Bestandsdatenblatt

Nordsee-Kabeljau

Gültig 06/2022 - 09/2023

Allgemeine Informationen

Ökoregion:Nordsee
Fanggebiet:Nordsee (4, 7.d, 3.a20) FAO 27 (Nordostatlantik)
Art:Gadus morhua

Wissenschaftliche Begutachtung

Internationaler Rat für Meeresforschung (ICES), Kopenhagen, www.ices.dk

Methode, Frequenz

Jährliche analytische Bestandsberechnung mit Vorhersage unter Verwendung von Fangdaten und zwei unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsreisen. Alle Referenzwerte nach dem Vorsorgeansatz sind definiert (Bpa, Blim, Fpa, Flim). Außerdem sind die Referenzwerte nach dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy, MSY-Btrigger) festgelegt. Beifänge, Rückwürfe und Anlandungen unter der Mindestgröße gehen in die Berechnung ein. Die Bestandsberechnung ist u.a. wegen der unklaren Bestandsdefinition (unterschiedliche (Unter-)Populationen) sehr unsicher. [1357] [1366]

Wesentliche Punkte

2022: Die Laicherbiomasse des Nordsee-Kabeljaus liegt weiterhin unter Blim, also weit im roten Bereich. Der Fischereidruck ist auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Zeitserie Anfang der 1960er Jahre gesunken und liegt nun erstmals unter dem Referenzwert des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (Fmsy). Die Nachwuchsproduktion ist weiterhin schwach. Trotz des geltenden Anlandegebotes im gesamten Verbreitungsgebiet sind die Rückwürfe noch immer hoch. Die nächste Bestandsberechnung des ICES wird voraussichtlich Mitte September 2023 veröffentlicht. [1357] [1366]

Bestands­zustand

Laicherbiomasse (Reproduktionskapazität)

  unzureichende Reproduktionskapazität (nach Vorsorgeansatz)

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach EU-Managementplan)

  außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach höchstem Dauerertrag)

Fischereiliche Sterblichkeit

 nachhaltig bewirtschaftet (nach Vorsorgeansatz)
 

  innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwert (nach EU-Managementplan)

  angemessen (nach höchstem Dauerertrag)

Der EU-Mehrjahresplanplan ist nicht mit Norwegen abgestimmt, und das Vereinigte Königreich muss sich nach dem Austritt aus der EU nicht mehr an den Plan halten, der Plan gilt daher nur in EU-Gewässern. [1357] [1366]

 

Bestands­entwicklung

Der Bestand erreichte Anfang der 1970er Jahre während des sogenannten „Gadoid Outburst“, einer für die Entwicklung der Dorschartigen in der Nordsee besonders vorteilhaften Periode, mit über 200.000 t Laicherbiomasse sein Maximum. Danach nahm der Bestand fast kontinuierlich ab. Mitte der 1990er Jahre gab es vor allem Aufgrund besserer Nachwuchsproduktion eine leichte Zunahme der Biomasse. Mit der ab 1998 schwachen Nachwuchsproduktion und hoher Sterblichkeit sank die Laicherbiomasse jedoch bis 2005 auf das historische Minimum. Der Bestand befindet sich seit Mitte der 1980er Jahre außerhalb sicherer biologischer Grenzen (unter Bpa), in den Perioden 1990 bis 1992, 2000 bis einschließlich 2010 und seit 2019 sogar unter dem Limitreferenzwert (Blim). Der Zusammenbruch wurde durch eine stete Überfischung des Bestandes und ungünstige Umweltbedingungen verursacht. Die Fänge stiegen bis Anfang der 1980er Jahre an, wurden danach aber erheblich reduziert. Die fischereiliche Sterblichkeit war fast seit Beginn der dargestellten Zeitreihe viel zu hoch. Sie stieg bis Anfang der 1980er Jahre, war dann lange relativ konstant hoch und konnte erst ab 2000 erheblich gesenkt werden, bis auf den derzeit niedrigsten Wert 2021. Der grau schattierte Bereich in der Grafik zeigt die Spanne der Referenzwerte des EU-Mehrjahresplanes (höchster und niedrigster Wert). Die bisherigen Schutzmaßnahmen und Management-Pläne haben vorübergehend zu einem langsamen Anwachsen des Kabeljaubestandes geführt, hatten aber vor allem positive Auswirkungen auf andere Fischarten. [47] [1084] [1357] [1366]

Ausblick

Der Bestand liegt unterhalb des Limitwertes für die Laicherbiomasse (Blim), zeigt aber im aktuellen Jahr einen Anstieg. Dies und eine dadurch höhere Zielsterblichkeit führt zu höheren Fangmöglichkeiten für 2023. Das niedrige Durchschnittsalter des Bestandes könnte weiterhin die Ursache für die geringe Nachwuchsproduktion sein, da sich Erst-Laicher weniger erfolgreich vermehren als ältere Fische. Der Erfolg des Bestandsaufbaus wird auch weiterhin maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, durch restriktive Quoten und eine Reduzierung der Rückwürfe die fischereiliche Sterblichkeit weiter zu reduzieren, damit die Laicherbiomasse wieder steigen kann. [1357] [1366]

Umwelt­einflüsse auf den Bestand

Die Nordsee ist die südliche Grenze des Verbreitungsgebietes von Kabeljau im Nordostatlantik. Steigende Temperaturen werden häufig für die seit Jahren beobachtete niedrige Produktivität vor allem in der südlichen Nordsee verantwortlich gemacht. Ob diese einen direkten Effekt haben, oder ob sich das Nahrungsangebot für die Larven durch die Temperaturveränderungen verschlechtert hat, konnte bislang nicht geklärt werden. Wissenschaftliche Studien lassen außerdem vermuten, dass eine Wiederbesiedlung der südlichen Gebiete durch Kabeljau aus dem Norden unwahrscheinlich ist, da Kabeljau meist zu seinen angestammten Laichgebieten zurückkehrt. Der Räuberdruck auf ältere Kabeljaue ist durch die gewachsene Anzahl von Robben und Seehunden in der Nordsee gestiegen. Jüngere Tiere werden vor allem von diversen Fischarten, Schweinswalen und Seevögeln gefressen. [33] [50] [51] [1357] [1366] [1368]

Wer und Wie

Die Bewirtschaftung erfolgt gemeinsam durch die Europäische Union, das Vereinigte Königreich (UK) und Norwegen. Die Parteien einigen sich in der Regel auf gemeinsame Höchstfangmengen in den einzelnen Managementgebieten (niedergelegt in den agreed records of fisheries consultations). Seit August 2018 ist ein EU-Mehrjahresplan für Grundfischbestände in der Nordsee (MAP) in Kraft. Die Referenzwerte entsprechen dem Konzept des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), mit einer Spanne um Fmsy. Der Plan wurde bisher nicht von Norwegen und UK angenommen. Der ICES gibt die Fangempfehlung daher auf Basis von MSY. Das Management erfolgt außerdem über technische Verordnungen (Maschenweiten, Referenzmindestgrößen für die Bestandserhaltung) und nationale Vorschriften (z.B. Gebietsschließungen, Einsatz von Selektionseinrichtungen). Seit Januar 2019 fallen Fänge aus dem Bestand vollständig unter das Anlandegebot der EU, bzw. unter die nationalen Rechtsvorschriften Norwegens und UKs zur Regelung von Rückwürfen (Details auch unter Beifänge & Rückwürfe). [1065] [1084] [1148] [1165] [1166] [1211] [1334] [1357] [1366]

Differenz zwischen Wissen­schaft und Management

Die wissenschaftliche Empfehlung gilt für den gesamten Bestand, der in drei Managementgebieten verbreitet ist. Die drei gebietsbezogenen Höchstfangmengen (TACs) müssen für den Vergleich also summiert werden. Über viele Jahre wurden die TACs erheblich höher als die wissenschaftliche Empfehlung festgesetzt. 2001 bis 2007 sowie 2009 empfahl die Wissenschaft entsprechend dem Vorsorgeansatz eine Schließung der Fischerei, um den Bestand schnell und sicher wieder aufzubauen. Dieser Empfehlung wurde nie gefolgt. 2010 entsprachen die TACs auf Basis eines EU-Norwegen-Managementplans der wissenschaftlichen Empfehlung. Die Fangempfehlung für 2011 schloss jedoch die unberichtete Entnahme (unregulierte Fischerei, unerfasste Rückwürfe) mit ein, während diese Empfehlung vom Management als Menge der Anlandungen festgelegt wurde, ohne die erwartete unberichtete Entnahme und Rückwürfe abzuziehen. Numerisch stimmten Empfehlung und TACs daher gut überein, tatsächlich lagen die Fänge aber erneut viel zu hoch. Die TACs für 2012 entsprachen der wissenschaftlichen Empfehlung für die Anlandungen. Für 2013, 2014 und 2015 wurde der Empfehlung, die Fänge um 20%, 9% bzw. 20% zu reduzieren, nicht gefolgt, die TACs wichen damit wieder deutlich von der wiss. Empfehlung ab. 2016 stimmten die TACs mit der wissenschaftlichen Empfehlung überein. Ab 2017 wurde schrittweise das EU-Anlandegebot eingeführt, es ist seit 2019 vollständig in Kraft. Die Summe der TACs lag 2017 und 2018 etwas unter der wissenschaftlichen Fangempfehlung, seit 2019 jedoch wieder darüber. Es gibt deutliche Hinweise, dass das Anlandegebot für Kabeljau in EU-Gewässern weitgehend ignoriert wird. [1065] [1334] [1357] [1366]

Karten

Verbreitungsgebiet

Managementgebiet

Der Bestand ist in drei verschiedenen Managementgebieten verbreitet: Der Nordsee (4), dem östlichen Ärmelkanal (7.d) und dem Skagerrak (3.a.20). Höchstfangmengen (TACs) werden getrennt für die Nordsee (inklusive EU-bzw. ab 2021 UK-Gewässer von ICES-Gebiet 2.a), den östlichen Kanal (erst seit 2009, vorher in 7 eingeschlossen) und das Skagerrak festgesetzt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass der Bestand aus verschiedenen Unterpopulationen besteht (siehe auch unter „Biologische Besonderheiten“). [1065] [1334] [1357] [1366]

Anlandungen und legale Höchstfangmengen (TACs) (in 1.000 t)

Gesamtfang

2021: 18,6 (Anlandungen: 14,8 Rückwürfe: 3,8); von den Anlandungen: Grundschleppnetze und Grundwaden über 100 mm Maschenöffnung 73%, Kiemennetze 10%, Grundschleppnetze 70-99 mm Maschenöffnung 8%, Baumkurren 5%, andere Geräte 4%

TACs 4 & 2.a (EU, ab 2021 UK)/20/ 7.d/(Summe) 2012: 26,5/3,8/1,5 (31,8)   2013: 26,5/3,8/1,5 (31,8)   2014: 27,8/4,0/1,6 (33,4)   2015: 29,3/4,2/1,7 (35,1)   2016: 33,7/4,8/2,0 (40,4)   2017: 39,2/5,7/2,1 (47,0)   2018: 43,2/8,0/1,7 (52,9)   2019: 29,4/4,2/1,7 (35,4)   2020: 14,7/2,1/0,9 (17,7)   2021: 13,2/1,9/0,8 (15,9)   2022: 13,2/1,9/0,8 (15,9)   [1065] [1334] [1357] [1366]

IUU-Fischerei

Die gemeldeten Anlandungen unter der Mindestgröße (BMS) aus EU-Fischereien betragen nur einen Bruchteil der mit Hilfe von Beobachterprogrammen ermittelten Fänge von Tieren unter der Referenzmindestgröße für die Bestandserhaltung obwohl fast alle dieser Fänge ab Januar 2017 angelandet werden müssten.
Die modellierte Gesamtentnahme, die rückwirkend für den Zeitraum 1999 bis 2005 bestimmt wurde, enthielt illegale Anlandungen, unerfasste Rückwürfe, aber auch die natürliche Sterblichkeit (also z.B. den Wegfraß durch Robben). Dieser Parameter wurde eingeführt, weil sich die Bestandsentwicklung durch die gemeldeten Anlandungen und Rückwürfe allein nicht erklären ließ. Der ICES geht davon aus, dass die früher erheblichen falsch- und unberichteten Fänge gesunken und seit 2006 vernachlässigbar sind. [1357] [1366]

Struktur und Fangmethode

Alle Nordsee-Anrainerstaaten unterhalten gerichtete kommerzielle Fischereien. Kabeljau wird mit unterschiedlichsten Fanggeräten (z.B. Grundschleppnetzen, Stellnetzen, Langleinen) für die menschliche Ernährung gefangen. Ein großer Anteil stammt aus der gemischten Fischerei mit Schellfisch, Wittling, Scholle, Seezunge und Kaisergranat. Kabeljau wird sowohl als Beifang (z.B. mit Baumkurren in der Plattfischfischerei), als auch in einer gerichteten Fischerei gefangen (z.B. mit Kiemennetzen).
Der Anteil der Freizeitfischerei an der Gesamtentnahme im Zeitraum 2010-2020 wird auf 4,3 bis 7,6% geschätzt. Die Werte sind jedoch vorläufig und werden aufgrund der unbekannten Altersstruktur der Fänge und der großen Unsicherheit der Schätzungen nicht in die Bestandsberechnung einbezogen. [1357] [1366]

Beifänge und Rückwürfe

Rückwürfe von quotierten Arten sind in Norwegen verboten. Seit 1. Januar 2017 ist der Rückwurf von Kabeljau auch in EU-Gewässern von Nordsee und Skagerrak verboten, seit 1. Januar 2019 auch im östlichen Ärmelkanal. Es gibt aber Ausnahmen für durch Fraß beschädigten Fisch, wegen hoher Überlebensraten (Fänge mit Fallen und Korbreusen) und wegen Geringfügigkeit (Details siehe jeweilige EU-Verordnungen, die Regelungen im Vereinigten Königreich können abweichen). Rückwürfe werden nicht vollständig erfasst, ein Teil wird hochgerechnet. Es gibt Beifänge an Kabeljau insbesondere in der gemischten Rundfisch-Fischerei mit Zielart Wittling und Schellfisch; viele junge Kabeljau wurden bisher wieder über Bord geworfen. Die Rückwürfe haben sich seit 2007 (55% vom Gewicht des Gesamtfanges) erheblich reduziert, sind aber natürlich seit 2017 überwiegend illegal. 2012 bis 2016 betrugen die Rückwürfe zwischen 21 und 24% des Gesamtfanges. 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 waren es 19%, 16%, 10%, 20% und 20%. Seit 2017 müssen untermaßige Fische (BMS) ganz überwiegend angelandet werden. Die an den ICES gemeldeten BMS-Anlandungen (2017: 2 t, 2018: 12 t, 2019: 44 t, 2020: 36 t, 2021: 13 t) sind derzeit vernachlässigbar und erheblich geringer als die mit Hilfe von Beobachterprogrammen ermittelten Rückwürfe. [39] [750] [979] [1148] [1165] [1166] [1357] [1366]

Einflüsse der Fischerei auf die Umwelt

Durch den Einsatz von Grundschleppnetzen können Bodenlebensgemeinschaften geschädigt werden. Artenzusammensetzung, Biomasse und Nahrungsgefüge können sich erheblich verändern. Der Einfluss hängt aber auch von Fangmethode und Bodenstruktur ab. Auf sandigem Boden hat eine Studie in den USA nur einen geringen Einfluss durch Grundscherbrettnetze feststellen können. So waren zwar die Spuren der Scherbretter lange sichtbar (mindestens ein Jahr), es konnten aber kaum signifikante Unterschiede in der Mikrotopographie der befischten und unbefischten Gebiete nachgewiesen werden. Auch bei strukturformenden und mobilen Wirbellosen zeigten befischte und unbefischte Gebiete keine signifikanten Unterschiede. Die verschiedenen Typen von Grundnetzen (Baumkurren, Grundscherbrettnetze, Grundwaden) haben sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Meeresboden. Bei der Fischerei mit Kiemennetzen kann es zu Beifängen von Schweinswalen kommen. [7] [8] [30] [808] [1357] [1366]

Biologische Besonder­heiten

Seit 1996 wird Kabeljau in der Nordsee, im Skagerrak und im östlichen Ärmelkanal als ein Bestand begutachtet. Genetische Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass Kabeljau in der Nordsee aus reproduktiv isolierten Populationen besteht: dem Doggerbank-Kabeljau und dem Vikingbank-Kabeljau. Nach dem Laichen kommt es zu räumlicher Überschneidung und Vermischung der Populationen. Diese genetisch unterschiedlichen Gruppen weisen unterschiedliche Reife- und Wachstumsraten auf.
Vikingbank-Kabeljau lebt in der nordöstlichen Nordsee (auf und um die Vikingbank, Gebiet 4.a). Das räumliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich westlich bis zu den Shetlands und südlich bis zu den Fischer- und Jütlandbänken, mit einem Aufwuchsgebiet im Skagerrak. Einige Jungfische leben auch im Kattegat.
Doggerbank-Kabeljau lebt in der südlichen zentralen Nordsee (auf und um die Doggerbank, 4.b), entlang der schottischen Küste im Norden Schottlands (nördlicher Teil von 6.a) und im östlichen Ärmelkanal (7.d), wobei einige ausgewachsene Tiere saisonal in den westlichen Ärmelkanal wandern (7.e-k).
Geografische Verschiebungen in der Verteilung des Nordsee-Kabeljaus und die geringe Häufigkeit des Kabeljaus in der südlichen Nordsee sind offenbar auf die Wechselwirkungen zwischen Fischereiaufwand und Erwärmung der Lebensräume zurückzuführen. [53] [1357] [1366] [1368]

Zusätzliche Informationen

Im September 2012 titelte die internationale Presse, dass nur noch 100 erwachsene Kabeljaue in der Nordsee übrig seien. Tatsächlich bezog sich diese Zahl nur hypothetisch auf die über 13 Jahre alten Fische, es gab Anfang 2012 noch 436,9 Mio. Kabeljaue in der Nordsee, von denen 21,2 Mio. erwachsen waren. Gefangen wurden 2011 28,4 Mio. Tiere, davon 4,1 Mio. Erwachsene. In einigen seriösen Medien wird diese Zahl daher als „die falschzitierteste Zahl aller Zeiten“ benannt.
Kabeljau ist ein wertvoller Speisefisch. Deshalb konzentrieren sich die Managementmaßnahmen darauf, den Nordseebestand wieder aufzubauen. Kabeljau gilt zudem als eine der am besten wissenschaftlich untersuchten Fischarten. Trotzdem gibt es noch immer Wissenslücken. So können z.B. Schwankungen in den Überlebensraten während des ersten Lebensjahres nicht ausreichend genau erklärt werden. [14] [548] [1357] [1366]

Zertifizierte Fischereien

Die MSC-Zertifikate für die Fischereien auf Nordsee-Kabeljau wurden am 24. Oktober 2019 wegen des schlechten Bestandszustandes suspendiert (siehe auch PM www.msc.org/de/presse/pressemitteilungen/nordsee-kabeljau-fischer-verlieren-msc-siegel ). Bis dahin waren fast alle Kabeljaufänge aus der Nordsee zertifiziert. [4]

Soziale Aspekte

Die Kabeljaufischerei in der Nordsee wird überwiegend mit kleineren und mittelgroßen Fahrzeugen durchgeführt. Diese Fischereibetriebe haben erhebliche Bedeutung für die strukturschwachen Gebiete an den Küsten der Anrainerstaaten. Die Fahrzeuge fahren unter den Flaggen der Anrainerstaaten, die Arbeitsbedingungen an Bord und die Entlohnung erfolgt daher nach deren Regeln. [13] [185] [1357] [1366]

Marktdaten: Verschiedene Kabeljau-/Dorscharten auf dem deutschen Markt zusammengefasst.

2022 (vorl.): Verbrauch in Deutschland: 28.053 t (2021: 18.026 t), Marktanteil (Fische, Krebse, Weichtiere): 2,5 % (2021: 1,6 %) [13] [14]

Anlandungen (in 1.000 t)Fänge (in 1.000 t)Laicherbiomasse (in 1.000 t)Laicherbiomasse ZustandFischereiliche SterblichkeitAnmerkungen (insbesondere Managementplan)Gültigkeit
Nördlicher Schelf (4 6.a 7.d 3.a20) 24,9 32,6 80,3 Südlicher Unterbestand Laicherbiomasse Zustand rot 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Färöer Bank (5.b.2) 1,2 1,2 - Biomasse nur als Index 11/2024 -
11/2025
Nordostatlantik, Färöer Plateau (5.b.1) 3,7 3,7 15,1 - 11/2024 -
11/2025
Nordostatlantik, Irische See (7.a) - - 8,3 Fänge 65 t, Anlandungen 56 t 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Island (5.a) 218,2 - 377,5 Managementplan ab 1994/2009/2015, Anl. Fischereijahr 219,8 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Kattegat (21) - - - nur Beifangquote, Fänge: 72 t, Anlandungen: 26 t, Laicherbiomasse nur relative Werte 06/2024 -
06/2026
Nordostatlantik, Kelt. See (7.e-k) 0,4 0,5 0,6 - 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Nordost-Arktis (1, 2) 582,6 - 552,2 Managementplan ab 2004, Klassifizierung hier nach Managementplan 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Norw. Küste, Nördl. (1, 2) 45,4 52,2 61,0 nur Norw. Fischerei, Klassifizierung hier nach Managementplan 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Norw. Küste, Südl. (1, 2) 2,7 7,5 - nur Norw. Fischerei, Laicherbiomasse nur relativ 06/2024 -
06/2025
Nordostatlantik, Ost Grönl.-Island Offshore NAFO 1 ICES 14 29,4 29,4 - keine Bestandsberechnung, Anlandungen 2022 06/2024 -
06/2026
Nordostatlantik, östliche Ostsee (24-32) 1,0 1,1 - Laicherbiomasse nur noch relativ angegeben 05/2024 -
05/2025
Nordostatlantik, Rockall (6.b) - - - Anl. 2022 71 t 06/2023 -
06/2026
Nordostatlantik, westl. Ostsee (22-24) 0,4 0,4 - Anlandungen & Fänge 2022, inkl. Freizeitfischerei, für Laicherbiomasse nur rel. Angabe 09/2023 -
05/2025
Nordostpazifik, Golf von Alaska 4,7 6,2 39,9 Anlandungen/Fänge 2020, Laicherbiomasse Vorhersage 2022 12/2021 -
12/2022
Nordostpazifik, Östliche Beringsee 154,6 155,6 259,8 Anlandungen/Fänge 2020, Laicherbiomasse Vorhersage 2022 12/2021 -
12/2022
Nordwestatlantik Georges Bank (5Z) (USA) 1,9 2,0 - Anlandungen & Fänge 2016, inkl. Freizeit- und Kanadische Fischerei 10/2017 -
10/2020
Nordwestatlantik, Bay of Fundy (4X5Yb) (Kanada) 0,6 - 10,3 Anlandungen 2019/20, SSB 2018 04/2020 -
05/2022
Nordwestatlantik, Flemish Cap (NAFO 3M) 17,5 - - Anlandungen 2019 06/2020 -
06/2021
Nordwestatlantik, Grand Banks S. (NAFO 3NO) 0,6 - 18,5 Anlandungen 2017, SSB 2018, Fischerei geschlossen 06/2018 -
06/2021
Nordwestatlantik, Gulf St. Law. N. (3Pn4Rs) (Kanada) 2,7 - 11,8 Anlandungen 2017/18, SSB 2019 (aus Begutachtung 2019) 07/2019 -
08/2022
Nordwestatlantik, Northern cod (2J3KL) (Kanada) 10,6 - 398,0 Anlandungen 2019, SSB 2019 (aus Begutachtung 2019) 11/2021 -
08/2021
Nordwestatlantik, West Grönl. Inshore NAFO 1A-C 6,1 6,1 8,4 - 06/2024 -
06/2025
Nordwestatlantik, West Grönl. Inshore NAFO 1D-F 4,9 4,9 5,3 - 06/2024 -
06/2025
Nordwestatlantik, West Grönl. Offshore NAFO1 7,9 7,9 14,9 - 06/2024 -
06/2025

Klassifizierung nach dem Ansatz des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrages (MSY), durch den ICES bis 2020 oder analog zu dessen Einteilung:

SymbolBiomasseBewirtschaftung (fischereiliche Sterblichkeit)
innerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertangemessen oder unternutzt
außerhalb der Schwankungsbreite um den Zielwertübernutzt
Zustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende DatenZustand unklar, Referenzpunkte nicht definiert und/oder unzureichende Daten
AutorJahrTitelQuelle
[4]Marine Stewardship Council (MSC)Fisch und Meeresfrüchte aus zertifiziert nachhaltiger Fischereimsc.org
[7]Kaiser MJ, Ramsay K, Ramsay K, Richardson CA, Spence FE, Brand AR2000Chronic fishing disturbance has changed shelf sea benthic community structure Journal of Animal Ecology 69:494-503
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[14]Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ)Fisch-Informationszentrum e.V. Homepagefischinfo.de
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[808]James Lindholm J, Gleason M, Kline D, Clary L, Rienecke S, Cramer A, Los Huertos M2015Ecological effects of bottom trawling on the structural attributes of fish habitat in unconsolidated sediments along the central California outer continental shelf Fishery Bulletin 113:82-96
[979]Europäische Union (EU)2015VERORDNUNG (EU) 2015/812 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Mai 2015 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2187/2005, (EG) Nr. 1967/2006, (EG) Nr. 1098/2007, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 2347/2002 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und der Verordnungen (EU) Nr. 1379/2013 und (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anlandeverpflichtung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1434/98 des Rateseuropa.eu
[1065]Europäische Union (EU)Northern agreements, Fisheries agreements with the United Kingdom, Norway, Faroe Islands, Iceland and coastal states.europa.eu
[1084]Europäische Union (EU)2018VERORDNUNG (EU) 2018/973 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. Juli 2018 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für Grundfischbestände in der Nordsee und für die Fischereien, die diese Bestände befischen, zur Präzisierung der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung in der Nordsee und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 676/2007 und (EG) Nr. 1342/2008 des Rateseuropa.eu
[1148]Europäische Union (EU)2019VERORDNUNG (EU) 2019/1241 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2019/2006, (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und (EU) Nr. 1380/2013, (EU) 2016/1139, (EU) 2018/973, (EU) 2019/472 und (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 894/97, (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2549/2000, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 812/2004 und (EG) Nr. 2187/2005 des Rateseuropa.eu
[1165]Europäische Union (EU)2020DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/2014 DER KOMMISSION vom 21. August 2020 mit Einzelheiten zur Umsetzung der Anlandeverpflichtung für bestimmte Fischereien in der Nordsee im Zeitraum 2021-2023europa.eu
[1166]Europäische Union (EU)2020DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/2015 DER KOMMISSION vom 21. August 2020 mit Einzelheiten zur Umsetzung der Anlandeverpflichtung für bestimmte Fischereien in den westlichen Gewässern im Zeitraum 2021–2023europa.eu
[1211]ICES2019WORKSHOP ON NORTH SEA STOCKS MANAGEMENT STRATEGY EVALUATION (WKNSMSE)., ICES Scientific Reports. 1:12. 378 pp.http://doi.org/10.17895/ices.pub.5090
[1334]Europäische Union (EU)2022VERORDNUNG (EU) 2022/109 DES RATES vom 27. Januar 2022 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2022 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässerneuropa.eu
[1357]ICES2022Working Group on the Assessment of Demersal Stocks in the North Sea and Skagerrak (WGNSSK). ICES Scientific Reports. 4:43. 1321 pp. http://doi.org/10.17895/ices.pub.19786285http://doi.org/10.17895/ices.pub.19786285
[1366]ICES2022Cod (Gadus morhua) in Subarea 4, Division 7.d, and Subdivision 20 (North Sea, eastern English Channel, Skagerrak). In Report of the ICES Advisory Committee, 2022. ICES Advice 2022, cod.27.47d20. https://doi.org/10.17895/ices.advice.19447880https://doi.org/10.17895/ices.advice.19447880
[1368]ICES2022Workshop on Stock Identification of North Sea Cod (WKNSCodID). ICES Scientific Reports. 2:89. 82 pp. http://doi.org/10.17895/ices.pub.7499http://doi.org/10.17895/ices.pub.7499