnetze feststellen können. So waren zwar die Spuren der Scherbretter lange sichtbar (mindestens ein Jahr), es konnten aber kaum signifikante Unterschiede in der Mikrotopographie der befischten und unbefischten Gebiete nachgewiesen werden. Auch bei strukturformenden und mobilen Wirbellosen zeigten befischte und unbefischte Gebiete keine signifikanten Unterschiede. In der östlichen Ostsee wurde Dorsch in der letzten Dekade vor allem mit pelagischen Schleppnetzen (ohne Grundberührung) gefangen, da das Bodenwasser zu wenig Sauerstoff aufwies und daher vom Dorsch gemieden wurde. In den letzten Jahren haben zunächst kleinere, dann sehr starke Einstromereignisse zu einer temporären Verbesserung der Sauerstoffgehalte am Boden der Bornholmsee geführt. Der Dorsch ist daraufhin vorübergehend zum Bodenleben zurückgekehrt und wurde dort auch von der Fischerei gefangen. In Stellnetzfischereien (Kiemennetze) können – abhängig von Ort (vor allem in der südlichen Ostsee) und Jahreszeit – Beifänge von Seevögeln und Meeressäugern auftreten. Für die sehr kleine Schweinswalunterpopulation östlich der Darßer Schwelle (Gebiete 24-32) könnte der Einfluss dieser Fischerei erheblich sein. [30] [97] [208] [808] [1448] [1450]
Biologische Besonderheiten
Ostseedorsch kann über 20 Jahre alt werden. Dieser große, aber nicht so produktive Dorsch-Bestand der östlichen Ostsee ist von den Veränderungen der Umweltbedingungen in den letzten 20 Jahren stark betroffen. In der östlichen Ostsee lebt er als marine Fischart am äußersten Rand seines physiologischen Verbreitungsgebietes. Der Dorsch laicht im Sommer in den tiefen Becken der östlichen Ostsee. Er ist für ein erfolgreiches Laichen auf sauerstoffreiches (mehr als 2 mg/l O2) und salzhaltiges Wasser (S größer 11) angewiesen. Diese Bedingungen traten über viele Jahre nur noch im Mittelwasser des Bornholmbeckens (ICES Gebiet 25) auf. Ende 2014 war der stärkste Salzwassereinstrom seit 60 Jahren zu verzeichnen, weitere Einströme folgten im Winter 2015/16. Die Auswirkungen dieser Salzwassereinströme hielten nicht lange an, der eingetragene Sauerstoff wurde schneller aufgezehrt als erwartet.
Der Räuber Dorsch und seine wesentliche Beute Sprotte befinden sich in einer starken Abhängigkeit voneinander („Dorsch-Sprott-Schaukel“). Sprott und Hering sind nach Menge die wichtigste Nahrung für die erwachsenen Dorsche. Ihre örtlich geringere Verfügbarkeit im derzeitigen Dorsch-Hauptverbreitungsgebiet könnte ab 2011 neben anderen Gründen zu starker Gewichtsabnahme bei den größeren Dorschen geführt haben. Nach den starken Salzwassereinströmen ab Dez. 2014 haben sich die individuellen Gewichte schnell wieder normalisiert, Nahrungsmangel oder Fehlernährung ist aber möglicherweise weiterhin ein Problem (siehe auch unter „Umwelteinflüsse auf den Bestand“). [44] [93] [1448] [1450]
Zusätzliche Informationen
Bis 2015 war es technisch kaum möglich, die beiden Dorschbestände zu trennen. Es war aber lange bekannt, dass eine große, aber nicht quantifizierbare Menge Ostdorsch westlich Bornholms (Arkonasee, ICES-Gebiet 24) gefischt wurde. Ab 2015 konnte durch eine Kombination aus genetischen Methoden und Gehörstein-Umrissanalysen eine Zeitserie (ab 1994) der Anteile von Ost- und Westdorsch in der Arkonasee angefertigt werden. Das Gebiet 24 wird nun in der Berechnung beider Bestände als Mischgebiet behandelt. Aktuell bestehen im Schnitt zwei Drittel der Dorschfänge in Gebiet 24 aus Ostdorsch, von Ost nach West abnehmend. [13] [1448] [1450]
Zertifizierte Fischereien
Die MSC-Zertifikate für Fischereien auf Dorsch in der östlichen Ostsee wurden im Dezember 2015 wegen des schlechten Bestandszustandes, der fehlenden Referenzpunkte und eines unzureichenden Managements suspendiert. Inzwischen sind sie ausgelaufen und damit nicht mehr gültig. [4] [919]
Soziale Aspekte
Die Dorschfischerei in der östlichen Ostsee wird mit Fahrzeugen aller Größen durchgeführt. Insbesondere die kleineren Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die allermeisten Fahrzeuge fahren unter EU-Flaggen, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach EU-Regeln. Deutschland verfügt für die ICES-Gebiete 25-32 2024 über eine Beifangquote von 54 t. [13] [185] [1448] [1450]
Marktdaten: Verschiedene Kabeljau-/Dorscharten auf dem deutschen Markt zusammengefasst.
2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 28.053 t (2021: 18.026 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 2,5 % (2021: 1,6 %) [13] [14]
Anlandungen (in 1.000 t) | Fänge (in 1.000 t) | Laicherbiomasse (in 1.000 t) | Laicherbiomasse Zustand | Fischereiliche Sterblichkeit | Anmerkungen (insbesondere Managementplan) | Gültigkeit | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Nördlicher Schelf (4 6.a 7.d 3.a20) | 24,9 | 32,6 | 80,3 | Südlicher Unterbestand Laicherbiomasse Zustand rot |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Färöer Bank (5.b.2) | 1,2 | 1,2 | - | Biomasse nur als Index |
11/2024 - 11/2025 | ||
Nordostatlantik, Färöer Plateau (5.b.1) | 3,7 | 3,7 | 15,1 | - |
11/2024 - 11/2025 | ||
Nordostatlantik, Irische See (7.a) | - | - | 8,3 | Fänge 65 t, Anlandungen 56 t |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Island (5.a) | 218,2 | - | 377,5 | Managementplan ab 1994/2009/2015, Anl. Fischereijahr 219,8 |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Kattegat (21) | - | - | - | nur Beifangquote, Fänge: 72 t, Anlandungen: 26 t, Laicherbiomasse nur relative Werte |
06/2024 - 06/2026 | ||
Nordostatlantik, Kelt. See (7.e-k) | 0,4 | 0,5 | 0,6 | - |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Nordost-Arktis (1, 2) | 582,6 | - | 552,2 | Managementplan ab 2004, Klassifizierung hier nach Managementplan |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Norw. Küste, Nördl. (1, 2) | 45,4 | 52,2 | 61,0 | nur Norw. Fischerei, Klassifizierung hier nach Managementplan |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Norw. Küste, Südl. (1, 2) | 2,7 | 7,5 | - | nur Norw. Fischerei, Laicherbiomasse nur relativ |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordostatlantik, Ost Grönl.-Island Offshore NAFO 1 ICES 14 | 29,4 | 29,4 | - | keine Bestandsberechnung, Anlandungen 2022 |
06/2024 - 06/2026 | ||
Nordostatlantik, östliche Ostsee (24-32) | 1,0 | 1,1 | - | Laicherbiomasse nur noch relativ angegeben |
05/2024 - 05/2025 | ||
Nordostatlantik, Rockall (6.b) | - | - | - | Anl. 2022 71 t |
06/2023 - 06/2026 | ||
Nordostatlantik, westl. Ostsee (22-24) | 0,4 | 0,4 | - | Anlandungen & Fänge 2022, inkl. Freizeitfischerei, für Laicherbiomasse nur rel. Angabe |
09/2023 - 05/2025 | ||
Nordostpazifik, Golf von Alaska | 4,7 | 6,2 | 39,9 | Anlandungen/Fänge 2020, Laicherbiomasse Vorhersage 2022 |
12/2021 - 12/2022 | ||
Nordostpazifik, Östliche Beringsee | 154,6 | 155,6 | 259,8 | Anlandungen/Fänge 2020, Laicherbiomasse Vorhersage 2022 |
12/2021 - 12/2022 | ||
Nordwestatlantik Georges Bank (5Z) (USA) | 1,9 | 2,0 | - | Anlandungen & Fänge 2016, inkl. Freizeit- und Kanadische Fischerei |
10/2017 - 10/2020 | ||
Nordwestatlantik, Bay of Fundy (4X5Yb) (Kanada) | 0,6 | - | 10,3 | Anlandungen 2019/20, SSB 2018 |
04/2020 - 05/2022 | ||
Nordwestatlantik, Flemish Cap (NAFO 3M) | 17,5 | - | - | Anlandungen 2019 |
06/2020 - 06/2021 | ||
Nordwestatlantik, Grand Banks S. (NAFO 3NO) | 0,6 | - | 18,5 | Anlandungen 2017, SSB 2018, Fischerei geschlossen |
06/2018 - 06/2021 | ||
Nordwestatlantik, Gulf St. Law. N. (3Pn4Rs) (Kanada) | 2,7 | - | 11,8 | Anlandungen 2017/18, SSB 2019 (aus Begutachtung 2019) |
07/2019 - 08/2022 | ||
Nordwestatlantik, Northern cod (2J3KL) (Kanada) | 10,6 | - | 398,0 | Anlandungen 2019, SSB 2019 (aus Begutachtung 2019) |
11/2021 - 08/2021 | ||
Nordwestatlantik, West Grönl. Inshore NAFO 1A-C | 6,1 | 6,1 | 8,4 | - |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordwestatlantik, West Grönl. Inshore NAFO 1D-F | 4,9 | 4,9 | 5,3 | - |
06/2024 - 06/2025 | ||
Nordwestatlantik, West Grönl. Offshore NAFO1 | 7,9 | 7,9 | 14,9 | - |
06/2024 - 06/2025 |
Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:
Symbol | Biomasse | Bewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit) |
---|---|---|
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert | angemessen oder unternutzt | |
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert | übernutzt | |
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten | Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten |
Autor | Jahr | Titel | Quelle | |
---|---|---|---|---|
[4] | Marine Stewardship Council (MSC) | Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischerei | msc.org | |
[13] | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepage | ble.de | |
[14] | Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) | Fisch-Informationszentrum e.V. Homepage | fischinfo.de | |
[30] | Food and Agriculture Organization (FAO) | FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010] | fao.org | |
[44] | Vallin L, Nissling A | 2000 | Maternal effects on egg size and egg buoyancy of Baltic cod, Gadus morhua. Implications for stock structure effects on recruitment | Fisheries Research 49:21-37 |
[93] | Möllmann C, Kornilovs G, Fetter M, Köster FW | 2005 | Climate, zooplankton, and pelagic fish growth in the central Baltic Sea | ICES Journal of Marine Science 62: 1270-1280 |
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