Bestandsdatenblatt

Norwegischer Küsten-Kabeljau

Gültig 06/2013 - 06/2014

Allgemeine Informationen


Ökoregion:Barentsmeer (Nordost-Arktis), Norwegische See
Fanggebiet:Nordost-Arktis und Norw. See (1, 2.ab) FAO 27
Art:Gadus morhua

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche Bestandsberechnung unter Verwendung von Fangdaten und einer unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreise (Akustik-Survey). Die Ergebnisse werden derzeit nur relativ angegeben (als Trends), weil die Entnahmemenge aufgrund einer reduzierten Beprobung der kommerziellen Anlandungen und hoher, jedoch nur geschätzter Fänge der Freizeitfischerei sehr unsicher ist. Referenzwerte sind nicht definiert. Die Fangempfehlung basiert auf dem Wiederaufbauplan, der die Reduzierung des Fischereidruckes in Abhängigkeit von der Biomasseabschätzung aus dem Herbst-Survey vorsieht. [659] [681]

 

Wesentliche Punkte

2013: Der Zustand dieses Bestandes hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert. Die Biomasse liegt offenbar noch immer dicht am niedrigsten Wert der Zeitreihe. Die vorhandenen Regulierungen konnten die Fänge nicht reduzieren. Die Anlandungen sind weiter gestiegen und werden als zu hoch angesehen. [681]

 

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

    unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

    unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Fischereiliche Sterblichkeit

  unbekannt (nach Vorsorgeansatz)

  unbekannt (nach Managementplan)

  unbekannt (nach höchstem Dauerertrag)

 

Bestands­entwicklung

Dieser Bestand kann, insbesondere im ersten Halbjahr, gemeinsam mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau gefangen werden. Eine Trennung der Bestände in den Fängen erfolgt am Ende eines Fischereijahres durch wissenschaftliche Analysen (siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). Diese Berechnung erfolgte rückwirkend bis 1984. Die Anlandungen variierten zwischen 22.000 und 75.000 t, sind seit 2004 relativ stabil (22.000-26.000 t) aber im letzten Jahr wieder gestiegen (31.900 t). Die nicht gemeldeten Fänge der Freizeitfischerei sind nur geschätzt (zwischen 12.700 und 16.100 t). Die Regularien zum Schutz dieses Bestandes führten nach 2004 nicht zu einer Reduzierung der Anlandungen. Die Laicherbiomasse liegt nahe dem historischen Tiefpunkt und die Nachwuchsproduktion ist in den letzten Jahren gering. Die fischereiliche Sterblichkeit variiert seit 2000 ohne einen klaren Trend. [659] [681]

 

Ausblick

Die Nutzung des Bestandes mit der derzeitigen Intensität würde zu einer weiteren Reduzierung der Biomasse führen. Eine Senkung des Fischereidruckes würde erhebliche Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des kommerziell sehr wertvollen Nordost-arktischen Kabeljaubestandes und auf die Freizeitfischerei haben. Bei der derzeit schwachen Nachwuchsproduktion ist eine schnelle Erholung nicht zu erwarten. [39] [681]

 

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Kabeljau ist stark von der Verfügbarkeit kleiner Schwarmfische abhängig, vor allem von der Lodde (Mallotus villosus) und vom norwegischen frühjahrslaichenden Hering. Starke natürliche Populationsschwankungen der Lodde beeinflussen das Wachstum, die Reife und die Fruchtbarkeit des Kabeljaus. Indirekt beeinflusst die Lodde auch die Nachwuchsproduktion des Kabeljaus: In Jahren mit niedrigem Vorkommen der Lodde ist der Kannibalismus beim Kabeljau sehr ausgeprägt. [659] [681]

 

Wer und Wie

Das Management erfolgt durch Norwegen; seit 2011 ist ein Wiederaufbauplan in Kraft. Der Plan wurde vom ICES vorläufig positiv bewertet (als in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz). Die erwartete Fangmenge für diesen Bestand wird im Rahmen der norwegischen Quote für den Nordost-Arktischen Kabeljau ausgewiesen. Der Bestand wird somit faktisch über eine kombinierte Quote für beide Kabeljau-Bestände bewirtschaftet. Es gelten außerdem die gleichen Maßnahmen wie für den Nordost-Arktischen Bestand: Mindestfanggrößen, Festlegung minimaler Maschenweiten, Sortiereinrichtungen, maximal zulässige Menge von juvenilen Fischen als Beifang, Echtzeitschließungen, Gebietsbeschränkungen und saisonale Schließungen. Darüber hinaus gibt es Regularien, die speziell den Küsten-Kabeljau schützen sollen. Durch die Einführung der sogenannten „Fjord-Linie“ 2004 sind verschiedene küstennahe Gebiete für die gerichtete Kabeljau-Fischerei durch Fahrzeuge länger als 15 m gesperrt. Weitere Schließungsmaßnahmen und Auflagen sollen Teile der traditionellen Fischerei aus den Fjorden vor die Küste verlagern, wo der Anteil von norwegischem Küsten-Kabeljau in den Fängen geringer ist. [324] [657] [659] [681]

 

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Der ICES empfahl bereits seit 2004 die Entwicklung eines Wiederaufbauplanes und die Einstellung der Fischerei auf norwegischen Küsten-Kabeljau. Das Management ist also bis 2011 von der wissenschaftlichen Empfehlung abgewichen. In der kombinierten Quote mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau wird ein kleiner Teil dem Norwegischen Küsten-Kabeljau zugeteilt. Die Fänge von Küsten-Kabeljau werden dadurch jedoch nicht effektiv reguliert, da bei der Anlandung keine Zuordnung zu einem der zwei Bestände stattfinden kann. Am Ende eines Fischereijahres werden die Anlandungen des Küstenkabeljaus aus den Fängen innerhalb der 12 sm-Zone durch eine Analyse der Gehörsteinchen abgeschätzt (siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). Die so ermittelten Anlandungen lagen meist über den für den Küstenkabeljau vorher angenommenen Fangmengen. 2011 und 2012 sind die Anlandungen sogar wieder gestiegen und liegen nun 50% über den erwarteten Fängen aus diesem Bestand. Die Regularien zum Schutz des Küstenkabeljaus konnten nach 2004 keine weitere Reduzierung der Anlandungen bewirken und die aktuellen Fänge werden vom ICES als zu hoch angesehen. [324] [659] [681]

 

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Norwegische Küsten-Kabeljau ist entlang der norwegischen Küste von der Kola Halbinsel im Nordosten bis Møre im Süden (62°N) und in den Fjorden verbreitet. Der Bestand kann ganzjährig vermischt mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau angetroffen und gefangen werden, wird aber als getrennter Bestand begutachtet. Möglicherweise handelt es sich bei den Populationen in einigen Fjorden um eigenständige Bestände. [659] [681]

 

Anlandungen und TACs (in 1.000 t)

Gesamtfang2012: Anlandungen (kommerziell): 31,9; davon Kiemennetze 49%, Danish Seine 27%, Langleinen/Handleinen 21%, Grundschleppnetz 3%
TACs (Bestandteil der norw. Quote für Nordost-Arktischen Kabeljau) 2007: 21  2008: 21  2009: 21  2010: 21  2011: 21  
2012: 21  2013: 21  [657] [681]

IUU-Fischerei

Es gibt keine Hinweise mehr auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Falsch berichtete Fänge waren früher ein Problem, konnten aber seit 2000 auf jetzt Null reduziert werden. [659] [681]

 

Struktur und Fangmethode

Der Norwegische Küsten-Kabeljau wird vor allem küstennah von kleinen Schiffen mit traditionellen Geräten gefangen. Zum Einsatz kommen Kiemennetze, Lang- und Handleinen und Danish Seine (Snurrewaden). Es gibt aber auch einige größere Schleppnetz- und Langleinenfischer, die vor der Küste fischen. Der Bestand wird formal nur von norwegischen Schiffen gefangen, ein kleiner Teil ist aber wahrscheinlich auch Beifang von ausländischen Trawlern, die Nordost-Arktischen Kabeljau, Schellfisch oder Seelachs fischen. [39] [659] [681]

 

Beifänge und Rückwürfe

Der norwegische Küsten-Kabeljau wird selbst auch als Beifang in der gemischten Fischerei mit Nordost-Arktischem Kabeljau sowie in der Seelachs- und Schellfisch-Fischerei gefangen. Rückwürfe von quotierten Arten wie Kabeljau sind in Norwegen illegal, es gibt aber Hinweise, dass Rückwürfe aus diesem Bestand vorkommen. [39] [659] [681]

 

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

In Kiemennetzen können Seevögel und Meeressäuger beigefangen werden, küstennah z.B. Schweinswale. In der Langleinenfischerei kann es zu Seevogel-Beifang kommen. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist noch nicht quantifiziert worden, ist in flachen Bereichen (kleiner 200 m Wassertiefe) aber kein signifikantes Problem. Grundschleppnetze machen in dieser Fischerei nur einen sehr geringen Prozentsatz aus. Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. In der Nordost-Arktis können Grundschleppnetze vor allem einen negativen Effekt auf empfindliche Bodenlebewesen-Gemeinschaften haben die auf Hartsubstrat vorkommen. Besonders empfindlich sind Schwämme und Kaltwasser-Korallen. Die Kartierung der Kaltwasser-Riffe schreitet stetig voran, auch Fischer versuchen den Kontakt mit Riffen zu vermeiden um ihr Gerät zu schonen. In einigen Gebieten ist zum Schutz dieser Riffe der Einsatz von Grundschleppnetzen verboten. [7] [8] [30] [83] [39] [149] [507]

 

Biologische Besonder­heiten

Das Vorkommen des norwegischen Küsten-Kabeljaus überlappt sich mit dem des Nordost-Arktischen Kabeljaus. Beide Bestände können daher gemeinsam in den Fängen der küstennahen Fischerei (innerhalb 12 sm) vorkommen, insbesondere im ersten Halbjahr, wenn der Nordost-Arktische Kabeljau zum Laichen an die Küste wandert. Um die Anlandezahlen für den norwegischen Küsten-Kabeljau zu erhalten, muss eine Bestandstrennung vorgenommen werden. Für die Trennung werden am Ende des Fischereijahres die gesammelten Gehörsteinchen (Otolithen) herangezogen, deren Struktur sich zwischen den Beständen vor allem im Kern unterscheidet. Anhand des Anteils von Küstenkabeljau unter den gesammelten Otolithen werden die Gesamtanlandungen aus dem jeweiligen Bestand berechnet. [659] [681]

 

Zusätzliche Informationen

Der norwegische Küsten-Kabeljau spielt eine große Rolle in der Freizeitfischerei (seit 2009 jährlich etwa 12.700 t). Von der kombinierten norwegischen Kabeljau-Quote wird ein kleiner Teil speziell für Freizeitfischerei (inklusive Touristen) und für junge Fischer ausgewiesen. Letzteres soll junge Menschen motivieren, den Beruf des Fischers zu ergreifen. [39] [659] [681]

 

Zertifizierte Fischereien

Es ist keine Fischerei auf den Norwegischen Küsten-Kabeljau nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Unvermeidbare Beifänge dieses Bestandes in der Fischerei auf Nordost-Arktischen Kabeljau führten zu einer Reihe von Bedingungen bei der MSC-Zertifizierung dieser Fischereien.

 

Soziale Aspekte

Dieser Bestand wird hauptsächlich von norwegischen Fahrzeugen gefischt, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach norwegischem Recht. [13] [39] [681]

 

AutorJahrTitelQuelle
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
[8]Hiddink JG, Jennings S, Kaiser MJ, Queirós AM, Duplisea DE, Piet GJ2006Cumulative impacts of seabed trawl disturbance on benthic biomass, production, and species richness in different habitats Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 63:721-736
[13]Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Homepageble.de
[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
[30]Food and Agriculture Organization (FAO)FAO. © 2003-2010. Fisheries Topics: Technology. Fish capture technology. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated 2006 15 09.[Cited 10 June 2010]fao.org
[39]Fischereiverwaltung, NorwegenOnline Portal des Fiskeridirektoratet (Fischereiverwaltung), Norwegenfiskeridir.no
[83]Fossa JH, Mortensen PB, Furevik DM2002The deep-water coral Lophelia pertusa in Norwegian waters: distribution and fishery impacts Hydrobiologia 471:1-12
[149]MAREANO: The Sea in Maps and PicturesMareano Homepage: Vulnerable biotope mapsmareano.no
[324]ICES2010Report of the Advisory Committee, 2010. Book 3. The Barents Sea and the Norwegian Sea. 3.3.3.1. Request by the Norwegian ministry of fisheries and coastal affairs: Evaluation of a rebuilding plan for coastal codices.dk
[507]ICES2009Report of the Advisory Committee 2009, Book 3. The Barents Sea and the Norwegian Sea. Human impacts on the ecosystemices.dk
[657]Ministry of Fisheries and Coastal Affairs, Norwegen2012Historically high cod quota in the Norwegian–Russian Fisheries Agreement for 2013, Press release, 16.10.2012, No.: 75/2012regjeringen.no
[659]ICES2013Report of the Arctic Fisheries Working Group (AFWG), 18 - 24 April 2013, ICES Headquarters, Copenhagen. ICES CM 2013/ACOM:05. 726 ppices.dk
[681]ICES2013Report of the Advisory Committee 2013, Book 3. The Barents Sea and the Norwegian Sea. 3.4.3. Cod in Subareas I and II (Norwegian coastal waters cod)ices.dk