Norwegischer Küsten-Kabeljau
gültig 06/2012 - 06/2013
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Zugehörige Fischart
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Allgemeine Informationen
Ökoregion: | Barentsmeer (Nordost-Arktis), Norwegische See |
Fanggebiet: | Nordost-Arktis und Norw. See (1, 2.ab) FAO 27 |
Art: | Gadus morhua |
Wissenschaftliche Begutachtung
Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk
Methode, Frequenz
Jährliche Bestandsberechnung unter Verwendung von Fangdaten und einer unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreise (Akustik-Survey). Die Ergebnisse werden derzeit nur relativ angegeben (als Trends). Referenzwerte sind nicht definiert. Die Fangempfehlung basiert auf dem Erholungsplan und wird in Bezug auf die fischereiliche Sterblichkeit gegeben (prozentuale Reduzierung). Sie hängt von den Ergebnissen der Forschungsreise im Herbst des laufenden Jahres ab. Die Bestandsberechnung ist aufgrund reduzierter Beprobung der Anlandungen und hoher, jedoch nur geschätzter Entnahmen durch die Freizeitfischerei sehr unsicher, sie gibt daher nur Trends an. [510]
Wesentliche Punkte
2012: Der Zustand dieses Bestandes hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert. Die Biomasse liegt offenbar noch immer dicht am niedrigsten Wert der Zeitreihe. Die Anlandungen sind wieder gestiegen und liegen über den erwarteten Fangmengen. [510]
Bestandszustand
Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität) |
---|
unbekannt (nach Vorsorgeansatz) |
unbekannt (nach Managementplan) |
unbekannt (nach höchstem Dauerertrag) |
Fischereiliche Sterblichkeit |
---|
unbekannt (nach Vorsorgeansatz) |
unbekannt (nach Managementplan) |
unbekannt (nach höchstem Dauerertrag) |
Bestandsentwicklung
Dieser Bestand kann, insbesondere im ersten Halbjahr, gemeinsam mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau gefangen werden. Eine Trennung der Bestände in den Fängen erfolgt am Ende eines Fischereijahres durch wissenschaftliche Analysen (siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). Diese Berechnung erfolgte rückwirkend bis 1984. Die Anlandungen variierten zwischen 22.000 und 75.000 t, sind seit 2004 relativ stabil (22.000-26.000 t) aber im letzten Jahr wieder gestiegen (29.000 t). Die nicht gemeldeten Fänge der Freizeitfischerei sind nur geschätzt (zwischen 12.700 und 16.100 t). Die Regularien zum Schutz dieses Bestandes führten nach 2004 nicht zu einer Reduzierung der Anlandungen. Die Laicherbiomasse liegt nahe dem historischen Tiefpunkt und die Nachwuchsproduktion ist in den letzten Jahren gering. Die fischereiliche Sterblichkeit variiert seit 2000 ohne einen klaren Trend. [323] [510] [511]
Ausblick
Die Nutzung des Bestandes mit der derzeitigen Intensität würde zu einer weiteren Reduzierung der Biomasse führen. Der Wiederaufbauplan sieht die Reduzierung des Fischereidruckes in Abhängigkeit von der Biomasseabschätzung aus dem Herbst-Survey vor. Bei der derzeit schwachen Nachwuchsproduktion ist eine schnelle Erholung nicht zu erwarten. [39] [510]
Umwelteinflüsse auf den Bestand
Kabeljau ist stark von der Verfügbarkeit kleiner Schwarmfische abhängig, vor allem von der Lodde (Mallotus villosus) und vom norwegischen frühjahrslaichenden Hering. Starke natürliche Populationsschwankungen der Lodde beeinflussen das Wachstum, die Reife und die Fruchtbarkeit des Kabeljaus. Indirekt beeinflusst die Lodde auch die Nachwuchsproduktion des Kabeljaus: In Jahren mit niedrigem Vorkommen der Lodde ist der Kannibalismus beim Kabeljau sehr ausgeprägt. [326]
Wer und Wie
Das Management erfolgt durch Norwegen; seit 2011 ist ein Wiederaufbauplan in Kraft. Der Plan wurde vom ICES vorläufig positiv bewertet (als in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeansatz). Die erwartete Fangmenge für diesen Bestand wird im Rahmen der norwegischen Quote für den Nordost-Arktischen Kabeljau ausgewiesen. Der Bestand wird somit faktisch über eine kombinierte Quote für beide Kabeljau-Bestände bewirtschaftet. Es gelten außerdem die gleichen Maßnahmen wie für den Nordost-Arktischen Bestand: Mindestfanggrößen, Festlegung minimaler Maschenweiten, Sortiereinrichtungen, maximal zulässige Menge von juvenilen Fischen als Beifang, Echtzeitschließungen, Gebietsbeschränkungen und saisonale Schließungen. Darüber hinaus gibt es Regularien, die speziell den Küsten-Kabeljau schützen sollen. Durch die Einführung der sogenannten „Fjord-Linie“ 2004 sind verschiedene küstennahe Gebiete für die gerichtete Kabeljau-Fischerei durch Fahrzeuge länger als 15m gesperrt. Weitere Schließungsmaßnahmen und Auflagen sollen Teile der traditionellen Fischerei aus den Fjorden vor die Küste verlagern, wo der Anteil von norwegischem Küsten-Kabeljau in den Fängen geringer ist. [323] [324] [505] [510] [511]
Differenz zwischen Wissenschaft und Management
Der ICES empfahl bereits seit 2004 die Entwicklung eines Wiederaufbauplanes und die Einstellung der Fischerei auf norwegischen Küsten-Kabeljau. Das Management ist also von der wissenschaftlichen Empfehlung bis 2011 abgewichen. In der kombinierten Quote mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau wird ein kleiner Teil dem Norwegischen Küsten-Kabeljau zugeteilt. Die Fänge von Küsten-Kabeljau werden dadurch jedoch nicht effektiv reguliert, da bei der Anlandung keine Zuordnung zu einem der zwei Bestände stattfinden kann. Am Ende eines Fischereijahres werden die Anlandungen des Küstenkabeljaus aus den Fängen innerhalb der 12sm-Zone durch eine Analyse der Gehörsteinchen abgeschätzt (siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). Die so ermittelten Anlandungen lagen meist über den für den Küstenkabeljau vorher angenommenen Fangmengen. 2011 sind die Anlandungen sogar wieder gestiegen und liegen 36% über den erwarteten Fängen aus diesem Bestand. Die Regularien zum Schutz des Küstenkabeljaus konnten nach 2004 keine weitere Reduzierung der Anlandungen bewirken und die aktuellen Fänge werden vom ICES als zu hoch angesehen. [324] [510] [511]
Karten
Verbreitungsgebiet
Managementgebiet
Der Norwegische Küsten-Kabeljau ist entlang der norwegischen Küste von der Kola Halbinsel im Nordosten bis Møre im Süden (62°N) und in den Fjorden verbreitet. Der Bestand kann ganzjährig vermischt mit dem Nordost-Arktischen Kabeljau angetroffen und gefangen werden, wird aber als getrennter Bestand begutachtet. Möglicherweise handelt es sich bei den Populationen in einigen Fjorden um eigenständige Bestände. [323] [510] [511]
Anlandungen und TACs (in 1.000 t)
Gesamtfang | 2011: Anlandungen (kommerziell): 28,6; davon Kiemennetze 51%, Danish Seine 26%, Langleinen/Handleinen 21%, Grundschleppnetz 2% |
TACs (Bestandteil der norw. Quote für Nordost-Arktischen Kabeljau) | 2007: 21 2008: 21 2009: 21 2010: 21 2011: 21 2012: 21 [505] [510] |
IUU-Fischerei
Es gibt keine Hinweise mehr auf illegale oder unberichtete Fänge aus diesem Bestand. Falsch berichtete Fänge waren früher ein Problem, konnten aber seit 2000 auf jetzt Null reduziert werden. [511]
Struktur und Fangmethode
Der Norwegische Küsten-Kabeljau wird vor allem küstennah von kleinen Schiffen mit traditionellen Geräten gefangen. Zum Einsatz kommen Kiemennetze, Lang- und Handleinen und Danish Seine (Snurrewaden). Es gibt aber auch einige größere Schleppnetz- und Langleinenfischer, die vor der Küste fischen. Der Bestand wird formal nur von norwegischen Schiffen gefangen, ein kleiner Teil ist aber wahrscheinlich auch Beifang von ausländischen Trawlern, die Nordost-Arktischen Kabeljau, Schellfisch oder Seelachs fischen. [39] [323] [510] [511]
Beifänge und Rückwürfe
Der norwegische Küsten-Kabeljau wird selbst auch als Beifang in der gemischten Fischerei mit Nordost-Arktischem Kabeljau sowie in der Seelachs- und Schellfisch-Fischerei gefangen. Rückwürfe von quotierten Arten wie Kabeljau sind in Norwegen illegal, es gibt aber Hinweise, dass Rückwürfe aus diesem Bestand vorkommen. [39] [326] [510] [511]
Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt
In Kiemennetzen können Seevögel und Meeressäuger beigefangen werden, küstennah z.B. Schweinswale. In der Langleinenfischerei kann es zu Seevogel-Beifang kommen. Verlorengegangene Geräte wie Kiemennetze können für eine gewisse Zeit weiterfischen (ghost fishing). Der Einfluss des „ghost fishing“ ist noch nicht quantifiziert worden, ist in flachen Bereichen (kleiner 200 m Wassertiefe) aber kein signifikantes Problem. Grundschleppnetze machen in dieser Fischerei nur einen sehr geringen Prozentsatz aus. Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen kann der Meeresboden geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. In der Nordost-Arktis können Grundschleppnetze vor allem einen negativen Effekt auf empfindliche Bodenlebewesen-Gemeinschaften haben die auf Hartsubstrat vorkommen. Besonders empfindlich sind Schwämme und Kaltwasser-Korallen. Die Kartierung der Kaltwasser-Riffe schreitet stetig voran, auch Fischer versuchen den Kontakt mit Riffen zu vermeiden um ihr Gerät zu schonen. In einigen Gebieten ist zum Schutz dieser Riffe der Einsatz von Grundschleppnetzen verboten. [7] [8] [30] [83] [39] [149] [178] [507]
Biologische Besonderheiten
Das Vorkommen des norwegischen Küsten-Kabeljaus überlappt sich mit dem des Nordost-Arktischen Kabeljaus. Beide Bestände können daher gemeinsam in den Fängen der küstennahen Fischerei (innerhalb 12sm) vorkommen, insbesondere im ersten Halbjahr, wenn der Nordost-Arktische Kabeljau zum Laichen an die Küste wandert. Um die Anlandezahlen für den norwegischen Küsten-Kabeljau zu erhalten, muss eine Bestandstrennung vorgenommen werden. Für die Trennung werden am Ende des Fischereijahres die gesammelten Gehörsteinchen (Otolithen) herangezogen, deren Struktur sich zwischen den Beständen vor allem im Kern unterscheidet. Anhand des Anteils von Küstenkabeljau unter den gesammelten Otolithen werden die Gesamtanlandungen aus dem jeweiligen Bestand berechnet. [510] [511]
Zusätzliche Informationen
Der norwegische Küsten-Kabeljau spielt eine große Rolle in der Freizeitfischerei (seit 2009 jährlich etwa 12.700 t). Von der kombinierten norwegischen Kabeljau-Quote wird ein kleiner Teil speziell für Freizeitfischerei (inklusive Touristen) und für junge Fischer ausgewiesen. Letzteres soll junge Menschen motivieren, den Beruf des Fischers zu ergreifen. [39] [510] [511]
Zertifizierte Fischereien
Es ist keine Fischerei auf den Norwegischen Küsten-Kabeljau nach einem der gängigen Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert. Unvermeidbare Beifänge dieses Bestandes in der Fischerei auf Nordost-Arktischen Kabeljau führten zu einer Reihe von Bedingungen bei der MSC-Zertifizierung dieser Fischereien.
Soziale Aspekte
Dieser Bestand wird hauptsächlich von norwegischen Fahrzeugen gefischt, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach norwegischem Recht. [13] [39] [511]